Justitia muss blind sein
Die Generalstaatsanwaltschaft Schleswig-Holstein hat die Auslieferung Carles Puigdemonts beantragt. Alexander Graf Lambsdorff warnt die Bundesregierung vor einem Veto, falls es dazu kommt.
Er gehe davon aus, dass die Entscheidung des Oberlandesgerichtes sehr sorgfältig und korrekt getroffen werde, so Lambsdorff weiter. Klar sei: Puigdemont sei weder besser noch schlechter zu behandeln als andere Beschuldigte. „Bei aller politischen Aufregung muss Justitia blind sein, also ohne Ansehen der Person die Rechte des Beschuldigten zu jedem Zeitpunkt wahren“, verdeutlicht der liberale Außenpolitiker. „Wenn das nach Puigdemonts Auffassung im späteren Verlauf des Verfahrens nur durch die Anrufung des Bundesverfassungsgerichts möglich sein sollte und dieser Weg juristisch offen steht, dann wäre es sein gutes Recht, ihn auch zu beschreiten.“
Der Fall insgesamt bringe die Bundesregierung in ein politisches Dilemma, denn für die Menschen in Katalonien sei Deutschland jetzt Partei, gibt Lambsdorff zu bedenken. „Sie nehmen die Lage so wahr, dass Deutschland in ihrem Kampf um die Unabhängigkeit nicht auf ihrer Seite steht. Direkt nach der Inhaftierung Puigdemonts in Deutschland sind dort Zehntausende auf die Straße gegangen und haben demonstriert, auch vor dem deutschen Generalkonsulat in Barcelona“, erläutert er. Ein Veto der Bundesregierung gegen eine Auslieferung würde die spanische Regierung in Madrid allerdings massiv vor den Kopf stoßen. „Das wäre eine direkte Konfrontation mit einem ganz besonders eng befreundeten Land, einem Freund und Partner“, mahnt er. „Ein Veto wäre also eine ganz schlechte Option, noch schlechter als eine Auslieferung.“ (ch)