Verteidigungsfonds statt Schattenhaushalt
Die schwarz-roten Sondierer haben sich geeinigt: Die Verteidigung wird vornehmlich über massive Verschuldung finanziert. Die FDP kritisiert den Schuldenpakt von Union und SPD und macht einen Gegenvorschlag: 300-Milliarden-Verteidigungsfonds und dabei das Zwei-Prozent-Ziel fest im Haushalt verankern.

Trotz großer Ankündigungen bleibt das Sondierungspapier von Union und SPD bei der Finanzierung der Verteidigungsausgaben enttäuschend vage. Zwar sollen 500 Milliarden Euro als Sondervermögen für Infrastrukturprojekte bereitgestellt werden, doch bleibt offen, wie viele Mittel in Verteidigungsinvestitionen fließen sollen. Bislang heißt es lediglich, dass Verteidigungsausgaben von mehr als einem Prozent der Wirtschaftsleistung künftig von der Schuldenbremse ausgenommen werden sollen.
Bei einer Pressekonferenz am Montag betonte der designierte FDP-Generalsekretär Marco Buschmann, dass die Freien Demokraten es angesichts der prekären geopolitischen Lage für notwendig halten, mehr Geld in die Bundeswehr zu investieren. Diese Haltung sei unverändert: Schließlich habe die FDP bereits während der Ampel-Koalition das Sondervermögen Bundeswehr konzipiert und 100 Milliarden Euro bereitgestellt. Christian Lindner sei zudem der erste Finanzminister gewesen, der das Zwei-Prozent-Ziel der NATO nicht nur erreicht, sondern sogar übertroffen habe. „Was jetzt allerdings vorgeschlagen wird, ist offenbar nur ein Schleusentor, um mehr Spielraum im Haushalt für andere Aufgaben zu schaffen“, gab Buschmann zu bedenken. Fraktionschef Christian Dürr warnte, dass unter dem Vorwand der Stärkung der Verteidigungsfähigkeit „neue Schuldenberge für alles Mögliche“ angehäuft würden.
Das Zwei-Prozent-Ziel im regulären Haushalt verankern
Von Friedrich Merz’ Ankündigung, zwei Prozent des BIP im Kernhaushalt abzubilden, sei zudem nichts mehr übrig geblieben. Laut dem Sondierungspapier sollen nur ein Prozent des BIP für Verteidigungsausgaben aus dem regulären Haushalt stammen. Alles, was darüber hinausgeht, wäre von der Schuldenbremse ausgenommen. Buschmann warnte: „Es gibt keine politische Vereinbarung auf ein Ziel, was man investieren möchte. Es gibt keinen Anreiz, im Kernhaushalt möglichst stabile Verteidigungsausgaben zu hinterlegen.“
Diese Vorgehensweise birgt die Gefahr, einen riesigen Schattenhaushalt zu schaffen. Dürr vermutet, dass die Verteidigungsfragen lediglich als Vorwand dienen, um am Ende mit großzügigen Finanzmitteln politisch eine Koalition zusammenzuhalten. Bei einem Pressestatement am Mittwoch kritisierte Dürr scharf: „Jeder politische Konflikt der Koalition soll offensichtlich mit dem Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zugeschüttet werden.“
Der Fraktionsvorsitzende erinnerte an die Zeiten des Kalten Krieges, als Deutschland zeitweise drei bis vier Prozent seiner Wirtschaftsleistung für die Verteidigung aufwendete. „Und heute sollen wir auf 1,3 Prozent zurückfallen?“, fragte er. Aus seiner Sicht ist ein so niedriger Anteil des Kernhaushaltes für die Verteidigung weder mit einer starken Verteidigungsfähigkeit vereinbar noch angesichts der aktuellen geopolitischen Lage vertretbar. „Es kann nicht sein, dass aktuell lediglich ein Prozent des BIP in die Verteidigung fließt, während Milliarden in Umverteilung und ‚die Zementierung des Status quo in den sozialen Sicherungssystemen‘ investiert werden“, betonte auch Buschmann. Dies sei „völlig verantwortungslos“.
FDP fordert 300-Milliarden-Euro-Verteidigungsfonds
Um die Finanzierung der Bundeswehr langfristig zu sichern, haben die Freien Demokraten daher einen eigenen Vorschlag unterbreitet. Dieser soll verhindern, dass Verteidigungsausgaben dauerhaft an der Schuldenbremse vorbei finanziert werden und sicherstellen, dass der Kernhaushalt seine Verpflichtungen übernimmt.
Buschmann erläuterte: „Im Kern geht es darum, das Sondervermögen Bundeswehr zu einem Verteidigungsfonds in Höhe von 300 Milliarden Euro weiterzuentwickeln.“ Darin soll auch das bisherige Sondervermögen der Bundeswehr aufgehen, somit geht es um eine einmalige Aufstockung von 200 Milliarden. Die Mittel wären ausschließlich zur Stärkung der Verteidigungsfähigkeit vorgesehen, wenn die Ausgaben zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts übersteigen. Eine zentrale Bedingung des FDP-Vorschlags ist daher, das Zwei-Prozent-Ziel der NATO fest im regulären Haushalt zu verankern. Dieses Vorgehen würde klare Prioritäten im Haushalt setzen.
Mit dem zusätzlichen Verteidigungsfonds könnte Deutschland auch steigende NATO-Vorgaben finanzieren. „Wir wären damit vorbereitet auch auf höhere Nato-Verpflichtungen, auch auf eine Nato-Quote in Höhe von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts und höher“, sagte Dürr. Verteidigungsexperten wie FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann empfehlen ohnehin bereits, eher drei Prozent des BIP einzuplanen. Mit diesem Verteidigungsfonds sei Deutschland gut vorbereitet auf die kommenden Jahre, erklärte Dürr. Und vor allen Dingen, sei das Ganze zweckgebunden für die Verteidigungsfähigkeit des Landes. „Wir würden unterbinden, dass die Schleusen für eine dauerhafte Verschuldung unseres Landes geöffnet werden.“
Auf FDP-Vorschlag könnten sich alle Parteien einigen
Deutschland könne mit dem Vorschlag der Freien Demokraten „sehr konkret auf die veränderte Weltlage reagieren, ohne seine finanzpolitische Stabilität über Bord zu verwerfen“, so Dürr. Er habe ihn bereits der Union unterbreitet und in einem direkten Gespräch seine Ablehnung des Sondervermögens von Union und SPD bekräftigt. Es stehe für die Freie Demokraten außer Frage, dass die von der Union vorgeschlagenen Schuldenpläne Deutschland nicht voranbringen werden. Natürlich erfordere die veränderte Weltlage eine entschlossene Reaktion – deshalb setzte die FDP auf einen Verteidigungsfonds.
Doch das politische Vorgehen von Friedrich Merz in Berlin hält der FDP-Fraktionsvorsitzende für höchst fragwürdig. Auf der einen Seite würden weitreichende Grundgesetzänderungen „medienwirksam ins Schaufenster gestellt“, finanziert durch massive Verschuldung – ohne zuvor Mehrheiten im Deutschen Bundestag zu prüfen oder überhaupt darüber nachzudenken. Auf der anderen Seite vollziehe Merz eine 180-Grad-Wende zu seinen Positionen vor der Wahl, was das Vertrauen in die parlamentarische Demokratie ernsthaft erschüttere.
Angesichts der festgefahrenen Lage nach den Sondierungsgesprächen von Union und SPD leiste die FDP mit ihrem eigenen Vorschlag einen Beitrag, „der für alle Seiten annehmbar sein sollte“. Dürr erklärte weiter: „Meines Erachtens besteht die Möglichkeit, dass sich alle demokratischen Parteien der Mitte hinter diesem Vorschlag versammeln können.“
Abschließend appellierte Dürr eindringlich an Union und SPD, den Vorschlag der Freien Demokraten konkret zu prüfen.
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