Transparenz schaffen, statt Impfgipfel zu verschieben

Eigentlich soll es diese Woche um einen Schub für die Corona-Impfungen gehen - doch nun fällt einer von drei Impfstoffen vorerst aus. Ausgerechnet der Impfgipfel wird nun verschoben. Zum Entsetzen der Freien Demokraten.

Impfstoff
Eigentlich soll es diese Woche um einen Schub für die Corona-Impfungen gehen - doch nun fällt einer von drei Impfstoffen vorerst aus. Ausgerechnet der Impfgipfel wird nun verschoben. Zum Entsetzen der Freien Demokraten.
Eigentlich soll es um einen Schub für die Corona-Impfungen gehen — doch nun fällt einer von drei Impfstoffen vorerst aus. Ausgerechnet in dieser Situation wird der Impfgipfel nun verschoben. Zum Entsetzen der Freien Demokraten. Bei den Bund-Länder-Beratungen sollte es vor allem darum gehen, wann auch Hausärzte auf breiter Front mitimpfen sollen. Die Entscheidung des Gesundheitsministers, Impfungen mit AstraZeneca auszusetzen, habe eine Kettenreaktion ausgelöst, die nun die gesamte Impfkampagne zurückwerfe, meint die FDP-Gesundheitspolitikerin Christine Aschenberg-Dugnus. Der Impfstopp „ist ein dramatischer Rückschlag, deren Notwendigkeit geklärt werden muss“, mahnt FDP-Chef Christian Lindner. „Deshalb wäre gerade jetzt ein Impfgipfel nötig, um mit allen Beteiligten zu beraten. Er muss noch diese Woche stattfinden, damit es Klarheit gibt.“ Dabei müssen alle Optionen auf den Tisch, um die Impfkampagne zu beschleunigen.

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„Wir brauchen jetzt klare Fakten. Wir brauchen eine Abstimmung der Prozesse in den Ländern und den Gemeinden mit dem Bund in dieser neuen Lage. Statt also weniger miteinander zu sprechen, muss jetzt mehr gesprochen werden“, fordert Lindner einen umgehenden Impfgipfel. „Es darf nicht zu einer dauerhaften Verzögerung kommen. Denn davon hängt ja die Verhinderung enormen sozialen und wirtschaftlichen Schaden im Land ab.“

Auch FDP-Generalsekretär Volker Wissing findet, die Bundesregierung muss sich ehrlich machen: „Diese Dinge sind nicht gut gelaufen und die Termine sind ja auch immer weiter nach hinten geschoben worden.“ Weder die Organsiation der Impfstoffe noch der Schnelltests hätten funktioniert. In Deutschland herrsche wegen der Versäumnisse der Bundesregierung Mangelverwaltung. „Wir brauchen in Deutschland eine wirkliche Offenlegung der Probleme und wir werden auch nach der Bundestagswahl die Dinge neu starten müssen. So kann es nicht weitergehen.“

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Gerade jetzt wäre ein Impfgipfel wichtiger denn je, um mit allen Beteiligten zu beraten, meint Aschenberg-Dugnus. Sie fordert gegenüber BILD: „Die Bundesregierung muss dafür sorgen, dass der Chef von AstraZeneca, Herr Soriot, am Impfgipfel teilnimmt. Er muss alle Fakten darlegen und vor allem erläutern, wie es jetzt weitergehen soll – oder ob wir Impfungen mit AstraZeneca dauerhaft aussetzen müssen.“ Alle Beteiligten müssten jetzt umgehend Schadensbegrenzung betreiben. „Wir wollen wissen, welche Erkenntnisse im Bundesgesundheitsministerium, beim Paul-Ehrlich-Institut und bei Astrazeneca vorliegen.“ Für sie ist klar: „Der Impfgipfel muss noch diese Woche stattfinden. Einen weiteren Impfstau können wir uns nicht leisten.“

„Herr Spahn muss seine erratische Kehrtwende erklären“, verlangt FDP-Präsidiumsmitglied Michael Theurer. Dazu gehöre auch die Frage, warum die Entscheidung unmittelbar nach den Landtagswahlen vom Sonntag bekanntgegeben werde und ob dafür neue Daten vorlägen, so Theurer weiter. Der FDP-Fraktionsvize wies darauf hin,dass die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA die bislang bekannt gewordenen Fälle von Thrombosen als „statistisch völlig unauffällig“ einstufe, und empfehle, den Impfstoff von Astrazeneca weiter zu nutzen.

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Die Freien Demokraten stehen mit ihrer Kritik beileibe nicht alleine da: „Auf der Grundlage der vorliegenden Datenhalte ich das für einen Fehler“, twitterte SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach. „Die Prüfung ohne Aussetzung der Impfung wäre wegender Seltenheit der Komplikation besser gewesen. In der jetzt Fahrt aufnehmenden 3. Welle wären die Erstimpfungen mit dem Astrazeneca-Impfstoff Lebensretter.“ Der Pandemiebeauftragte des Klinikums rechts der Isar der Technischen Universität München, Christoph Spinner, sagte der Deutschen Presse-Agentur, Sicherheit stehe zwar an oberster Stelle — das Aussetzen könne man aber zumindest hinterfragen. „Die Ereignisse sind sehr selten“, sagte er mit Blick auf die Zahl der Vorfälle. Und: „Wir impfen derzeit prioritär Menschen mit Vorerkrankungen.“ Diese Patienten hätten teils von vornherein ein gesteigertes Thromboembolie-Risiko. Der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen nannte den Stopp auf Basis geringer Fallzahlen angesichts der dritten Corona-Welle fahrlässig.

Christian Lindner fordert nun eine umfassende Aufarbeitung der Probleme beim Impfstart in Deutschland. In einer TV-Dokumentation für RTL/ntv sagte Lindner: „Im nächsten Bundestag werden wir entscheiden, wie wir diese Pandemie aufarbeiten.“ Die erste Option sei eine vom Parlament eingesetzte Expertenkommission aus Praktikern und Wissenschaftlern. „Und die andere Option ist ein Untersuchungsausschuss, der auch mit Mitteln der Strafprozessordnung arbeitet, der Zeugen vorladen kann, der Akteneinsicht einfordern kann.“

Lindner verband die Forderung mit schweren Vorwürfen gegen die Bundesregierung, die unnötig Menschenleben in Gefahr gebracht habe. „Dieser Staat muss sich fragen, ob die Schäden und vor allen Dingen die beklagenswerten Sterbefälle nicht teilweise hätten reduziert werden können.“ Wenn schneller geimpft worden wäre, „wäre gerade bei den besonders schutzbedürftigen Menschen viel Leid reduziert worden, dann hätte man den Menschen viel Leid ersparen können“, so Lindner weiter.