KUBICKI-Interview: Will Deutschland seinen Wohlstand behalten, muss es bei der Bildung in die Puschen kommen

Der stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende Wolfgang Kubicki gab der „B.Z. am Sonntag“ (heutige Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte Ulrike Ruppel:

Frage: Die Bundeswehraffäre bewegt die Gemüter. Hat Frau von der Leyen die Sache im Griff?

Kubicki: Mit ihren Äußerungen hat Frau von der Leyen vorschnell die gesamte Bundeswehr in Verdacht gesetzt. Das spricht gegen sie und ihre Führungsstärke. Dass es angeblich einen Korpsgeist geben soll, der sich von der gesellschaftlichen Entwicklung abgekoppelt hat, halte ich für maßlos übertrieben. Klar ist aber auch, dass Menschen, die Waffen tragen, im Zweifel einer besonderen Beobachtung bedürfen.

Frage: Auch das Thema Leitkultur sorgt für Kontroversen. Was sagen Sie?

Kubicki: Dass ein Bundesinnenminister vorgeben will, wie sich die Leute zu verhalten haben, finde ich unverschämt. Ich gebe auch nicht jedem beim Bäcker oder beim Arzt die Hand! Wenn Leitkultur für ihn bedeutet, dass wir alle Lebensweisen akzeptieren, soll Thomas de Maizière erst einmal die CSU für die Ehe für alle gewinnen.

Frage: Am Sonntag wird in Schleswig-Holstein gewählt. Wie kam es, dass sich die CDU in Umfragen vor die SPD geschoben hat?

Kubicki: Es ist genau das passiert, was die SPD nach der Wahl von Martin Schulz erlebte. Mit ihrem unverbrauchten Spitzenkandidaten ist es der CDU gelungen, echte Kampfkraft zu entwickeln. Hinzu kommt das selbstherrliche Auftreten von Ministerpräsident Torsten Albig. Das hat ihm vor allem bei weiblichen Wählern geschadet.

Frage: Warum vor allem bei denen?

Kubicki: Im Doppelinterview der „Bunten“ mit seiner neuen Partnerin hat er erklärt, dass er mit seiner Ehefrau auf Augenhöhe leider nicht mehr reden konnte – nachdem sie jahrzehntelang die Kinder erzogen und den Haushalt geschmissen hat. Damit hat er viele Frauen empört, und das wird ihn Punkte kosten.

Frage: Welche Punkte des FDP-Wahlprogramms sind Ihnen wichtig?

Kubicki: Wenn Deutschland seinen Wohlstand behalten will, muss es bei der Bildung schnellstmöglich in die Puschen kommen, weil uns der Strukturwandel durch die Digitalisierung ansonsten nicht gelingen kann. Dass die wenigsten Schulen WLAN haben und es noch keinen softwaregestützen Unterricht gibt, ist doch ein Treppenwitz der Geschichte! Ganz wichtig ist auch die Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur. Von beiden Punkten hängt unsere Zukunft ab.

Frage: Würden Sie Christian Lindner als Freund bezeichnen?

Kubicki: Freund ist ein sehr hoher Begriff, den wir im Norden nicht so häufig gebrauchen. Aber wir sind in jedem Fall politische Kampfgefährten, wir stützen uns gegenseitig und vertrauen uns blind. Es wird öffentlich auch keine Auseinandersetzung zwischen uns geben. Mehr können Sie an der Spitze einer Partei nicht erwarten. Aber wir sind miteinander auch privat unterwegs, mit unseren Frauen, auf Mallorca oder Sylt. Dann reden wir mal über den Tag hinaus, wozu es im Alltag kaum Gelegenheit gibt.

Frage: Stimmt es, dass Sie und Ihre Frau über die Politik zueinandergefunden haben?

Kubicki: Wir haben uns über unseren Beruf gefunden. Wir sind beide Strafverteidiger, hatten 1989 ein gemeinsames Mandat in Lüneburg. Ich habe sie im Auto mitgenommen, dann sind wir uns nähergekommen. Wir haben aber erst 1997 geheiratet. Meine Frau erzählt gern, sie hätte mir versprochen: Wenn du die Landtagswahl überstehst, gründe ich einen FDP-Ortsverband.

Frage: Und was erzählen Sie?

Kubicki: Dass ich ihr gesagt habe: „Ich werde dich heiraten, aber es wäre schön, wenn du vorher den FDP-Ortsverband gründen würdest.“ Das hat sie auch getan und hat mich als Kassenprüfer umgehend abgesetzt, weil sie nicht von mir kontrolliert werden wollte.

Frage: Streiten Sie viel über Politik?

Kubicki: Selbstverständlich! Meine Frau ist Vorsitzende meines FDP-Ortsverbandes. Und sie ist meine größte Kritikerin. Einer ihrer schönsten Sätze lautet: „Dein Selbstbewusstsein küsst dem Größenwahn die Füße!“

Frage: Was schätzen Sie an Ihrem Konkurrenten Ralf Stegner (SPD)?

Kubicki: Zunächst einmal ist er sehr intelligent, auch wenn er daraus bedauerlicherweise zu wenig macht. Er ist schnell in der Analyse und sehr schlagfertig. Ich respektiere, dass er in seiner Rolle das Beste gibt. Wenn wir beide auf dem Podium sitzen, prallen Meinungen aufeinander, die die Menschen verstehen und die sie unterscheiden können. Auch das ist ein Grund, warum die AfD bei uns relativ schwach ist.

Frage: Warum?

Kubicki: Man braucht keine Populisten, wenn man merkt: Es gibt einen kernigen Stegner, es gibt einen kernigen Kubicki. Wenn wir auftreten, sind Emotionen im Spiel. Die einen jubeln, die anderen pfeifen. Aber das macht Politik aus. Dass man sich identifizieren oder abgrenzen kann. So macht der Schlagabtausch Spaß!

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