Bundesforum Männer – Interessenverband für Jungen, Männer und Väter e.V.
Was macht für die FDP eine zeitgemäße Gleichstellungspolitik auf europäischer Ebene aus?
Wir Freie Demokraten kämpfen für eine freiheitliche Gesellschaft, die auf der Rechtsgleichheit aller Geschlechter und Lebensentwürfe aufbaut und für alle Individuen Freiheits- und Entfaltungsräume erweitert. Wir wollen, dass sich jede und jeder mit den individuellen Fähig- und Fertigkeiten selbstbestimmt in unserer Gesellschaft einbringen kann. Für uns ist daher die Selbstbestimmung aller Individuen frei von gesellschaftlichen Rollenzuschreibungen ein wichtiges politisches Ziel und zugleich Ausdruck einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft – auf nationaler wie europäischer Ebene. Ausdruck dessen ist zum Beispiel unser Einsatz für den Schutz nationaler Minderheiten, die Bekämpfung von Alltagsdiskriminierung und die Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Ehen und Elternschaften.
In der Arbeitswelt wollen wir Freie Demokraten ein ganzheitliches Diversity Management als Teil der ökonomischen Modernisierung und als sinnvolle Alternative zu Quoten voranbringen. So schaffen wir gleiche Chancen für Aufstieg durch Leistung – unabhängig von Geschlecht, Alter, ethnischer Herkunft, Behinderung, sexueller Orientierung oder Religion. Gerade der Mittelstand soll bei der Entwicklung von Konzepten unterstützt werden. Im öffentlichen Dienst sind die Strukturen der Gleichstellungs- und Behindertenbeauftragten in ein ganzheitliches Diversity Management einzubinden.
Welche Rolle spielen für die FDP Jungen, Männer und Väter in einer solchen Gleichstellungspolitik?
Jungen, Männer und Väter sind selbstverständlich Teil unserer Anstrengungen, eine diskriminierungsfreie Gesellschaft zu erreichen, in der jeder Mensch sein individuelles Glück suchen und selbstbestimmt seinen Weg gehen kann. Als Vorbilder, Partner und Elternteile sind sie hierbei unverzichtbar. Zugleich werden bestimmte Anliegen von Männern und Vätern, etwa das vermehrte Bedürfnis, mehr Zeit für Familienarbeit zu haben, oft gesellschaftlich noch nicht wie bei Frauen anerkannt. Wir Freie Demokraten setzen uns hier beispielsweise dafür ein, Eltern eine gleichberechtigtere Aufteilung von Erwerbs- und Familienarbeit zu ermöglichen. Dazu treten wir für den Ausbau des Kinderbetreuungssystems ein und setzen auf mehr Chancengerechtigkeit in der Arbeitswelt. Beim Sorge- und Umgangsrecht setzen wir uns zudem dafür ein, dass Trennungseltern besser unterstützt werden, ihre Kinder partnerschaftlich zu betreuen.
Was sind aus Sicht der FDP die wichtigsten Baustellen beim Thema „Geschlechtergerechtigkeit“ für Frauen und Männer, die in der kommenden Legislaturperiode des Europäischen Parlaments angegangen werden müssen?
Wir wollen, dass alle Eltern und pflegende Angehörige frei entscheiden können, welches Arbeitsmodell sie wählen. Daher setzen wir uns für den Ausbau erschwinglicher Kinderbetreuung und Altenpflege ein, um eine bessere Aufteilung von Familien- und Erwerbsarbeit nach den eigenen Wünschen zu ermöglichen. Darüber hinaus fordern wir, dass jeder europäische Staat schrittweise sicherstellt, dass jedes Kind in Europa Zugang zu einer bezahlbaren Kindertagesstätte und Ganztagsbetreuung in den Schulen hat. Ebenso wollen wir die Vereinbarkeit von Familie bzw. Pflege und Beruf durch eine Flexibilisierung der Arbeitszeiten erleichtern. Zudem setzen wir uns für gleiche Bezahlung für gleiche und gleichwertige Leistung von Frauen und Männern ein.
Welche Maßnahmen möchte die FDP auf europäischer Ebene politisch umsetzen, um die Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Pflege zu verbessern und welche Rolle spielen dabei Jungen, Männer und Väter?
Selbstverwirklichung muss für alle Menschen möglich sein – unabhängig vom Geschlecht. Damit Väter und Mütter Beruf und Familie besser vereinbaren können, wollen wir flexible Angebote zur Kinderbetreuung fördern. Wir setzen uns dafür ein, dass jeder europäische Staat schrittweise sicherstellt, dass jedes Kind in Europa Zugang zu einer bezahlbaren Kindertagesstätte und Ganztagsbetreuung in den Schulen hat. Ebenso wollen wir die Vereinbarkeit von Familie bzw. Pflege und Beruf durch eine Flexibilisierung der Arbeitszeiten erleichtern. Entsprechend treten wir für eine Modernisierung der EU-Arbeitszeitrichtlinie ein. Wir treten zudem dafür ein, dass Vorständen und anderen Führungskräften aus familiären Gründen eine zeitlich begrenzte Auszeit ermöglicht wird. Wir fordern außerdem gleiche Bezahlung für gleiche und gleichwertige Leistung von Frauen und Männern. Zudem wollen wir bessere Voraussetzungen für die Vereinbarung von Weiterbildung und Familie schaffen, denn familienfreundliche Weiterbildungen steigern die Karrierechancen für alle.
Was möchte die FDP im Europäischen Parlament unternehmen, um Gewaltschutz und -prävention auszubauen, und wie können Jungen und Männer dabei als “Agents of Change” – aber auch als Betroffene – berücksichtigt werden?
Wir Freie Demokraten setzen uns dafür ein, dass die verbleibenden Länder die Istanbul-Konvention zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen ratifizieren und dass alle Länder die Konvention umsetzen. Die Konvention sieht konkrete Schutz- und Präventionsmaßnahmen vor, z. B. die Einrichtung von ausreichend Frauenhausplätzen und Täterpräventionsarbeit.
Frauen und zunehmend auch Männer müssen, wenn sie Gewalt erlitten haben, schnell und unkompliziert Schutz erhalten. Auf nationaler Ebene müssen Bund und Länder hier intensiver zusammenarbeiten. Wir setzen uns für einen bedarfsgerechten Ausbau von Frauenhausplätzen, eine bundesweit einheitliche Finanzierung sowie ein nationales Online-Register ein. Der Bedarf an Männerhäusern soll in den einzelnen Bundesländern erörtert werden. Wir sehen in der Präventionsarbeit einen wichtigen Faktor um Gewalt vorzubeugen. Diese muss weiter ausgebaut und institutionalisiert werden. Hierbei sind auch Jungen und Männer verstärkt einzubeziehen, um positive Leitbilder zu vermitteln, sowie Projektarbeit an Schulen und Beratungsangebote auszubauen.
Wir Freie Demokraten wollen zudem der Bekämpfung von Gewalt im Internet Priorität einzuräumen. Um mit Hatespeech und Cybermobbing richtig und autonom umgehen zu können, müssen durch Medienbildung in den Schulen bereits bei Kindern und Jugendlichen die digitalen Kompetenzen gefördert werden. Wir wollen die Opfer von Gewalt im Internet und von Hasskriminalität in die Lage versetzen, sich zu wehren, indem sie einen Auskunftsanspruch gegen Plattformen und Internetprovider erhalten.
Wie will sich die FDP in der Europäischen Union dafür einsetzen, Demokratieförderung und Extremismusprävention zu stärken, und welche Relevanz hat dabei eine Gleichstellungspolitik, die auch Jungen und Männer in den Blick nimmt?
Jeder EU-Mitgliedstaat hat sich vertraglich verpflichtet, europäische Werte wie Freiheit, Demokratie und Menschenrechte zu achten. Wir setzen auf eine EU, die diese Werte auch nach innen verteidigt und konsequent gegen autokratische Regierungen vorgeht. Wer den Rechtsstaat mit Füßen tritt, dem müssen rasch EU-Fördermittel entzogen werden.
Eine Gleichstellungspolitik, die die Selbstbestimmung aller Individuen frei von gesellschaftlichen Rollenzuschreibungen voranbringt, fördert eine freiheitlich-demokratische Gesellschaft. Zudem wollen wir die Demokratie auf europäischer Ebene fördern, indem wir für mehr Transparenz und Bürgernähe sorgen. Klare, verständliche Verfahren und Beteiligung sorgen für Legitimität. Uns ist es wichtig, dass berechtigte Interessen von Jungen und Männern gewahrt und ihre Meinungen gehört werden. Dafür gibt es mit der Ansprache von Abgeordneten des Europaparlaments, Anhörungen, Ausschusssitzungen und vielem mehr bereits zahlreiche Instrumente, die auch Eltern-, Väter- und Jugendverbänden offenstehen.
Wie gedenkt die FDP – v.a. mit Blick auf die Männergesundheitsstrategie der WHO für die europäische Region (2018) – jungen und männerspezifische Bedarfe in der Gesundheitspolitik differenzierter zu berücksichtigen und zu fördern?
Wir Freie Demokraten setzen uns für eine bessere Integration geschlechtsspezifischer Faktoren sowohl in das Medizinstudium als auch die Aus- und Fortbildung im Bereich der Gesundheitsberufe ein. Geschlechtsbedingte Unterschiede wollen wir zudem bei medizinischen Forschungsprojekten wie auch der Erstellung von Leitlinien besser abgebildet wissen. Dafür setzen wir uns sowohl auf nationaler als auch europäischer Ebene ein.