Open Source Business Alliance – Bundesverband für digitale Souveränität e.V.

Was verstehen Sie unter digitaler Souveränität und welche konkreten Maßnahmen haben Sie vor, um die digitale Souveränität von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft in Europa durch den Einsatz von Open Source Software zu stärken?

Wir Freien Demokraten sehen in Open-Source-Produkten einen wichtigen Baustein zur Verminderung technologischer Abhängigkeiten und Risiken und für den Schutz von Daten und Systemen. Digitale Souveränität drückt sich für uns darin aus, Abhängigkeiten zu verhindern, Kontrolle über Datenflüsse in die Hände europäischer Bürgerinnen und Bürger zu geben und digitale Prozesse transparent, barrierefrei und diskriminierungsfrei zu gestalten. Die Verhinderung einer digitalpolitischen Abhängigkeit Deutschlands und Europas ist auch als Krisenvorsorge im Hinblick auf wachsende Bedrohungen durch Cyberkriminalität und digitale Kriegsführung essenziell. Europa muss unabhängiger werden, ohne sich abzuschotten. Die IT-Systeme der öffentlichen Hand sollen stärker als bislang auf Open-Source-Lösungen bauen, um die Abhängigkeit von einzelnen Anbietern proprietärer Software zu verringern. Daher wollen wir die Verwendung von Open-Source-Software in der öffentlichen Verwaltung weiter voranbringen.

Welche Maßnahmen planen Sie (z.B. im öffentlichen Vergaberecht oder in anderen Rechts- und Verwaltungsvorschriften), um den Einsatz von Open Source Software im EU-Parlament und in der europäischen Verwaltung zu fördern? Planen Sie eine Erneuerung der europäischen Open-Source-Strategie?

Wir Freie Demokraten machen uns dafür stark, dass Open-Source-Produkte eine echte Chance in der europäischen Verwaltung haben. Dort, wo sie eine konkurrenzfähige Alternative zu proprietären Produkten darstellen, wollen wir bevorzugt auf Open Source setzen. Die Ausschreibungen und Spezifikationen für Behördensoftware sollen auf allgemeinen Standards beruhen und öffentlich zugänglich sein.

Wie wollen Sie die Umstrukturierung der IT-Infrastruktur der europäischen öffentlichen Verwaltung unterstützen, um die Nutzung von Open-Source-Alternativen und die Entwicklung digital souveräner Verwaltungs-Clouds zu fördern und eine Ablösung von proprietären Cloud-Angeboten voranzutreiben?

Die IT-Systeme der öffentlichen Hand sollen stärker als bislang auf Open-Source-Lösungen bauen, um die Abhängigkeit von einzelnen Anbietern proprietärer Software zu verringern. Der Einsatz von Open-Source-Lösungen verhindert geheime Hintertüren und garantiert auch eine weitere Betreuung der Software, wenn ein Anbieter nicht mehr zur Verfügung steht. Bei geschlossenem Programmcode wissen Anwenderinnen und Anwender nicht, ob eine Software den jeweiligen Datenschutz- und Datensicherheitsvorschriften entspricht – sie müssen sich auf die Aussagen der Anbieter verlassen. Zudem müssen bei der Verwendung von Open-Source-Software Probleme nur einmal gelöst werden. Andere Nutzer – etwa andere Behörden –  können die verbesserte Software dann ebenfalls nutzen und nach Bedarf weiterentwickeln. 

Sofern die Nutzung einer Open-Source-Lösung nicht möglich ist, sollen vertragliche Regelungen einen adäquaten Ersatz bieten. Die Ausschreibungen und Spezifikationen für Behördensoftware sollen auf allgemeinen Standards beruhen und öffentlich zugänglich sein. Auch beim Aufbau von Cloudangeboten setzen wir uns für Open Source-Lösungen ein.

Wie wollen Sie öffentliche Gelder aus EU-Budgets nutzen, um die Einführung und Nutzung von Open-Source-Technologien in Europa zu fördern? Welchen Anteil des EU-Budgets wollen Sie speziell für Open-Source-Projekte bereitstellen und wie planen sie, dies zu messen und nachzuverfolgen?

Wie wollen Sie die europäischen KMUs im Open-Source-Software-Sektor unterstützen (z.B. bei der Vereinfachung des Zugangs zu EU-finanzierten Forschungs- und Entwicklungsprogrammen wie Horizon Europe), damit diese ihr Potential für eine innovative und wettbewerbsfähige Wirtschaft entfalten können?

Die Fragen 4 und 5 werden im Zusammenhang beantwortet.

Kleine und mittlere Unternehmen sind das Rückgrat der europäischen Wirtschaft und Antrieb für Wachstum und Innovationen, gerade auch im Digitalbereich. Um die Wettbewerbsfähigkeit von KMU und ihre Finanzierungsmöglichkeiten sicherzustellen, wollen wir bestehende Förderprogramme wie „Horizon Europe“ speziell für Mittelständler weiterentwickeln und ausbauen. Wir begrüßen den verstärkten Einsatz von Open-Source-Software, um Abhängigkeiten von einzelnen Anbietern proprietärer Software zu verringern.

Wie sieht Ihre Vision für die Förderung offener Standards und der Interoperabilität innerhalb der Europäischen Union aus, um den KMUs die Integration von Open-Source-Lösungen in verschiedene technologische Software-Umgebungen und den Eintritt in einen bestimmten Markt zu erleichtern?

Es ist uns ein wichtiges Anliegen, mehr und mehr offene Standards zu schaffen, damit Open-Source-Software zum Innovationstreiber in Europa wird. Unter anderem um europäische KMU im internationalen Wettbewerb zu stärken, sprechen wir uns bei der Nutzung von Open-Source-Produkten und im Allgemeinen in der digitalen Verwaltung klar für offene Standards aus. Dieses Prinzip haben wir aktiv bei den Gesetzesverhandlungen der vergangenen fünf Jahre auf EU-Ebene mit Nachdruck vertreten. So ist es insbesondere auch dem Einsatz der Freien Demokraten zu verdanken, dass die Open-Source-Entwicklercommunity im AI Act eine Sonderrolle erhält, um Open-Source-Lösungen zu fördern und es für Entwickler und Anwender einfacher zu machen, Open-Source-Lösungen zu kreieren und zu nutzen. Auch einen fairen Wettbewerb durch Interoperabilität haben wir aktiv unterstützt, so etwa die Interoperabilitätsregeln im Digital Markets Act, die kleinere Unternehmen gegenüber großen Technologiekonzernen stärken.

Wie wollen Sie Open Source Software einsetzen, um bei Europäerinnen und Europäern ein Verständnis für die Bedeutung offener Technologien, Innovation und digitaler Souveränität zu fördern und den bestehenden Fachkräftemangel in ganz Europa zu adressieren?

Die Abgeordneten der Freien Demokraten im Europäischen Parlament nutzen teilweise selbst Open-Source-Softwarelösungen, soweit es die Parlamentsverwaltung zulässt. Bei verschiedenen Gesetzen haben die Freien Demokraten über Änderungsanträge und in den Gesetzesverhandlungen dafür gesorgt, dass die Stellung von Open-Source-Software verbessert wird und Maßnahmen unterstützt, um Open-Source-Software zum Innovationstreiber in Europa zu machen. Diesen Weg werden wir auch weiterhin fortsetzen, um innovative Lösungen von der Privatwirtschaft bis hin zur Kommunikation zwischen Staat und Bürgern zu fördern. Dies trägt auch zu einer besseren digitalen Verwaltung bei, die Synergien besser nutzt und zum effizienten Dienstleister für Bürgerinnen und Bürger wird. Die digitale Bildung wollen wir auf allen Ebenen und in allen Lebensphasen erheblich verbessern und dabei auch ein breites gesellschaftliches Verständnis für Open-Source-Software schaffen.

Wie wollen Sie europäische Open-Source-Communities frühzeitig und effektiv in europäische Gesetzgebungs- und Regulierungsinitiativen einbinden? Inwiefern wollen Sie die Einrichtung eines ständigen Konsultationsmechanismus vorantreiben, wie z. B. eine High Level Group für Open Source?

Wir Freie Demokraten setzen uns grundsätzlich dafür ein, das gesellschaftliche Interessengruppen wie die Open-Source-Community auf Gehör im Gesetzgebungsprozess treffen und dass sie ihre Ideen und Bedenken im konstruktiven Austausch miteinander äußern können. Für uns ist es eine Selbstverständlichkeit, den verschiedenen von Gesetzen betroffenen Gruppen zuzuhören und uns intensiv mit ihren konkreten Anliegen auseinanderzusetzen. Weiteren Verbesserungsbedarf sehen wir bei den öffentlichen Konsultationen und Folgenabschätzungen der EU-Kommission bei neuen Gesetzesvorlagen. Hier drängen wir auf größere Transparenz und eine bessere Einbeziehung der Perspektive aller betroffenen Akteure. In der vergangenen Wahlperiode hat die Kommission viel zu oft eigenmächtig und ohne angemessene Folgenabschätzung Gesetzesvorschläge gemacht, die sich als nicht praktikabel oder sogar als schädlich herausgestellt haben. Wir setzen uns dafür ein, dass sich dies in der nächsten Legislaturperiode ändert.

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