Schlechter Impfstart ist Versäumnis der Regierung
Bund und Länder haben beschlossen, den Lockdown bis Ende Januar zu verlängern und zu verschärfen. Eine dauerhaft durchbaltbare Strategie fehlt dabei noch immer, kritisieren die Freien Demokraten. Sie fordern eine klare Perspektive für Deutschland.
Der FDP-Generalsekretär Volker Wissing kritisiert in einem Interview mit dem „Donaukurier“ den Impfstart in Deutschland. Die Bestellmengen des Corona-Impfstoffs durch die EU und die Bundesregierung seien zu gering gewesen, was ein schweres Versäumnis der Bundesregierung sei, so Wissing. Dass man darauf verzichte, Impfstoff anzukaufen, obwohl man es könnte, sei sehr erklärungsbedürftig, betonte der FDP-Generalsekretär. „Niemand versteht, dass wir hier in Deutschland einen hervorragenden Impfstoff entwickeln, der dann in anderen Ländern zur Verfügung steht, bei uns aber nur in geringem Umfang.“ Die Bundeskanzlerin habe mit ihrer Regierung dafür zu sorgen, dass Menschen in Deutschland bestmöglich geschützt werden. „Es hilft niemandem in Europa, wenn Menschen bei uns länger gefährdet sind, weil man sie nicht rechtzeitig impfen kann“, betont Wissing.
Auch Christian Lindner findet klare Worte zu diesem Versäumnis: „Mindestens hätte Deutschland parallel zur EU-Bestellung auf bilateralem Weg zusätzliche Impfdosen bestellen können. Das hätte Geld gekostet, aber es wäre gut angelegt gewesen, denn es geht um Gesundheit, die Reduzierung von wirtschaftlichem Schaden und Freiheitsrechte.“
Bei der Zulassung weiterer Impfstoffe halten die Freien Demokraten zwar ein zentrales, reguläres EU-Verfahren für richtig, weil so das Vertrauen der Bevölkerung gestärkt werden könne. Bei AstraZeneca sollte sich Deutschland aber übergangsweise eine Notfallzulassung vorbehalten, wenn nicht medizinische Bedenken, sondern nur bürokratische Hürden die Verzögerung verursachen. Denn jede Möglichkeit, aus dem Lockdown herauszukommen, sei eine große Hoffnung für die Menschen.
Besonders angesichts der Verschärfung des Lockdowns bis Ende Januar müsse die Bundesregierung die Impfstoffbeschaffung beschleunigen. „Wir können nicht einerseits die Menschen in einen harten Lockdown schicken und sagen, na ja, bei der Impfstoffbeschaffung, da gibt die Bundesregierung das nach Europa ab, da muss man nicht so genau hinschauen“, kritisiert Wissing. Denn das Impfen sei die wichtigste Maßnahme gegen Covid-19.
Verschärfung des Lockdowns ist fragwürdig
Natürlich habe es noch nicht zu Lockerungen kommen können, „nachdem wir ja noch nicht abschätzen können, was die Kontakte über den Jahreswechsel für Auswirkungen auf das Infektionsgeschehen haben.“ Die Verschärfung müsse man jedoch ganz genau anschauen. Denn Freiheitsrechte weiter einzuschränken, ohne ihre Wirkung darzulegen, seien schwerwiegende und unverhältnismäßige Eingriffe. „Wenn Sie auf dem Land leben und das nächste Dorf 15 Kilometer entfernt ist, dann sind Sie mithin aufs Dorfleben reduziert und können keine größere Gemeinde in der Nähe mehr erreichen. Das ist eine massive Freiheitsbeschränkung“, so Wissing. Es sei zu klären, inwieweit die Einschränkung der Bewegungsfreiheit überhaupt verfassungskonform sei.
Deutschland braucht eine dauerhaft durchhaltbare Strategie
Den Freien Demokraten fehlt bei den Corona-Beschlüssen noch immer eine dauerhaft durchhaltbare Strategie. Sie schlagen daher vor, erstens die Kontaktbeschränkungen und Maskenpflicht weiterhin zu erhalten. Zweitens sollte Deutschland auf beschleunigtes Impfen, besseren Schutz der Risikogruppen und die Ausweitung der Kapazität von Tests setzen. Drittens sollte Deutschland von der flächendeckenden Stilllegung des Lebens hin zu regionalen Maßnahmen wechseln. „Dort, wo es die Lage es erlaubt, kann man dann auch Gastronomie und Einzelhandel unter Auflagen öffnen. Dort, wo es weiter hohe Fallzahlen gibt, würde es länger dauern“, erklärt Christian Lindner in einem Interview mit der „Stuttgarter Zeitung“.
Der Zeitplan müsse dabei vom regionalen Infektionsgeschehen abhängig gemacht werden. „Wenn in einer Gemeinde die Zahlen deutlich zurückgegangen sind, wird man die Frage stellen müssen, warum dort dieselben Einschränkungen gelten sollen wie in einem Hotspot“, so Lindner. „Diese Regionalisierungsstrategie begrenzt den sozialen und wirtschaftlichen Schaden.“ Wann genau der Zeitpunkt dafür da sei, entscheiden die Fallzahlen.
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