KUBICKI-Interview: Wir müssen den öffentlichen Dienst attraktiver machen

Der stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende Wolfgang Kubicki gab dem „Behörden Spiegel“ (aktuelle Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellten R. Uwe Proll und Marco Feldmann:

Frage: Herr Kubicki, welche Herausforderungen sehen Sie aktuell und in Zukunft im Öffentlichen Dienst?

Kubicki: Eines steht definitiv fest: In absehbarer Zeit werden wir im Öffentlichen Dienst mehr Personal benötigen. Insbesondere die Polizeien, aber auch die kommunalen Ausländerbehörden und die Justiz müssen personell deutlich verstärkt werden. Damit das gelingt, muss der Öffentliche Dienst attraktiver werden: Wir brauchen verbindliche Beförderungsmodelle und eine aufgabengerechte Bezahlung genauso wie flexible Aufstiegsmöglichkeiten. Und wir müssen beim E-Government noch besser werden, um unsere Verwaltung bürgerfreundlicher und auch für die Herausforderungen durch den demografischen Wandel fit zu machen.

Frage: Müssen sich denn auch Strukturen und Abläufe im Öffentlichen Dienst hierzulande verändern?

Kubicki: Auf jeden Fall! Wir müssen unbedingt das Zulagensystem im Öffentlichen Dienst reformieren. Für Nacht- und Schichtdienste muss es künftig eine höhere Zulage oder die Reduzierung der Wochenarbeitszeit geben. Gleiches gilt für Erschwerniszuschläge. Aber hier ist vor allem die Politik gefordert. Denn: Alle Versuche des Öffentlichen Dienstes, sich selbst aus dem Inneren heraus zu reformieren, sind gescheitert. Das gilt nicht nur für die Informationstechnik.

Frage: Ein ganz anderes Thema: Wie stehen Sie eigentlich zu den gesetzlichen Verschärfungen angesichts der angespannten Sicherheitslage? Bedarf es noch mehr und schärferer Gesetze?

Kubicki: Nein, es kommt vor allem auf die Durchsetzung bestehender Gesetze an. Oft besteht nur ein Vollzugsdefizit. Neue Gesetze sollen der Bevölkerung nur eine Scheinsicherheit versprechen. Dabei ist doch klar: Mit der Vorratsdatenspeicherung fangen Sie keine Einbrecher oder Räuber. Stattdessen bindet die anlasslose Massenüberwachung erhebliche personelle Ressourcen und verstellt den Blick aufs Wesentliche. Viel effektiver wäre es, die traditionelle Überwachung der längst Verdächtigten zu verstärken. Dafür benötigen wir mehr Personal für Strafverfolgungsbehörden und Geheimdienste und bessere technische Möglichkeiten.

Frage: Bisher dürfen nur die kommunalen Ausländerbehörden Handys von Asylbewerbern auslesen. Nun wird darüber diskutiert, diese Befugnis auch dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zuzugestehen. Was halten Sie von diesen Überlegungen?

Kubicki: Auch wenn jeder einen Anspruch darauf hat, dass seine Privatsphäre vor dem Staat geschützt wird, hat der Staat eben auch das Recht, zu wissen, wer bei ihm Asyl begehrt. Meiner Meinung nach sollte eine Auswertung durch das BAMF deshalb in Einzelfällen möglich sein. Eine regelhafte Anwendung wäre aber völlig unverhältnismäßig, da meistens ohnehin nur Indizien gefunden werden dürften.

Frage: Wie sollte Ihres Erachtens auf die fortschreitende Digitalisierung der Gesellschaft reagiert werden?

Kubicki: Die Informationsgeschwindigkeit und -fülle haben sich massiv verändert. Wir müssen die Chancen durch die Digitalisierung nutzen, sonst machen es andere. Ich finde, wir müssen deshalb schon in der Schule ansetzen. Wir müssen die Lehrpläne dahingehend ergänzen, dass in allen Fächern die Medienkompetenz der Schülerinnen und Schüler gestärkt wird und die Nutzung digitaler Medien muss für alle Schülerinnen und Schüler unabhängig vom Einkommen der Eltern möglich sein. Die Digitalisierung bietet aber nicht nur Chancen, sondern macht vielen Bürgern auch Angst, weshalb wir darauf achten müssen, dass der Wandel sozialverträglich gestaltet wird.

Frage: Wie kann Deutschland effektiv auf die Herausforderungen aus dem digitalen Raum reagieren und wie sollte sich die Bundesrepublik in den aktuellen weltpolitischen Krisenlagen verhalten?

Kubicki: Gegen Spionage aus dem Cyber-Raum müssen wir uns technisch, nicht juristisch wehren. Außerdem steht für mich eines eindeutig fest: Wir dürfen Bundeswehrsoldaten nur dann in einen Auslandseinsatz schicken, wenn sichergestellt ist, dass sie am Einsatzort eine angemessene Ausstattung erhalten. Ich glaube, dass es dafür auch einer starken Rüstungsindustrie in Deutschland bedarf.

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