Fahrgastverband PRO BAHN e.V.

Wie plant Ihre Partei die Buchbarkeit grenzüberschreitender Verbindungen im Nah- und Fernverkehr zu vereinfachen und eine verlässliche und vollständige Fahrgastinformation sicherzustellen?

Schon heute müssen Dateninhaber wie Verkehrsbetreiber und Infrastrukturbetreiber Informationen (z. B. Fahrpläne, Bike-Sharing-Stationen, Bahnhöfe und Bushaltestellen) über nationale Zugangspunkte in jedem Mitgliedstaat zugänglich machen. Künftig sollen Passagiere auch in Echtzeit über Verspätungen oder Ausfälle ihres Flugs, ihrer Fähre sowie über Parkmöglichkeiten für ihr Fahrrad, ihren Roller oder ihren Pkw informiert werden. Allerdings sind die Datenformate und Schnittstellen bislang zu unterschiedlich, um europaweit einheitlich zusammengeführt werden zu können. Die Bundesanstalt für Straßenwesen als Koordinator der weltweit größten Kooperation von Mobilitätsdatenplattformen NAPCORE (National Access Point Coordination Organisation for Europe) wollen wir darin unterstützen, Interoperabilität zwischen den verschiedenen Zugriffspunkten für Mobilitätsdaten herzustellen. Ein gemeinsamer europäischer Mobilitätsdatenraum (EMDS) kann technische und rechtliche Hindernisse überwinden und einen vertrauenswürdigen und sicheren Datenaustausch gewährleisten. Hinsichtlich der durchgängigen Buchungsmöglichkeiten muss dafür Sorge getragen werden, dass faire Wettbewerbsbedingungen für die sehr unterschiedlichen Akteure im gemeinsamen Markt herrschen.

Trotz zunehmender Zulassung über die ERA gibt es immer noch zahllose nationale Normen, die grenzüberschreitenden Eisenbahnverkehr erschweren. Mit welchen Maßnahmen wollen Sie das Ziel einer "Single European Railway Area" näher bringen?

Wir Freie Demokraten setzen uns für den konsequenten Ausbau der Transeuropäischen Eisenbahnnetze zu Hochleistungs- und Hochgeschwindigkeitskorridoren ein. Ziel ist ein europäisches Hochgeschwindigkeitsnetz. Wir wollen einen neuen Anlauf zur Weiterentwicklung der bisherigen vier Eisenbahnpakete auf europäischer Ebene unternehmen, um endlich die letzten Hürden bei der Interoperabilität aus dem Weg zu räumen und echten Wettbewerb im europäischen Schienenverkehr zu ermöglichen. Zu häufig müssen Triebwagen an Landesgrenzen getauscht werden, weil es in der EU noch immer nicht möglich ist, auf den TEN-T-Korridoren mit einem einheitlichen Verkehrssicherungs- und Leitsystem zu fahren. Ebenso müssen die Lokführer spezielle Sprachkenntnisse nachweisen, wenn sie in einem anderen EU-Land einen Zug bedienen wollen. Daneben ist es bei den Beratungen zum 4. Eisenbahnpaket nicht gelungen, die Mitgliedstaaten auf eine organisatorische Trennung von Netz und Betrieb zu verpflichten. Dies muss in einem 5. Eisenbahnpaket nachgeholt werden, um in allen Mitgliedstaaten echten Wettbewerb im Schienenverkehr zu ermöglichen.

Fahrgastrechte beziehen sich bisher auf einzelne Verkehrsträger. Welche multimedialen Fahrgastrechte will Ihre Partei einführen? Beziehen Sie sich insbesondere auf die Kombination von Eisenbahn, Fernbus und Flugzeug sowie den Übergang zwischen dem städtischen öffentlichen Verkehr und der Eisenbahn.

Wir Freie Demokraten begrüßen die Initiative, für multimodale Reisen Flug- und Fahrgastrechte zu schaffen. Multimodale Reiseketten werden im Moment zwar nur zu einem geringen Teil genutzt, sollten aber dennoch klaren Regelungen unterliegen. Diese müssen aber in ihrem bürokratischen Aufwand verhältnismäßig und auch für kleine und mittelständische Anbieter praxisgerecht ausgestaltet sein. Zudem dürfen sie in keinem Widerspruch zu den geltenden Fahrgastrechten stehen.

Interrail- und Eurail-Pässe sind insbesondere in Westeuropa wegen der exorbitanten Reservierungszuschläge oft unattraktiv. Wie wollen Sie jungen Menschen die Bahn in diesen Ländern besser schmackhaft machen?

Wir Freie Demokraten setzen auf ein Europa der Freiheit und der Mobilität. Wir werden an der Personenfreizügigkeit im Schengen-Raum weiter festhalten und diese aktiv verteidigen. Sie ist ein großer Gewinn für jeden Einzelnen sowie die gesamte europäische Wirtschaft. Neben dem Interrail-Pass fordern wir die Einführung eines gemeinsamen Europa-Tickets für alle jungen Europäerinnen und Europäer, das nicht nur Bahnstrecken, sondern auch den öffentlichen Personennahverkehr umfasst.

Wie plant Ihre Partei konkret den europäischen Nachtzugverkehr zu fördern? Gehen Sie bitte besonders auf die Fahrzeugproblematik ein.

Wir Freie Demokraten setzen uns für den Ausbau der transeuropäischen Eisenbahnnetze ein. Außerdem sollen Schienennetze und Ticketsysteme harmonisiert und das Europäische Eisenbahnverkehrsleitsystem (ERTMS) flächendeckend eingeführt werden. Für uns ist neben einem diskriminierungsfreien Zugang zum Netz ein freier und fairer Wettbewerb zwischen den Eisenbahnverkehrsunternehmen das zentrale Instrument, das am besten zur Erfüllung der Kundenwünsche beiträgt. Wenn diese Rahmenbedingungen gegeben sind, wird der Nachtzugverkehr für Unternehmen attraktiver und in der Folge auch das Angebot für Fahrgäste.

Alle europäischen Länder verwenden unterschiedliche Methoden der Verkehrswegeplanung und kalkulieren grenzüberschreitend mit unterschiedlichen Kapazitäten. Wie wollen Sie hier die Planungen zusammenführen? Wie wird aus nationalen Systemen ein Europatakt?

Mit den TEN-T-Korridoren verfügt die Europäische Union über ein gutes Instrument der grenzüberschreitenden Infrastrukturbereitstellung. Damit dieses auch effektiv umgesetzt werden kann, bedarf es einer besseren Abstimmung der Mitgliedstaaten untereinander. Hier sollte Deutschland bei grenzüberschreitenden Projekten die Initiative ergreifen und bei den Planungsverfahren im Bedarfsfall auf die Nachbarn zugehen. Wir wollen die letzten Hürden bei der Interoperabilität aus dem Weg räumen, um echten Wettbewerb im europäischen Schienenverkehr zu ermöglichen. Unser Ziel ist ein einheitlicher europäischer Eisenbahnraum.

Welche europäischen Eisenbahnregulierungsmaßnahmen waren aus Ihrer Sicht in den letzten Jahren erfolgreich und welche müssen entweder noch verstärkt oder rückabgewickelt werden?

Wenn es eine echte organisatorische Trennung von Schieneninfrastruktur und Betrieb gibt und ein freier Wettbewerb auf dem Netz stattfindet, bedarf es keiner Regulierungen mehr, die den diskriminierungsfreien Netzzugang betreffen. Dies würde sich dann automatisch am Markt von selbst regulieren. Sinnvoll sind und bleiben die technischen Regulierungen, die die Interoperabilität im Netz sicherstellen, so dass alle Züge überall in Europa fahren können.

Was sehen Sie für Möglichkeiten, den Interessenverbänden der Fahrgäste ein angemessenes Gehör bei den Verkehrsunternehmen und Aufgabenträgern zu schaffen?

Für die Attraktivität des Schienenverkehrs ist es entscheidend, dass die Interessen der Fahrgäste gehört und ihre Anliegen ernst genommen werden. Deshalb unterstützen wir einen konstruktiven und regen Austausch zwischen Fahrgastverbänden und Verkehrsunternehmen sowie Aufgabenträgern. Darüber hinaus muss auch die wirksame Durchsetzung von Fahrgastrechten sichergestellt sein, damit sich das Angebot und der Service weiter verbessern.

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