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Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes: So nicht!
Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes: So nicht!
Die Regierung wird dazu aufgefordert, den Referentenentwurf zum Wissenschaftszeitvertragsgesetz in seiner aktuellen Form nicht weiterzuverfolgen.
Alternativ soll ein neues Gesetz zur Reform der Forschungsfinanzierung und der Drittmittelvergabe entwickelt werden. Dieses soll zuerst mehr unbefristete Stellen an den Universitäten schaffen und finanzieren; erst danach können die Zeitverträge neu geordnet werden. Zur Reform der Drittmittelvergabe wäre eine Orientierung am US-amerikanischen Modell möglich. Hierbei werden 5-jährige Finanzierungen vergeben und inzwischen bereits über noch längere Zeiträume nachgedacht, um eine noch bessere Planungssicherheit zu gewährleisten.
Begründung:
Die Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes soll laut Aussage von Frau Ministerin Stark-Watzinger zu „mehr Verlässlichkeit, Planbarkeit und Transparenz im Wissenschaftsbetrieb“ und „die Leistungs- und Handlungsfähigkeit unseres Wissenschaftssystems [sichern]“.
Leider ist in der Realität genau das Gegenteil zu erwarten. Es gibt in der momentanen Wissenschaftsfinanzierung einen eklatanten Mangel an unbefristeten Stellen, da die Universitäten dafür keine ausreichenden Mittel zur Verfügung haben. Momentan besteht der Mittelbau der Universitäten größtenteils aus „PostDocs“, die sich über Drittmittel oder Stipendien finanzierte Zeitverträge in Forschung und Lehre engagieren. Nur sehr wenige Wissenschaftler im Mittelbau verfügen über eine unbefristete Hausstelle und können sich von dort aus auf höhere Positionen bewerben.
Die geplante Reform bedeutet für diejenigen, die sich für eine Wissenschaftlerkarriere nach der Promotion entscheiden, dass sie innerhalb der folgenden vier Jahre um diese extrem wenigen unbefristeten Stellen konkurrieren müssen. Des Weiteren reichen vier Jahre im Normalfall nicht aus, um z.B. eine Habilitation abzuschließen, d.h. um die nötige Qualifikation zu erreichen, mit der man sich aussichtsreich auf unbefristete Professuren bewerben kann, denn auch hier sind die Stellen limitiert und die Konkurrenz hoch. Die Alternative vieler junger Wissenschaftler wird es dann sein, in Industrie (wenn das gewollt ist, soll man es sagen!) oder Schulausbildung abzuwandern oder gar ganz das Land zu verlassen, wenn sie weiter Forschung betreiben wollen, da sie im Ausland als hervorragend ausgebildete Fachkräfte gerne übernommen werden.
Dieser Verschleiß an Talenten wird für Deutschland mit Sicherheit negative Folgen haben. Zunächst für die Durchführung von befristeten Drittmittelvorhaben selbst, die nur noch auf Basis von Doktoranden bzw. „frischen“ PostDocs und kaum noch mit erfahrenen Wissenschaftlern durchgeführt werden können. Denn ohne die geforderte garantierte Anschlussfinanzierung können Antragsstelle im Mittelbau, die über keine Stellenausstattung verfügen, ihre Drittmittelprojekte nicht mehr mit erfahrenen PostDocs durchführen. Aufgrund der momentanen DFG-Förderpraxis im Normalverfahren, die auf 3-jährigen Projekten und langen Begutachtungsverfahren beruht, besteht die Gefahr, dass Deutschland zu einem reinen „Doktoranden-Ausbildungsstandort“ verkommt, was uns international stark benachteiligen würde. Des Weiteren gefährdet die angedachte Reform mittelfristig den Wissenschaftsstandort Deutschland selbst, da uns der wissenschaftliche Nachwuchs für die Besetzung der Professuren in allen Fachgebieten fehlen wird. Zusätzlich wird die universitäre Lehre wegen Personalmangels darunter leiden. Und nicht zuletzt werden abgewanderte Wissenschaftler, die über die Ausgründung von Unternehmen nachdenken, dies dann in noch größerem Maße im Ausland tun.
Eine sinnvolle Reform der Forschungsfinanzierung und Drittmittelvergabe würde den Standort Deutschland auch für ausländische Fachkräfte attraktiver machen und junge Wissenschaftler könnten ihre Karriere unter sicheren Bedingungen und unter Erhalt des Leistungsprinzips planen.