Antragsbuch für den 75. Ordentlichen Bundesparteitag

LV Mecklenburg-Vorpommern · LV Thüringen

Nachgründungskultur über ein Programm „Gründergeneration Ost 2.0“ gestalten – Den unternehmerischen Erfolg der Nachwendezeit langfristig sichern!

Nachgründungskultur über ein Programm „Gründergeneration Ost 2.0“ gestalten – Den unternehmerischen Erfolg der Nachwendezeit langfristig sichern!

Die FDP anerkennt die dynamische Zeit der Gründungen Anfang der 1990er Jahre in den ostdeutschen Bundesländern und deren Wachstum zu einer stabilen wirtschaftlichen Basis. Viele Menschen haben nach der Wiedervereinigung den Mut gehabt und die Chance ergriffen, die nun möglich gewordene unternehmerische Initiative zu ergreifen und waren bereit, Risiken auf sich zu nehmen, um Verantwortung für sich und andere zu übernehmen. Die FDP stand stets an der Seite der Menschen, die Gründergeist hatten und umzusetzen vermochten.

Die FDP sieht in der Eigenkapitalförderung, beispielsweise über ERP- und EKH-Programme, und der vereinfachten Planung wesentliche Faktoren für den Start vieler erfolgreicher Unternehmen in jeder Größenklasse.

Die FDP erkennt die Probleme der Gründer der Anfang 1990er Jahre, die ihre Betriebe erfolgreich aufbauen und etablieren konnten, die aber nun in ein Alter gekommen sind, um in den wohlverdienten Ruhestand zu treten und die Unternehmen zu übertragen. Für diese sind die aufgebauten Unternehmen die wichtigste Säule ihrer Altersvorsorge, weswegen sie ihre Unternehmen nicht unter Wert übertragen können.

Die FDP sieht auf der Seite derjenigen, die die zur Übertragung anstehenden Betriebe vielleicht gerne übernehmen wollen, das Problem, dass es zwar geeignete Nachfolger gibt, oft sogar aus dem eigenen betrieblichen Umfeld, diese aber selten das Eigenkapital aufbringen können, um ein Unternehmen oder Anteile an einem Unternehmen zu erwerben und fortzuführen oder weiterzuentwickeln. Die FDP steht noch heute an der Seite der Menschen, die Gründergeist haben und diesen umsetzen wollen.

Die FDP erkennt, dass die Gründerkultur der Anfang 1990er Jahre nach über 30 Jahren vor einem Generationswechsel steht und es einer Nachgründungskultur bedarf. Die FDP setzt sich dafür ein, dass auf Bundesebene ein Sonderförderprogramm „Gründergeneration Ost 2.0“ aufgesetzt wird. Dieses soll vor allem für diejenigen, die in den ostdeutschen Bundesländern unternehmerische Initiative ergreifen wollen und bereit sind, unternehmerisches Risiko zu übernehmen, die Möglichkeit schaffen, fehlendes Vermögen und Eigenkapital insbesondere für Unternehmensnachfolgen, Übernahmen und Neugründungen zu kompensieren. Dabei sollen weniger ideologiegetriebene Maßnahmen als Voraussetzung für das Sonderförderprogramm eine Rolle spielen. Vielmehr muss die Fortführung des jeweiligen Unternehmens Vorrang haben.

Die konkrete Ausgestaltung dieses Sonderförderungsprogramms soll in gemeinsamen Abstimmungen mit den ostdeutschen Landesregierungen, dem Beauftragten der Bundesregierung für Ostdeutschland, dem Bundesfinanzministerium, dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, der KfW-Förderbank und weiteren, im Einzelfall thematisch betroffenen Akteuren auf Bundes- und Landesebene abgestimmt werden. Hierzu soll ein erster Austausch noch im ersten Halbjahr 2024 in Berlin stattfinden.

Zu einer gesunden Umgebung für Gründungen und Betriebsübernahmen braucht es nicht nur finanzielle Anreize für eine Eigenkapitalhilfe. Es braucht einen Gründergeist, der auch in jüngeren Generationen stärker geweckt werden muss. In einer Zeit einer fast erreichten Vollbeschäftigung, von guten Bedingungen in nichtselbständiger Tätigkeit, entscheiden sich viele junge Menschen für einen sicheren Arbeitsplatz mit guten Lohn- und Gehaltserwartungen. Nur wenige sind bereit, unternehmerisches Risiko einzugehen und selbst ein Unternehmen zu gründen oder zu übernehmen. Hier braucht es eine Kultur des Ermunterns, des Ermöglichens, der unbürokratischen Begleitung in der Gründungsphase bzw. der Übernahmephase, die sich unter anderem in Fortbildungen, in Planungsvereinfachung, in Mentorings und Entlastung von administrativen Hürden ausdrückt.  


Begründung:

Mehr als 30 Jahre nach der Wiedervereinigung steht die erste Gründergeneration in Ostdeutschland vor dem Problem, keine Nachfolger für ihre Unternehmen zu finden. Dies gefährdet den Fortbestand des nach der Wiedervereinigung erfolgreich etablierten Mittelstandes. Für die Gründer selbst bedeutet dies zudem den Verlust ihrer Altersvorsorge. Ohne gezielte steuerliche Entlastungen und Investitionsanreize droht der ländliche Raum in Ostdeutschland somit wirtschaftsstrukturell und finanziell auszubluten.

Die Gründe dafür sind vielfältig. Neben der demographischen Entwicklung und der fortlaufenden Abwanderung insbesondere von Fachkräften besteht in Ostdeutschland zudem noch kein breiter Erfahrungsschatz für Unternehmensübernahmen wie er in den alten Bundesländern existiert. Die meisten Unternehmen in Ostdeutschland sind zu klein, um für größere Investoren oder den Kapitalmarkt attraktiv zu erscheinen. Zudem fehlt ein entsprechend ausgereifter Arbeitsmarkt für Fachkräfte, aus dem sich potenzielle Nachfolger rekrutieren können.

Hinzu kommt, dass eine Generation nicht ausreicht, um in der breiten Fläche genügend Vermögen aufzubauen, um das Eigenkapital für Unternehmensnachfolgen, Übernahmen und Neugründungen aus rein privaten Mitteln zu finanzieren. Somit kann die Nachfolge zumeist finanziell nicht gestemmt werden, das Eigenkapital möglicher Übernahmeinteressenten ist zu gering und das Potenzial aus Erbschaften in den ostdeutschen Familien vergleichsweise niedrig.

Nötig sind daher zielgerichtete Impulse für den Mittelstand, die es ermöglichen, den Schritt in die Selbstständigkeit zu gehen. Hierzu gehören beispielsweise steuerliche Erleichterungen, Sonderabschreibungsmöglichkeiten oder auch Investitionszulagen. Hierbei sollte sich an den umfassenden und erfolgreichen wirtschaftspolitischen Stimuli der Nachwendezeit in Ostdeutschland orientiert werden. Es braucht wieder einen neuen Gründergeist – eine „Gründergeneration 2.0“, die die wirtschaftlichen Potenziale der Neuen Länder im Sinne einer „Hilfe zur Selbsthilfe“ hebt und neues Wachstum generiert. Dies umfasst zudem eine umfassende Strategie zur Anwerbung von Fachkräften, insbesondere auch aus dem Ausland.

Sämtliche Maßnahmen sollen in einem Sonderförderprogramm „Gründergeneration Ost 2.0“ gebündelt werden, das sich ausschließlich an Unternehmen in den ostdeutschen Bundesländern (außer Berlin) richtet. Ziel ist die Schaffung einer zusammengehörigen Wachstumszone, um die nach wie vor bestehende wirtschaftsstrukturelle Schwäche gegenüber den westlichen Bundesländern langfristig zu schließen.

Dieses Sonderförderprogramm soll es den Unternehmen ermöglichen, aus einem breiten Spektrum an Maßnahmen zu wählen, um insbesondere ihre Nachfolge und langfristige Finanzierung zu sichern. Statt staatlich orchestrierter Subventionen einzelner Großunternehmen in Milliardenhöhe ist es erforderlich, nachhaltig in der Fläche Wirkung zu entfalten und hierbei insbesondere die kleinen und mittleren Unternehmen zu erreichen. Nicht der Staat soll und kann die Gewinner von morgen bestimmen. Stattdessen braucht es wettbewerbliches, organisches Wachstum in allen Bereichen und Landesteilen.

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