Der Gesundheitsnotstand muss jetzt enden
SPD, Grüne und FDP wollen die „epidemische Lage von nationaler Tragweite“ auslaufen lassen. Coronamaßnahmen wird es weiterhin geben – sie sollen über Änderungen im Infektionsschutzgesetz möglich sein.
Die Große Koalition hat die epidemische Lage von nationaler Tragweite zuletzt bis zum 24. November verlängert. Die Bundestagsfraktionen von SPD, Grünen und FDP wollen sie nun geordnet beenden. Denn ihre Voraussetzungen liegen nicht mehr vor. Das gaben der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Marco Buschmann, die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Katrin Göring-Eckardt und der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Dirk Wiese in Berlin bei einer Pressekonferenz bekannt. „Der Gesundheitsnotstand darf nicht zum Normalzustand werden, er muss jetzt enden“, betonte Buschmann. Die Sonderrechte der Bundesregierung hätten zwar am Anfang der Pandemie im März 2020 eine Berechtigung gehabt, danach aber nicht mehr. Deshalb drängt die FDP-Fraktion schon lange auf das Ende der epidemischen Lage von nationaler Tragweite.
Schlüssel ist möglichst hohe Impfquote
Eine Überlastung des Gesundheitssystems sei nicht mehr zu erwarten, so Buschmann. „Wir wollen nicht nur Befugnisse wieder an das Parlament zurückgegeben, sondern auch die Bürgerrechte stärken.“ Die Fraktionen wollen daher den Ländern nur noch befristet niedrigschwellige und wenig eingriffsintensive Maßnahmen bis zum Frühlingsanfang 2022 ermöglichen. Die Pandemie sei zwar noch nicht beendet, müsse aber anders bekämpft werden. Buschmann betont: „Der Schlüssel zur Beendigung der Pandemie ist weiterhin eine möglichst hohe Impfquote. Gemeinsam mit Praktikerinnen und Praktikern werden wir Wege finden, um den Impffortschritt deutlich zu beschleunigen.“
Dafür sollen Menschen aus der Praxis zur Rate gezogen werden, zu denen die FDP-Gesundheitsexpertin Christine Aschenberg-Dugnus „Jugendgruppenleiter, Influencer oder Street Worker“ zählt. „Mit diesen Praktikern wollen wir neue Wege finden, um den Impffortschritt bei denjenigen, die wir bisher noch nicht erreichen konnten, deutlich zu beschleunigen“, so Aschenberg-Dugnus gegenüber dem Handelsblatt.
Absolute Dominanz der Exekutive ist nun beendet
Buschmann betont, das Thema „epidemische Notlage“ sei vielleicht das umstrittenste der vergangenen Jahre gewesen, weil die Exekutive dominiert habe. „So entstand der öffentliche Eindruck, dass das Parlament nur noch nachvollzieht, was dort politisch beschlossen wurde.“ Das habe auch das Vertrauen vieler Bürgerinnen und Bürger in das Parlament geschwächt, „weil sie sich die Frage gestellt haben, was ihre Stimme noch wert ist, wenn nicht das Parlament an der Spitze steht, wenn es um solcherlei in das Leben der Bürgerinnen und Bürger tiefgreifende Fragen geht.“
„Diese absolute Dominanz der Exekutive ist nun beendet“, so der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion. Die Initiative liege nun wieder dort, wo sie hingehöre: „In der ersten Gewalt, im Parlament, in den Händen der von den Bürgerinnen und Bürgern direkt gewählten Volksvertreter.“ Jetzt stellt der Bund daher entsprechende Rechtsgrundlagen zur Verfügung, denn „als Gesetzgeber müssen wir stets alles im Blick behalten: die Wünsche der Länder, die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger und den Gesundheitsschutz. Dafür legen wir jetzt eine gute Lösung vor“, unterstreicht Buschmann.
Am 25. November wird nun der Maßnahmenkatalog aus Paragraf 28a des Infektionsschutzgesetzes „Rechtsgeschichte sein“. Der Paragraf war Basis für weitreichende Coronamaßnahmen wie Lockdowns und Ausgangssperren. Mit dem heutigen Wissensstand sollten am 20. März 2022 alle Coronamaßnahmen enden, so Buschmann – vorausgesetzt, es gebe keine Änderungen am Virus, wie etwa neue Mutationen.
„Um noch bestehende Gefahren von Covid-19 bekämpfen zu können, schaffen wir eine Rechtsgrundlage für wenig eingriffsintensive Maßnahmen wie etwa die Maskenpflicht“, oder auch 2G- oder 3G-Regeln. Im Eckpunktepapier sollen auch Maßnahmen wie der vereinfachte Zugang zur Grundsicherung sowie die Corona-Arbeitsschutzverordnung verlängert werden – ebenso die pandemiebedingten Sonderregelungen zum Kindergeld.
Im Anschluss an das Eckpunktepapier sei der nächste Schritt die Entwicklung eines entsprechenden Gesetzentwurfs. „Das wollen wir auch gemeinsam mit den zuständigen Ministerien der Bundesregierung machen. Da wollen wir mit der geschäftsführende Bundesregierung auch zusammenarbeiten“, betont Buschmann. Dazu seien alle konstruktiven Kräfte im Deutschen Bundestag eingeladen, „diesen Weg mit uns zu gehen.
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