Oxfam Deutschland e.V.

Wie steht Ihre Partei zu der Forderung, für einen sozial gerechten Klimaschutz in Europa insbesondere die Reichen und Superreichen durch geeignete Instrumente finanziell stärker als bisher in die Verantwortung zu nehmen zur Finanzierung der sozial-ökologischen Transformation?

Die FDP setzt auf den Emissionshandel mit stetig sinkendem Treibhausgaslimit, um die europäischen Klimaziele zu erreichen. Bis 2035 wollen wir die Systeme ETS 1 und 2 zusammenlegen, damit sie noch effizienter werden, und verbliebene Emissionsquellen wie die Abfall- und Landwirtschaft einbeziehen. Mittelfristiges Ziel ist eine einheitliche CO2-Bepreisung. Dadurch entsteht ein direkter Anreiz, Emissionen zu reduzieren. Wer für mehr Treibhausgasemissionen verantwortlich ist, muss dafür auch mehr bezahlen. Die Steuer- und Abgabenlast hat in Deutschland bereits jetzt eine kritische Höhe erreicht. Zusätzliche Umverteilungsmaßnahmen oder Besteuerungen durch die EU lehnen wir ab.

Befürwortet Ihre Partei eine europaweite Besteuerung sehr hoher Vermögen?

Nein, Steuern sollten weiterhin Sache der Mitgliedstaaten sein – wir lehnen EU-Steuern ab. Zudem ist Deutschland bereits Hochsteuerland. Bevor immer neue oder höhere Steuern gefordert werden, müssen wir mit den vorhandenen Mitteln auskommen. Denn wir haben kein Einnahmen- sondern ein Ausgabenproblem.

Inwiefern hält Ihre Partei die EU-Klimaziele (55% Reduktion bis 2030, Klimaneutralität bis 2050) angesichts der relativen Verantwortung der EU (für den Klimawandel) und ihrer Wirtschaftskraft für einen fairen EU-Beitrag zum global nötigen Klimaschutz, um die 1,5°C-Grenze noch einhalten zu können?

Wir wollen die Erderwärmung auf möglichst 1,5 Grad begrenzen. Die FDP setzt auf den Emissionshandel und Technologieoffenheit, um die europäischen Klimaziele zu erreichen. Der Emissionshandel ist das effektivste und effizienteste Klimaschutzinstrument, da er ein klares Treibhausgaslimit vorgibt. Dennoch kann Klimaschutz nur international gelingen. Europa spielt sowohl in den internationalen Verhandlungen als auch im heimischen Klimaschutz eine zentrale Rolle. Ziel muss es daher sein, schnellstmöglich ein internationales Emissionshandelssystem zu etablieren. Dazu muss der gegründete Klimaclub erweitert und durch ein Abkommen über die Angleichung eines einheitlichen Emissionshandelssystems ergänzt werden.

Die Agenda 2030 und die Pariser Klimaschutzziele bleiben die Richtschnur liberaler Politik. Angesichts der nach wie vor fehlenden Koordinierung und Kohärenz der vielen nationalen und europäischen Entwicklungsakteure fordern wir eine umfassendere Abstimmung bestehender Instrumente der Entwicklungszusammenarbeit innerhalb der EU und der Mitgliedstaaten. Europa muss die Bemühungen anderer Staaten im Klimaschutz stärken. Dabei geht es um Augenhöhe.

Soll die finanzielle Unterstützung durch öffentliche Gelder der EU und ihrer Mitgliedsstaaten bei der Bewältigung der Klimakrise in den einkommensschwachen Ländern und zu ihrer Entwicklung in den kommenden Jahren steigen, gleichbleiben oder absinken?

Wir bekennen uns zu den in Klimaschutzabkommen eingegangenen Verpflichtungen und Mechanismen. Klimaschutz kann nur gelingen, wenn dieser als gemeinsame Aufgabe wahrgenommen wird. Dazu bedarf es weiterhin sowohl einer europäischen Solidarität, als auch einer Eigenverantwortung in Bezug auf einkommensschwächere Länder. Um Klimaschutz bezahlbar zu halten, müssen Maßnahmen aber verstärkt an den Stellen ansetzen, wo sich die geringsten CO2-Vermeidungskosten finden. 

Plant Ihre Partei, sich bei der anstehenden Evaluierung der Richtlinie gegen Unlautere Handelspraktiken für ein Verbot des Einkaufs unter Produktionskosten einzusetzen?

Wir begrüßen es, dass im kommenden Jahr die Evaluierung der Richtlinie ansteht, da ihre Umsetzung und Überführung in nationales Recht zu einigen Unklarheiten geführt hat. Wir brauchen eine bessere EU-weite Harmonisierung und bessere Umsetzung der Regeln. Wir stehen zunächst allen Vorschlägen offen gegenüber, um dies zu erreichen und Marktverzerrungen zu verhindern.

Tritt Ihre Partei für eine Stärkung des EU-Kartellrechts ein, um übermächtige Konzerne und konzentrierte Märkte stärker zu regulieren?

Das EU-Kartellrecht ist gut aufgestellt und die EU-Kommission hat unter Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager hier in den vergangenen zehn Jahren eine sehr gute Arbeit geleistet. Zum bestehenden Kartellrecht wurde zudem mit dem Digital Markets Act eine neue Wettbewerbsregulierung für sogenannte Online-Gatekeeper hinzugeschaffen, die es jetzt konsequent umzusetzen gilt. Neue Regulierung streben wir in dieser Hinsicht derzeit nicht an.

Befürwortet Ihre Partei verbindliche Vorgaben für europäische Unternehmen zur Einhaltung und Finanzierung sozialer und ökologischer Zielmarken, bevor es zu einer Ausschüttung von Dividenden kommt?

Wir lehnen es ab, die Gewinnverwendung an weitere Bedingungen als die geltenden Gesetze zu binden. Dies würde noch mehr Bürokratie schaffen und undurchsichtige Unternehmenskonstruktionen provozieren. Es steht Unternehmen frei, höhere Standards an sich anzulegen, oder eine gemeinnützige und damit steuerlich privilegierte Rechtsform zu wählen. Statt immer weiterer Vorgaben an Unternehmen darüber, wie sie zu wirtschaften haben, müssen wir uns in der EU darauf besinnen, unsere bereits bestehenden, wirksamen Maßnahmen zur Erreichung sozialer und ökologischer Ziele zu nutzen und konsequent umzusetzen. So bietet zum Beispiel der erst kürzlich ausgeweitete EU-Emissionshandel einen praktikablen, marktwirtschaftlichen Rahmen für Klimaschutz sowohl für Unternehmen als auch für die Gesamtgesellschaft.

Setzt sich Ihre Partei für europaweite Maßnahmen zur wirtschaftlichen und sozialen Gleichstellung der Geschlechter ein? Welche?

Wir Freie Demokraten setzen uns für den Ausbau erschwinglicher Kinderbetreuung und Altenpflege ein, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erleichtern. Darüber hinaus setzen wir uns dafür ein, dass jeder europäische Staat schrittweise sicherstellt, dass jedes Kind in Europa Zugang zu einer bezahlbaren Kindertagesstätte und Ganztagsbetreuung in den Schulen hat. Zudem setzen wir uns für eine Flexibilisierung der Arbeitszeiten und eine leistungsgerechte Bezahlung ein – unabhängig vom Geschlecht. Wir möchten durch einen europaweiten Aktionstag Female Ambassadors hervorheben, die anderen Frauen und Mädchen Mut machen, sich stärker in die Politik einzubringen.

Wir Freie Demokraten wollen die Rechte, Ressourcen und Repräsentanz von Frauen (3R) weltweit stärken. Wir machen uns mit Nachdruck dafür stark, die Einhaltung der Menschenrechte weltweit und dabei auch den Schutz, die Förderung und die Beteiligung von Frauen in unseren außenpolitischen Beziehungen zu forcieren.

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