Bekämpfung von Geldwäsche muss neue Priorität erhalten
Bundesfinanzminister und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz steht wegen einer Razzia im Finanz- und im Justizministerium unter Druck. Für die Freien Demokraten sieht es so aus, dass Deutschland bei der Geldwäschebekämpfung rechtsfreie Räume hat.
Der Finanzausschuss des Bundestages hat Beratungen über Ermittlungen gegen die Geldwäsche-Spezialeinheit Financial Intelligence Unit (FIU) aufgenommen. Dazu musste auch Finanzminister und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz Rede und Antwort stehen. FDP, Grüne und Linke hatten die Sondersitzung des Bundestagsausschusses beantragt, nachdem die Osnabrücker Staatsanwaltschaft eine Durchsuchung beim Finanz- und beim Justizministerium durchgeführt hatte. Vor Sitzungsbeginn wurden Scholz zudem Versäumnisse bei der Bekämpfung der Geldwäsche vorgeworfen. FDP-Obmann Markus Herbrand sprach von „eklatanten Missständen“.
Sein Parteikollege Florian Toncar machte den Finanzminister für einen „rechtsfreien Raum bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität“ verantwortlich. Die wichtigste Frage sei: „Haben Vorgaben aus Berlin zu riesigen Lücken bei der Geldwäsche-Bekämpfung geführt?“ Das Kernproblem sei der sogenannte risikobasierte Ansatz. „Es gibt ein Raster, mit dem Geldwäschemeldung gefiltert werden, aber dieses Raster ist offenbar so grob, dass wir bei der Geldwäschebekämpfung rechtsfreie Räume in Deutschland haben, dass es in großem Stil möglich ist, kriminell zu handeln.“ FDP-Chef Christian Lindner mahnte: „Die Bekämpfung von Geldwäsche muss eine neue Priorität erhalten.“
Schon beim Wirecard-Skandal habe sich gezeigt, dass die FIU „eine dysfunktionale Behörde“ gewesen sei, kritisierte Toncar. Von 34 Verdachtsfällen, die auf bandenmäßigen Betrug beim einstigen Vorzeige-Dax-Konzern hingewiesen hätten, habe die FIU 32 Fälle nicht weitergeleitet. Toncar sagte, der nächste Finanzminister stehe vor der großen Aufgabe, auch die Kriterien, nach denen die FIU Verdachtsmeldungen weiterleitet, zu überarbeiten. Zudem müssten die europäische und die internationale Zusammenarbeit verbessert werden. Nach der Befragung von Finanzminister Scholz im Finanzausschuss des Bundestages sieht Toncar weiteren Klärungsbedarf. Die bisher bekannten Probleme seien vermutlich „nur die Spitze des Eisbergs“, sagte er im Deutschlandfunk.
Zentrale Frage sei, ob Vorgaben des Finanzministeriums an die FIU dazu geführt hätten, dass Geldwäsche-Verdachtsfälle nicht weitergeführt wurden. Der finanzpolitische Sprecher der FDP machte Scholz politisch für die seiner Ansicht nach massiven Probleme der Behörde verantwortlich. So warf er dem SPD-Kanzlerkandidaten vor, dass dieser in seiner Rolle als Finanzminister den Leiter der FIU bis zur Befragung im Ausschuss noch nie persönlich getroffen hatte. Das zeige, dass sich Scholz nicht ausreichend um das Problem gekümmert habe.
Auch FDP-Finanzpolitiker Christian Dürr mahnte Reformen der FIU an – und erneuerte seine Kritik an Scholz: „Leider ist die Financial Intelligence Unit in einem denkbar schlechten Zustand.“ Seine Fraktion wolle daher die Behörde stärken, damit Deutschland im Kampf gegen Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung und Bilanzbetrug besser aufgestellt sei.
Die FDP-Fraktion fordert nun unter anderem, die „Zugriffsrechte der FIU sollten auf polizeiliche und steuerliche Daten ausgeweitet beziehungsweise grundsätzlich ermöglicht werden“. Ohne bessere Recherchemöglichkeiten könne die FIU nicht sachgemäß bewerten, ob „ein ihr gemeldeter Sachverhalt in Beziehung zu Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung oder einer sonstigen Straftat besteht.“ Neben einer besseren Ausstattung mit EDV-Technik benötige die FIU Mitarbeiter, die „Kenntnisse über die Funktionsweisen des Finanzmarktes, Unternehmensstrukturen und des Steuerrechts aufweisen und zudem ermittlungstaktische Vorkenntnisse besitzen.“ Um Personen mit diesen ausgewählten Qualifikationen anzuwerben, bedürfe es des „verstärkten Einsatzes einer außertariflichen Vergütung.“ Dürr sagte, nach dem Wirecard-Skandal zeigten nun auch die FIU-Ermittlungen, dass Scholz seinen Geschäftsbereich nicht im Griff habe. „Es sind Zweifel daran angebracht, dass das gute Voraussetzungen sind, um ins Kanzleramt einzuziehen“, attackierte Dürr den SPD-Kanzlerkandidaten ein paar Tage vor der Bundestagswahl.
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