THEURER-Gastbeitrag: Das Glück unserer Nachbarn

Für das „Schwäbische Tagblatt“ (Donnerstag-Ausgabe) schrieb FDP-Präsidiumsmitglied Michael Theurer (MdEP) den folgenden Gastbeitrag:

„Am Samstag findet im Europäischen Parlament in Straßburg ein europäischer Trauerakt für Helmut Kohl statt. Wir nehmen Abschied vom Bundeskanzler der Einheit. Kohl lebte Europa. Er war ein großer Europäer und zurecht einer der nur drei europäischen Ehrenbürger.

Ich bin dankbar, ihm persönlich begegnet zu sein. Gemeinsam mit Hans-Dietrich Genscher, mit dem ich mich regelmäßig austauschen konnte, hat Kohl jahrelang auf die deutsche und europäische Wiedervereinigung hingearbeitet und diese maßgeblich gestaltet. Ohne die Zustimmung und Unterstützung der USA und unserer europäischen Nachbarn und ohne die politische Öffnung in der damaligen Sowjetunion wäre die Einheit in Freiheit freilich nicht geglückt.

Gerade in diesen Tagen geht mir durch den Kopf, was mir Hans-Dietrich Genscher als Lehre aus zwei verheerenden Weltkriegen mit auf den Weg gegeben hat: Wir haben gelernt, dass das Glück unserer Nachbarn unser eigenes Glück ist. Leider wird das heute allzu oft vergessen. Die große Idee der europäischen Einigung verschwindet hinter dem Klein-Klein des Tagesgeschäfts.

Manche behaupten, Frieden sei selbstverständlich und die Integration Europas unumkehrbar. Beides sind gefährliche Illusionen. Aus dem Privatleben wissen wir: Freundschaften müssen gepflegt werden. Das gilt auch für die Politik. Die deutsch-französische Freundschaft ist eine der großen Errungenschaften. Es ist deshalb zum Beispiel gut im Kleinen, dass die Schüler der Gemeinschaftsschule in Horb zum Schüleraustausch nach Salins-les-Bains fahren, um Land und Leute kennen zu lernen.

Darüber hinaus werden wir in einer sich verändernden Welt unsere Interessen nur zu Gehör bringen können, wenn wir als Europäer gemeinsam auftreten. Dies hat US-Präsident Donald Trump unfreiwillig zum Ausdruck gebracht. Er sagte, die EU sei vor allem Deutschland, sie sei gegründet worden, um den USA das Leben schwer zu machen. Deshalb wolle er zukünftig bilateral mit den einzelnen Mitgliedsstaaten verhandeln, um US-Interessen besser durchsetzen zu können. Dies muss uns Mahnung und Ansporn zugleich sein. Wenn es die EU nicht gäbe, müssten wir sie jetzt erfinden.

Klar ist aber auch: Die EU kann nicht so bleiben, wie sie heute ist. Wir brauchen mutige Reformen. Dazu gehört zum Beispiel der bessere Schutz der gemeinsamen Außengrenzen durch eine EU-Grenzschutzpolizei, die Bekämpfung des Terrorismus und der grenzüberschreitenden Kriminalität durch ein Europäisches Bundeskriminalamt nach dem Vorbild des FBI sowie die Schaffung einer europäischen Armee.“

 

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