Wir wollen den Nahverkehr attraktiver machen
Für Verkehrsminister Volker Wissing steht fest, um den Nahverkehr wieder attraktiver zu machen, muss das Schienennetz dringend erneuert und modernisiert werden.
Seit Verkaufsstart wurden bereits rund 21 Millionen 9-Euro-Tickets verkauft. Für Verkehrsminister Volker Wissing ist das ein voller Erfolg. „Die Rückmeldungen, die ich bekomme, sind durchweg positiv“, betonte Wissing in einem Interview mit dem SPIEGEL. „Die meisten Kundinnen und Kunden sagen übrigens, das Beste an dem Ticket sei gar nicht mal der Preis. Endlich müssen sie nicht mehr nachschauen, welchen Tarif sie lösen müssen.“ Deshalb will der Verkehrsminister alles daran setzen, die Tarife auch künftig unkomplizierter zu gestalten. In einer Arbeitsgruppe sollen bis Herbst Vorschläge erarbeitet werden, wie der ÖPNV künftig noch besser werden kann. Das 9-Euro-Ticket liefere dabei wichtige Erkenntnisse. Für Wissing steht fest: „Wir wollen den Nahverkehr attraktiver machen.“
Angebot von Bus und Bahn verbessern
Das 9-Euro-Ticket sei ein sehr günstiges Angebot, das allerdings nicht ohne weiteres dauerhaft eingeführt werden könne, erklärte Wissing. „Das Ticket war von Anfang an für drei Monate konzipiert. Dauerhaft können wir es nicht für neun Euro pro Monat anbieten.“ Denn das Ticket koste monatlich über eine Milliarde Euro. Deshalb werde im Herbst auf der Verkehrsministerkonferenz beratschlagt, wie es weitergeht. Man müsse die zeitlich begrenzte Maßnahme evaluieren und dann mit den Ländern darüber diskutieren, wie man das Angebot von Bus und Bahn im regulären Tarifsystem verbessern könne.
Schienennetz muss generalsaniert werden
Dazu müsse jedoch auch das Schienennetz generalsaniert werden. „Die Bahn hat selbst erkannt, dass etwas grundlegend verändert werden muss. Wenn wir mit dem ehrgeizigen Ziel rangehen, den Personenverkehr und den Güterverkehr weiter zu verstärken, dann kann man das auf der Grundlage der bisherigen Netzinfrastruktur schlicht nicht leisten“, erläuterte Wissing.
Deshalb will der Bundesverkehrsminister die Modernisierung der Bahn vorantreiben. „Wir wollen, dass man die Uhr nach der Bahn stellen kann“, sagte Wissing im ZDF. Mithilfe des neuartigen Sanierungskonzepts sollen ganze Streckenabschnitte von Grund auf erneuert werden. Der Verkehrsminister will die Sanierung des Schienennetzes zur „Chefsache“ machen. Bis 2030 sollen die am stärksten belasteten Strecken saniert werden und zu einem „Hochleistungsnetz“ ausgebaut werden.
„Wir wollen einen gesamten Streckenkorridor vollständig sanieren.“ Reparaturarbeiten müssten endlich so geplant und durchgeführt werden, dass man sie im Alltagsbetrieb kaum merkt, betonte Wissing. „Ich habe volles Verständnis dafür, dass die Bürgerinnen und Bürger verärgert sind, wenn Züge mit riesiger Verspätung kommen. Es ist kein Problem, wenn ein Zug mal fünf Minuten zu spät kommt. Wenn er zwei Stunden verspätet ist oder gar nicht fährt, ist das eine Zumutung“; fand er deutliche Worte.
Massive Zugverspätungen abbauen
Derzeit sei das Netz so angelegt, dass Baustellen sehr schnell den Zugverkehr massiv beeinträchtigen. So fehle es etwa an Signalen auf dem Gegengleis für Züge, die einer Baustelle ausweichen. „Das bedeutet, dass sie sehr langsam fahren müssen und sich dadurch der Überholvorgang an einer Baustelle verlängert. So kommt es zu massiven Zugverspätungen oder gar Zugausfällen.“ Ziel müsse daher sein, das Netz so zu modernisieren, „dass das Überholen einer Baustelle nur noch zu einer minimalen Betriebsbeeinträchtigung führt und Züge wieder pünktlich ankommen“, so Wissing.
So sei es etwa nötig, das Gleisbett und Oberleitungen zu erneuern, die Signalisierung in Gegenrichtung anzubringen und auch mehr Weichen einzubauen, um aufs Gegengleis wechseln und schnell zurück wechseln zu können. „Reparaturarbeiten müssen so geplant und durchgeführt werden, dass man sie im Alltagsbetrieb kaum merkt“, erklärte der Verkehrsminister. Mithilfe einer im Ministerium eingerichteten Koordinierungsstelle sollen Fachleute kontinuierlich nachverfolgen, wie diese Ziele erreicht werden.
Beschleunigungskommission Schiene startet
Eine bereits eingesetzte „Beschleunigungskommission Schiene“ soll zudem dazu beitragen, den Ausbau der Schieneninfrastruktur und eine Kapazitätssteigerung im Bestandsnetz voranzutreiben. Dazu wird sie sich u.a. mit der Digitalisierung von Planung, Genehmigung und Baudurchführung befassen. „Wir sichern Qualität, bauen schneller Kapazitäten aus und bauen Verspätungen ab“, verkündete Michael Theurer, Parlamentarischer Staatssekretär im Digital- und Verkehrsministerium nach der ersten Sitzung der Beschleunigungskommission. Die Kommission besteht nicht nur aus hochrangingen Entscheidungsträgerinnen und -trägern aus der Politik und Verwaltung, sondern auch aus der Wissenschaft, dem Eisenbahnsektor sowie der Bahn- und Bauindustrie.
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