Bundesregierung stolpert mit Grenzkontrollen wieder in ein Chaos
Bei der Einreise nach Deutschland gelten seit Sonntag schärfere Regelungen. Für die Freien Demokraten ist es ein Trauerspiel, dass sich die Bundesregierung nicht früher auf die Ausbreitung der Coronvirus-Mutationen vorbereitet hat.
„Wir sind sowohl privat als auch wirtschaftlich eng verflochten mit unseren europäischen Freunden“, so Lindner. „Familien und Berufspendler werden zusätzlich zu den geltenden Beschränkungen schwer belastet.“ Er möchte lieber auf eine „schnelle und massive Ausweitung der Schnelltests in allen Bereichen“ setzen, gerade auch bei der Einreise. Das würde Prozesse beschleunigen und Rückstaus verhindern sowie zu einem Stück Normalität beitragen.
Michael Theurer kritisierte, dass die Bundesregierung mit den Grenzkontrollen in eine chaotische Situation hineinstolpere, obwohl breits seit Monaten von den Coronavirus-Mutationen gesprochen werde. „Deutschland hat, wenn ich richtig gerechnet habe, neun Nachbarn mit einer direkten Außengrenze.“ Die Bundesregierung hätte demnach bereits „Kriterien vorsorglich aufstellen können, nach denen jetzt Einreisen möglich sind,“ sagte der FDP-Fraktionsvize im Deutschlandfunk. „Über die wird seit Monaten gesprochen und als im Dezember die Flüge von London nach Deutschland gestrichen wurden, habe ich zum Beispiel bereits EU-einheitliche Regeln gefordert.“
Stattdessen funktioniere ja insgesamt, was die Tests an den Flughäfen angeht, immer noch nichts,weshalb er sich fragt, was der zuständige Innenminister Horst Seehofer eigentlich unternommen hat. „Quarantäne und Schnelltests an Flughäfen, das müsste doch organisierbar sein.“ Er verweist dabei auf die vielen Branchen, die in Deutschland pandemiebedingt in Kurzarbeit sind: „Wir haben die ganzen Security-Mitarbeiter, die arbeitslos sind oder in Kurzarbeit. Dass es da nicht gelingen soll, vorausschauend und vorsorglich dann Kontrollen und Teststationen an den Grenzen aufzubauen, versteht niemand.“
Kurz nach Inkrafttreten der neuen strengen Einreiseregelungen an den Grenzen zu Tschechien und Tirol hat die FDP Bayern Bundesinnenminister Horst Seehofer aufgefordert, die Maßnahme unverzüglich wieder aufzuheben. Mit erneuten Grenzschließungen vergehe sich Seehofer abermals am europäischen Gedanken, sagte Bayerns FDP-Generalsekretär Lukas Köhler am Sonntag. „Erst vor wenigen Wochen hatten sich die EU-Staaten gegen pauschale Grenzschließungen ausgesprochen — Seehofer torpediert diesen gemeinsamen Weg nun für eine populistische Placebo-Maßnahme.“
Es entbehre jeglicher Logik, dass Menschen trotz negativen Coronatests die Einreise verweigert werde. „Anstatt weiter zu zündeln, sollte sich der Innenminister lieber für eine verbesserte Nachverfolgung von Infektionsketten einsetzen — auch grenzüberschreitend“, meinte Köhler. Dazu müsse vor allem das Potenzial der Corona-Warn-App ausgeschöpft werden. Zudem müsse der zwischenstaatliche Austausch von Gesundheitsämtern verbessert werden. „Grenzschließungen hingegen helfen uns im Kampf gegen Corona nicht weiter. Sie sind aber für viele Unternehmen und Berufspendler eine zusätzliche Belastung. Das ist gerade in wirtschaftlich ohnehin schwierigen Zeiten unverantwortlich.“
Die Freien Demokraten sind mit ihrer Kritik nicht allein: Die EU bemängelte die deutsche Abschottung. Am Sonntagabend wurde der deutsche Botschafter in Wien zu einem Gespräch im österreichischen Außenministerium eingeladen. Am Montag nannte ein Vertrauter von Präsident Emmanuel Macron den deutschen Abgrenzungs-Sonderweg eine „harte Entscheidung“. Aus wissenschaftlicher Sicht ist die Abschottung nicht allzu effektiv. Werden sich die in Deutschland derzeit wohl noch weniger als in Tschechien und Tirol verbreiteten britischen und südafrikanischen Virusvarianten wegen der Grenzschließungen tatsächlich etwas langsamer verbreiten?
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