Antragsbuch für den 74. Ordentlichen Bundesparteitag

LV Nordrhein Westfalen

Einhaltung von Demokratie, Freiheit und Menschenrechten im Iran

Einhaltung von Demokratie, Freiheit und Menschenrechten im Iran

Der Tod von Mahsa Amini im September 2022 im Gewahrsam der iranischen Sicherheitsbehörden ist noch immer nicht durch eine unabhängige Kommission aufgeklärt worden. Es steht daher nach wie vor die Befürchtung im Raum, dass Masha Amini im Gefängnis zu Tode gefoltert wurde, weil sie sich gegen den Zwang zum Tragen eines Kopftuches gewehrt hat. In iranischen Gefängnissen sind laut übereinstimmenden Aussagen schwerste Foltermethoden zum Erpressen von Geständnissen gängige Praxis.

Revolutionsgarden und andere im Auftrag des Mullah-Regimes handelnde Personen gehen nicht erst seit den Protesten gegen den gewaltsamen Tod von Frau Amini mit brutaler Gewalt gegen regimekritische Demonstranten vor, die ihr Menschenrecht auf Demonstrations- und Versammlungsfreiheit ausüben.

Die Führung des iranischen Regimes geht seit Jahren brutal gegen Demonstranten und Freiheitskämpfer im Iran vor – egal ob mit Schlagstöcken, Gas oder Schusswaffen. Daneben werden nach Scheinprozessen ohne rechtsstaatliche Mindeststandards, wie etwa das Recht auf Auswahl eines Verteidigers und Vorbringen entlastender Umstände, der Anspruch auf rechtliches Gehör vor Gericht und das Verbot der Verwertung von unter Folter erpresster Geständnisse, Gefangene hingerichtet. Allein nach dem Tod von Frau Amini hat das Regime vier Männer gehängt, die sich an den Demonstrationen gegen die Gewaltausübung der Sicherheitskräfte beteiligt hatten.

Mitte Februar hat das Regime einen Deutsch-Iraner, den es zuvor aus Dubai entführt hatte, wegen angeblicher Spionage zum Tode verurteilen lassen.

Angesichts der seit Jahren steigenden Zahl von Hinrichtungen und Folter im Iran und der Vollstreckung der Todesstrafe auch an Minderjährigen, sind weitere gewalttätige Maßnahmen des Regimes zu befürchten.

Das patriarchalische und islamistische Mullah-Regime übt seit Jahrzehnten Macht gegenüber Frauen aus und sorgt für eine fortbestehende massive Unterdrückung. Es setzt zum Beispiel lebensferne Kleidungsvorschriften mit Gewalt durch; das Selbstbestimmungsrecht von Frauen wird praktisch negiert. Seit Anfang März 2023 häufen sich zudem Berichte, dass gezielt mit Giftwaffen gegen junge iranische Mädchen in Schulen vorgegangen wird.

Ein freier Informationsaustausch ist durch das Abschalten des Internets und die Blockade von Instant-Messanger-Plattformen im Iran massiv eingeschränkt.

Für die Freien Demokraten ist klar: Wir stehen fest an der Seite der iranischen Freiheitskämpferinnen und Freiheitskämpfer. Deshalb verurteilen wir Anschläge auf die Ausübung des Rechts auf Demonstrations- und Meinungsfreiheit, das Recht auf Leben sowie auf körperliche Unversehrtheit aufs Schärfste.

Die EU hat seit November 2011 Sanktionen gegen die Urheber der schweren Menschenrechtsverletzungen im Iran beschlossen. Zuletzt hat der Rat am 20. Februar 2023 beschlossen, angesichts der Menschenrechtlage im Iran in die bestehende Sanktionsregelung weitere 32 Personen und zwei Organisationen aufzunehmen, die restriktiven Maßnahmen unterliegen. Dazu gehören auch Beamte der Sittenpolizei und Angehörige der Revolutionsgarden. Die Vermögenswerte der benannten Personen und Organisation wurden eingefroren. Es ist Bürgerinnen und Bürgern sowie Unternehmen der EU verboten, ihnen finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen. Für natürliche Personen gilt zusätzlich ein Reiseverbot, das sie an der Einreise in und der Durchreise durch EU-Gebiet hindert. Hinzu kommt das Verbot der Ausfuhr von zur internen Repression verwendbarer Ausrüstung und von Ausrüstung zur Überwachung des Telekommunikationsverkehrs.

Dennoch müssen wir feststellen, dass diese Sanktionen die Menschenrechtsverletzer nicht dazu bewegt haben, die völkerrechtlichen Verpflichtungen des Irans zur Achtung der Menschenrechte aus dem International Covenant on Civil and Political Rights aus 1966 zu erfüllen, dessen Vertragspartei der Iran ist. Als Liberale ist unser Platz an der Seite der mutigen Freiheitskämpferinnen und Freiheitskämpfer im Iran.

Die Bundesregierung hat den Iran vielfach – zuletzt durch die Rede der Bundesministerin des Auswärtigen beim UN-Menschenrechtsrat zur Lage der Menschenrechte im Iran am 24. November 2022 in Genf – aufgerufen, diese Rechte zu achten, die gewaltsame Unterdrückung von Demonstranten, das Blutvergießen, die willkürlichen Tötungen, die Massenverhaftungen, die Todesstrafen einzustellen.

Die einzige Antwort des Regimes war mehr Gewalt, mehr Tote. Hinzu kommt die fortdauernde Weigerung Irans, dem Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen Zugang zum Land zu gewähren.

Der Iran erschüttert den gesamten Nahen und Mittleren Osten. Ob Irak, Syrien oder Jemen – Iran ist in der Region verantwortlich für Destabilisierung und eklatante Menschenrechtsverletzungen. Zudem unterstützt die iranische Führung Russland im völkerrechtswidrigen Krieg gegen die Ukraine mit Drohnen und verfolgt darüber hinaus das Ziel, Israel von der Landkarte zu tilgen.  

 Die FDP fordert daher:

  1. 1. Eine Außenpolitik, die jegliche Unterdrückung von Frauen benennt und außenpolitische Entscheidungen hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf Frauen prüft.

  2. 2. Die Einrichtung eines unabhängigen und unparteiischen UN-Mechanismus, um diese Menschenrechtsverletzungen zu untersuchen. Die Verantwortlichen müssen zur Rechenschaft gezogen werden können. Denn Straflosigkeit verhindert Gerechtigkeit. Allen bereits erfolgten gewalttätigen Aktionen der Sicherheitsbehörden im Iran muss unabhängig nachgegangen werden. Jedem Opfer von Gewalt während der Proteste im Iran muss justizielle Gerechtigkeit durch vom Regime unabhängige Gerichte zukommen.

  3. 3. Frauen, die im Iran um ihr Leben fürchten, müssen die Möglichkeit der Antragstellung eines humanitären Visums in deutschen Auslandsvertretungen erhalten. Frauen, die aus dem Iran nach Deutschland geflüchtet sind, muss ein Aufenthaltsrecht bis zu dem Zeitpunkt gewährt werden, ab dem sich der Iran an seine völkerrechtlichen Verpflichtungen zum Einhalten der Menschenrechte hält.

  4. 4. Im Zuge der Proteste wurden im Iran Studentinnen und Studenten aus ihrer Universität ausgeschlossen oder suspendiert. Die akademische Laufbahn vieler Iranerinnen und Iraner steht vor dem Aus. Wir wollen daher iranischen Studentinnen und Studenten, denen wegen ihres Einsatzes für Demokratie und Menschenrechte ein Studium im Heimatland verwehrt bleibt, den Zugang zu Universitäten in Deutschland ermöglichen. Hierzu soll ein vollumfängliches Stipendienangebot für die Dauer des Studiums bereitgestellt werden.

  5. 5. Die Welt muss weiterhin sehen, welche Gräueltaten das iranische Regime verübt. Wir solidarisieren uns deswegen mit den im Iran tätigen unabhängigen Journalisten und wollen sie nach Kräften unterstützen. Zu diesem Zwecke fordern wir die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten auf, freien Journalisten im Iran Zugang zu den Recherche-Datenbanken des ÖRR zu gewähren.

  6. 6. Verhandlungen mit einem Regime zu führen, das jegliche Legitimation eingebüßt hat, ist hochgradig problematisch. Inspektionsergebnisse haben zudem kürzlich gezeigt, dass der Iran kein vertrauenswürdiger Verhandlungspartner ist. Dem Iran ist nicht nur nicht zu trauen, vielmehr sind ihm auch ökonomische Vorteile zu verweigern, die aus dem Atomabkommen entstehen, das der Iran diese zur Festigung seiner unheilvollen Machtposition nach Innen und Außen missbraucht. Ziel deutscher und europäischer Außenpolitik darf aber nicht die Stützung des Regimes, sondern ein Regime Change im Iran sein. Die EU darf deshalb die Atomverhandlungen mit dem Iran nicht fortsetzen.

  7. 7. Die Fortsetzung des Atomabkommens muss hinterfragt werden. Die EU muss sich die dringende Frage stellen, ob die Fortsetzung des Atomabkommens (Joint Comprehensive Plan of Action, JCPoA) mit dem Iran im Lichte der dramatischen Entwicklungen noch vertretbar ist. Verhandlungen mit einem Regime zu führen, das jegliche Legitimation eingebüßt hat, ist hochgradig problematisch. Eine Fortsetzung der Atomverhandlungen mit Iran ist nur dann nachvollziehbar, wenn gleichzeitig und gleichrangig über die eklatanten Menschenrechtsverletzungen gesprochen wird. Ohne eine ernste und gleichwertige Berücksichtigung dieser Aspekte ist die Fortführung des Atomabkommens sinnlos.

Begründung

Erfolgt mündlich.

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