Wir brauchen eine längerfristige Strategie
Am Mittwoch beraten Bund und Länder erneut über die Corona-Maßnahmen. Joachim Stamp fordert einen längerfristigen Plan mit nachvollziehbaren Kriterien sowie eine konkrete Exitstrategie.
Auch die pauschalen Schließungen von Gastronomie und Kulturbetrieben stießen auf Kritik bei den Freien Demokraten. Stamp sagte im Landtag von Nordrhein-Westfalen: Diese seien „nur zu rechtfertigen, wenn es bei der zeitlichen Begrenzung bis zum 30. November bleibt“. Inzwischen steht eine Verlängerung im Raum. Die FDP werde aber ihrer staatspolitischen Verantwortung weiter nachkommen, versichert der Vize-Ministerpräsident. „Wir wollen pragmatische Lösungen. Und da ist die FDP – siehe etwa beim Thema Schule – eine unverzichtbare Antreiberin“, so Stamp.
Er ist sich sicher: Wir bräuchten jetzt einen längerfristigen Plan mit nachvollziehbaren Kriterien sowie eine konkrete Exitstrategie. Für die Bürgerinnen und Bürger müsse klar erkennbar sein, wo die Entwicklung hingeht. Die Freien Demokraten haben das Konstrukt aus Ministerpräsidentenkonferenz und Bundeskanzleramt bereits seit Wochen scharf kritisiert. Dieses Format könne keine Dauerlösung sein, mahnt Stamp, denn verfassungsrechtlich hätte es keinerlei Kompetenz. Deswegen habe die FDP stets für eine stärkere Parlamentsbeteiligung plädiert. Ihr Erfolg: Der nordrhein-westfälische Landtag debattiert unmittelbar vor der Ministerpräsidentenkonferenz am Mittwoch über den Kurs von NRW. „Das geht auch auf die Intervention der FDP zurück“, ist Stamp sichtlich zufrieden.
Bei bundesweiten Beschlüssen könnten vorab nicht alle Details in den 16 Bundesländern festgelegt werden. „Aber was den großen Rahmen angeht, braucht es eine Beteiligung der Volksvertreter. Die Rückkoppelung an die Parlamente und damit an den Souverän stiftet ein Mehr an Legitimation“, erklärt der stellvertretende Ministerpräsident.
„Wichtig ist aus Sicht der FDP, dass in der Beschlussvorlage für Mittwoch vorgesehen ist, dass es zu regionalen Differenzierungen kommen kann.“ Dort, wo die Infektionszahlen deutlich runtergehen, seien dann Öffnungen möglich. Essentiell für eine Exitstrategie sei zudem „die Ertüchtigung der Gesundheitsämter“, denn diese seien flächendeckend personell und digital nicht ausreichend ausgestattet. Stamp fordert, dass die Gesundheitsämter „wieder so stabil und entscheidungsfähig werden, dass wir in der Lage sind, mit der Pandemie klarzukommen, bis es zu Impfungen in großem Umfang kommt.“
Darüber hinaus brauche es weiter massive Unterstützung für die Branchen, falls diese weiter geschlossen bleiben sollten. Stamp fordert: „Im Zuge der Pandemiebekämpfung dürfen nicht Tausende von Existenzen zerstört werden.“ Es sei nicht vermittelbar, dass in Kreisen mit einer stark sinkenden Wocheninzidenz weiterhin die Beschränkungen des November-Lockdowns gelten. Unterstützung bekomme die FDP von vielen Experten, die laut Stamp sagen: „Wo Hygienekonzepte konsequent angewendet werden, kommt es nicht zu wesentlichen Infektionsgeschehen.“
Auch wenn es kein Patentrezept für den Umgang mit der Corona-Krise gebe, „müssen wir aufzeigen, wie es weitergehen kann.“ Durch die Signale aus der Wissenschaft, dass die Impfungen relativ schnell starten könnten, sieht Stamp eine gute Perspektive: „Wenn es gelingt, kurzfristig zumindest die besonders gefährdeten Gruppen in Kliniken und Pflegeheimen und das Personal zu impfen und damit die Stabilität des Gesundheitsbereichs zu sichern, dann haben wir eine andere Souveränität im Umgang mit Corona. Und dann muss umfassend geöffnet werden.“
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