Die Inflation ist eine echte Bedrohung
Die Neuverschuldung des Bundes ist krisenbedingt zuletzt exorbitant gestiegen. Damit soll nach dem Willen von Finanzminister Lindner im kommenden Jahr Schluss sein.
Kaum ist der Haushalt 2022 beschlossen, werden Rufe nach weiteren Entlastungen laut. Mit Blick auf die Haushaltslage dämpfte Finanzminister Christian Lindner jedoch die Hoffnungen: „Es gibt finanziell und rechtlich wenig Spielraum dafür, wenn wir nicht woanders sparen. Das muss bei allen Vorschlägen mit bedacht werden“, sagte er dem Nachrichtenportal t-online. „Im Bundeshaushalt 2022 gibt es keine Reserven.“ Das gelte auch für Überlegungen bei Bund und Ländern, Rentnern doch noch die Energiepreispauschale in Höhe von 300 Euro auszuzahlen. Lindner sagte, Rentner profitierten bereits von vielen anderen Maßnahmen, etwa von der Abschaffung der EEG-Umlage auf der Stromrechnung. Zudem komme die Rentenerhöhung „jetzt gottlob zur richtigen Zeit“.
Er riet dazu, jetzt erst einmal die bisherigen Maßnahmen wirken zu lassen. So sei eine vierköpfige Familie beispielsweise gerade mit teilweise über 1000 Euro entlastet worden. „Für das kommende Jahr dann empfehle ich neue Maßnahmen. Die Mitte unseres Landes hat eine steuerliche Entlastung verdient, vor allem die kleinen und mittleren Einkommen. Angesichts der hohen Inflation müssen wir vor allem kalte Progression verhindern.“
Mit Blick auf Forderungen nach Steuererhöhungen, rechnete Linder vor: „Um den sogenannten Mittelstandsbauch aufkommensneutral abzuflachen, müsste der Spitzensteuersatz ab einem zu versteuernden Einkommen von 80.000 Euro im Jahr von derzeit 42 auf mehr als 57 Prozent ansteigen.“ Für ihn wäre das „Sabotage an der wirtschaftlichen Erholung“. Nicht nur, dass es dann an Investitionen im Mittelstand fehlen würde.
„Auch unter dem Gesichtspunkt der Fairness wäre es dramatisch falsch, die Ingenieurin oder den Handwerksmeister für ihre Leistung so zu bestrafen. Wie sollten Start-ups mit solchen Steuersätzen IT-Experten aus dem Ausland nach Deutschland locken können?“ Im Interesse des Gemeinwohls müsse man das verhindern. „Notwendige Entlastung darf nicht mit schädlicher Belastung verbunden werden.“
Staat muss wieder nachhaltig wirtschaften
Er glaubt, dass die hohe Neuverschuldung der Pandemie-Jahre, die Milliarden-Subventionen und die Inflation bei vielen Menschen das Gefühl verstärkt hätten, dass der Staat wieder nachhaltig wirtschaften muss. Für ihn ist auch kein Grund absehbar, der eine Aussetzung der Schuldenbremse rechtfertigen würde. Er weiß aber auch: „Damit wir das Ziel erreichen, liegt noch viel Arbeit vor uns.“ Mit Blick auf die vielstimmig geführte Debatte über einen Soli, eine Übergewinnsteuer und diverse weitere Ausgaben konstatiert der Finanzminister: „Mein Eindruck ist, dass noch nicht alle in der Politik verstanden haben, dass wir auch eine ökonomische Zeitenwende erleben, die uns noch sehr beschäftigen wird.“
Er verwies darauf, dass der Staat nach der Finanzkrise „bergab aus den Schulden geführt“ werden konnte, weil die Zinsen immer weiter gesunken sind. „Jetzt müssen wir ihn bergauf aus den Schulden führen, weil die Zinslast immer größer wird. Das erfordert harte Arbeit und starke Nerven. Aber es zeigt eben auch, dass wir die Schuldenbremse schnellstmöglich wieder einhalten müssen.“ Das will er schaffen, „indem wir weniger ausgeben. Die kriegs- und krisenbedingten Ausgaben werden im nächsten Jahr reduziert. Wir geben ja derzeit nicht so viel Geld aus, weil wir uns teure Wünsche erfüllen, sondern um auf die aktuelle Lage zu reagieren.“
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