Unsere Wirtschaft muss im Startblock sein
Am Wochenende treffen sich die Freien Demokraten zu ihrem 71. Bundesparteitag. Im Vorfeld macht FDP-Chef Christian Lindner deutlich, wofür seine Partei steht und warum sie einen Unterschied macht.
Er plädiert für die Möglichkeit, Verluste in der Corona-Krise rückwirkend abschreiben zu können. „Die Verluste, die Betriebe und Soloselbstständige in diesem Jahr machen, sollten mit den Gewinnen aus den Jahren 2018 und 2019 bei der Steuer verrechnet werden“. Das wäre, so der Liberale, „eine Hilfe für alle, die mit gesundem Geschäftsmodell durch Corona in Existenznot geraten sind“. Kritik äußerte er hingegen an der von der Regierung beschlossenen Verschiebung der Insolvenzantragspflicht. Dies, so Lindner, „schafft das Risiko, dass Betriebe ohne Zukunft den Strukturwandel bremsen und andere mitreißen“
Grundsätzlich gelte, dass „unsere Wirtschaft im Startblock sein muss, wenn es auf dem Weltmarkt wieder losgeht“. Der FDP-Chef konstatiert, dass sich die Vereinigten Staaten für den Neustart aufstellten, „bei uns freuen wir uns über die Verlängerung des Status quo“. Notwendig seien nun in Deutschland Bürokratieabbau, eine Steuerreform, Investitionen in Bildung und Digitalisierung und die Beschleunigung öffentlicher Infrastrukturvorhaben. „Vor allem rate ich dazu, den Strukturwandel aufgrund des Klimaschutzes europäisch anzugehen und groß zu denken“, wirbt Lindner für das liberale Klimaschutzkonzept.
In Sachen Aufstiegsversprechen stellt er klar: „Wir wenden uns nicht an Gruppen, sondem an Menschen mit einem Lebensgefühl. Und das heißt: Ich will selbstbestimmt leben, ich empfinde Respekt vor dem Lebensweg und der Leistung anderer, und ich fühle mich verantwortlich für das große Ganze. Diese Einstellung finden Sie bei der Reinigungskraft und bei der Topmanagerin. Oder eben nicht.“
Im Interview mit der Passauer Neuen Presse ergänzte er: „Nach meiner Überzeugung haben wir eine Mission, den Wert der Freiheit auch in der Pandemie zu unterstreichen. Bürgerrechte dürfen nicht auf Dauer eingeschränkt werden. Für den Gesundheitsschutz müssen intelligentere Maßnahmen gewählt werden als Stillstand. Der Weg in die gelenkte Staatswirtschaft darf nicht fortgesetzt werden. Wir brauchen den Einfallsreichtum, unternehmerische Initiative und den Fleiß der Beschäftigten für einen neuen Aufbruch.“
Um die wirtschaftlichen Härten in Folge der Coronapandemie so gering wie möglich zu halten, zieht die Bundesregierung einige Register. Dass diese milliardenschwere Krisenreaktionspolitik am Ende jedoch noch viel gravierendere Nebenwirkungen produzieren könnte, fürchtet die FDP. Der FDP-Wirtschaftspolitiker Michael Theurer warnt deshalb vor Verschleppungsgefahren und „Zombie-Unternehmen“, die nur durch Staatshilfen am Leben gehalten werden. „Ohne konstruktive Maßnahmen wird die Insolvenzwelle nur verschoben“, sagt Theurer. Im Falle einer solchen Verschleppung „steigt das Misstrauen in die Geschäftspartner in der Wirtschaft immer mehr, weil niemand beurteilen kann, wer insolvent und wer wirtschaftlich gesund ist“.
Aus Sicht des Liberalen müsste die Bundesregierung deshalb zügig umsteuern: „Wir fordern ein einfaches und kostengünstiges Sanierungsverfahren. Das könnte gerade kleinen und mittleren Unternehmen, die im Kern noch gesund sind, einen rechtssicheren Weg der Sanierung außerhalb der Insolvenz zu eröffnen.“ Die Bundesregierung verschlafe diese Chance für eine konstruktive Lösung.
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