Wirtschaftliche Vereinigung Zucker e.V.
Zucker aus regionalen Zuckerrüben wird unter hohen Sozial- und Umweltstandards hergestellt. Kostengünstigerer Rohrzucker aus Übersee kommt meist ohne diese Standards aus. Er gefährdet den heimischen Markt und einen wichtigen Wirtschaftsfaktor im ländlichen Raum. Wie wollen Sie das verhindern?
Deutschland ist eine Exportnation und der Freihandel Motor für unseren Wohlstand. Millionen Arbeitsplätze, auch viele davon in der Agrarbranche, hängen hierzulande vom Handel mit anderen Ländern ab. Wir Freie Demokraten wollen daher die Chancen des Freihandels nutzen und den Tendenzen des Protektionismus, die weltweit wachsen, entgegenwirken. Wir sehen die Probleme für die heimische Zuckerwirtschaft, die mit dem Import von billigem Rohstoff, der zu geringeren Standards und teils subventioniert produziert wird, einhergeht. Daher setzen wir uns international für Wettbewerb mit fairen Rahmenbedingungen ein. Wir stehen für fairen, regelbasierten und verantwortungsbewussten Handel ein und engagieren uns für Reformen der Welthandelsorganisation. Zentral sind für uns dabei mehr Marktwirtschaft und weniger Bürokratie. Die Zuckerwirtschaft muss weltweit wettbewerbsfähig wirtschaften können.
Die Krisen der vergangenen Jahre haben die Anfälligkeit der Lieferketten im globalen Handel offengelegt. Mit welchen Maßnahmen planen Sie die Versorgungssicherheit mit regionalen Produkten wie Zucker in Europa nachhaltig zu stärken und zu sichern?
Das schnelle und pragmatische Handeln der Zuckerwirtschaft während der Energiekrise in Folge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine hat die Versorgungssicherheit gewährleistet. Wir Freie Demokraten unterstützen Initiativen, wie die Kooperation der Hersteller zur Krisenbewältigung im Rahmen des Kartellrechts. Um die Lieferketten langfristig resilienter zu machen, wollen wir einerseits die Rahmenbedingungen für die Agrarproduktion verbessern und andererseits die Energieversorgung diversifizieren. Um den Ausbau von Infrastruktur und Erneuerbaren Energien zu beschleunigen, stellen wir auf EU-Ebene die Weichen für eine weitere Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren. Dafür wollen wir Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) auf Vorhaben mit grenzüberschreitenden Umweltauswirkungen beschränken und den Immissionsschutz pragmatischer ausgestalten. Wir wollen ein marktwirtschaftliches Strommarktdesign etablieren, um eine klimaneutrale, sichere und kostengünstige Energieversorgung für einen Europäischen Energiebinnenmarkt zu gewährleisten.
Die Auswirkungen der Landwirtschaft auf das Klima sind in den Klimaschutzbemühungen zu berücksichtigen. Wie bewerten Sie die Diskussion um eine Bindung von Kohlenstoff in der Landbewirtschaftung oder ein dem industriellen Emissionshandelssystem (ETS) vergleichbares System?
Klimaschutz funktioniert am kostengünstigsten und effektivsten mit einem sektorenübergreifenden Emissionshandel. Wir Freie Demokraten setzen uns zudem für eine innovationsfreundliche Regulierung der Entnahme, Nutzung und Speicherung von CO2 ein. Engstirnige Debatten über die Priorität der CO2-Vermeidung vor Carbon Capture and Storage (CCS) und Carbon Capture and Utilization (CCU) verzögern nur den Markthochlauf. Die Landwirtschaft ist der einzige Sektor, der bereits bei der Produktion Kohlenstoff aktiv binden kann. Von dieser Klimaschutzleistung müssen Landwirte auch finanziell profitieren.
Die Zuckerwirtschaft arbeitet an der Reduktion von Pflanzenschutzmitteln. Trotzdem werden wir diese, in geringerem Umfang, auch weiterhin einsetzen müssen. Wie wollen Sie bei stetig abnehmender Verfügbarkeit wirksamer Mittel zukünftig einen notwenigen Pflanzenschutz gewährleisten?
Beim Einsatz und der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln stellen wir Freie Demokraten uns klar gegen die ideologische Vorverurteilung und pauschale Einschränkungen. Die Zulassung einzelner Substanzen oder Stoffgruppen darf nicht willkürlich erfolgen, sondern muss nach wissenschaftlich fundierten Maßstäben vorgenommen werden. Wir sehen die von der EU-Kommission unter der Führung von Ursula von der Leyen (CDU) angestoßenen Vorhaben im Rahmen des Green Deals mit Sorge, denn diese bringen eine Vielzahl von Auflagen, Verboten und bürokratischen Belastungen, vor allem für die Landwirte, mit sich. Wir wollen daher eine Regulierungspause für den Green Deal. Durch die engagierte gemeinsame Arbeit der Agrarbranche mit uns Freien Demokraten sind die Pläne der EU-Kommission für eine Pflanzenschutzmittel-Verordnung (SUR) zu Recht gescheitert. Das Vorhaben hätte die Versorgung mit Agrarrohstoffen massiv gefährdet. Wir fordern vielmehr die Zulassung Neuer Züchtungstechniken, eine einfachere Zulassung von Pflanzenschutzmitteln bzw. deren Wirkstoffen auf EU-Ebene und ein Digitalisierungspaket für die GAP, damit unsere Agrarbranche nicht weiter an Wettbewerbsfähigkeit durch EU-Vorgaben einbüßen muss.
Mit dem Klimawandel bedrohen neue Schädlinge die Zuckerrüben. Neue Züchtungstechniken (Genschere) können helfen, schneller neue, angepasste Sorten zu züchten. Wie werden Sie sich für eine praktikable Anwendung neuer Züchtungstechniken einsetzen?
Wir Freie Demokraten sehen angesichts aktueller und auch aufkommender Herausforderungen wie zunehmender Ressourcenknappheit, Klimawandel und wachsender Weltbevölkerung in der Pflanzenforschung und -züchtung einen wesentlichen Baustein, die landwirtschaftliche Produktion nachhaltiger zu gestalten und besser an sich wandelnde Umweltbedingungen anzupassen. Neue Züchtungstechniken wie das Genome Editing liefern bereits heute vielversprechende Antworten auf veränderte Umweltbedingungen. Wir fordern, dass das EU-Gentechnikrecht schnell überarbeitet wird und Neue Züchtungstechniken in der EU zugelassen werden. Nachdem das EU-Parlament dem Vorhaben grünes Licht gegeben hat, kommt es darauf an, dass sich unter den Mitgliedstaaten eine Mehrheit dafür findet. Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) hat immer deutlich gemacht, dass es in Deutschland mit den Freien Demokraten eine Stimme in der Regierung gibt, die eine wissenschaftsbasierte und fortschrittliche Position vertritt und vorantreibt.
In der Vergangenheit haben EU-Mitgliedstaaten den Umgang mit Pflanzenschutzmitteln (Notfallzulassungen) oder Beihilfen (gekoppelte Zahlungen) unterschiedlich gestaltet. Das führte zu Wettbewerbsverzerrungen. Was werden Sie gegen solche nationalen Alleingänge tun?
Wir Freie Demokraten wollen faire Wettbewerbsbedingungen für den deutschen Rübenanbau. Es braucht ein „level playing field“ innerhalb der europäischen Agrarpolitik, um den Rübenanbau in Deutschland nicht weiter zu gefährden. Die in der aktuellen Förderperiode der GAP gestatteten gekoppelten Zahlungen sehen wir kritisch und auch die zahlreichen Auflagen im Bereich des Pflanzenschutzes stellen eine echte Belastung für die heimischen Rübenanbauer dar. Dadurch wird unserer Ansicht nach ein fairer Wettbewerb verhindert. Wir setzen uns für ein grundlegendes Update der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU ein, das mehr auf fairen Wettbewerb und weniger auf Bürokratie und Regulierung setzt.
Übergewicht bzw. Adipositas sind Risikofaktor für zahlreiche Erkrankungen. Bei Übergewicht ist die Kalorienbilanz entscheidend. Wer mehr Kalorien aufnimmt, als er verbraucht, nimmt zu. Was werden Sie tun, um das Thema ausgeglichene Kalorienbilanz zu befördern?
Wir Freie Demokraten stehen für einen Verbraucherschutz, der den mündigen Verbraucherinnen und Verbrauchern Optionen und eine informierte sowie souveräne Entscheidung ermöglicht. Wir vertrauen auf die Selbstbestimmung der Verbraucher. Deshalb lehnen wir eine bevormundende Verbraucherpolitik ab. Jede staatliche Initiative, um Adipositas zu bekämpfen, ist zum Scheitern verurteilt, wenn nicht auch der Verbraucher selbst die Bereitschaft besitzt, sich mit seinem Ernährungsverhalten auseinanderzusetzen. Selbstbestimmung setzt aber eine freie und informierte Entscheidung voraus, die auch die Zwänge und Grenzen berücksichtigt, denen Verbraucher unterliegen. Daher treten wir für transparente Nährwertinformationen ein und wollen eine frühzeitige Ernährungsbildung in Kindertagesstätten sowie Schulen etablieren.
Lebensmittel dürfen nicht durch „Nährwertprofile“ oder bewertende Nährwertkennzeichnungsmodelle in „gut“ und „schlecht“ unterteilt werden. Auf welcher Basis und in welcher Form wollen Sie Verbraucher über Kaloriengehalt und Nährwertangaben informieren?
Schon heute erhalten die Verbraucherinnen und Verbraucher in der EU sehr detaillierte Informationen über die Zusammensetzung von Lebensmitteln. Das Bestreben, dem Verbraucher auf europäischer Ebene immer mehr vereinfachte Darstellungen über die Inhaltstoffe von Lebensmitteln an die Hand geben zu wollen, birgt die Gefahr, dass die nährwertbezogenen Angaben fehlinterpretiert werden und zu falschen Schlüssen verleiten. Die Einteilung dabei in „gute“ und „schlechte“ Lebensmittel durch vereinfachte Kennzeichnungsmodelle und Bezeichnungen lehnen wir klar ab. Uns ist bewusst, dass bei weniger Zucker in festen Lebensmitteln nicht automatisch eine geringere Kalorienaufnahme einhergeht. Vielmehr kommt es darauf an, dass der Verbraucher die bereits vorhandenen Informationen besser zu deuten lernt. Das setzt ausreichende Ernährungsbildung voraus, die wir stärken wollen.