Öko-Progressives Netzwerk e.V.
Welche konkreten Maßnahmen im Bereich Klimaschutz plant Ihre Partei? Welches Potenzial sehen Sie dahingehend in Innovationen wie z.B. Gentechnik, Robotik und Carbon Capture and Storage/Utilization (CCS/CCU)?
Die FDP setzt auf den Emissionshandel und Technologieoffenheit, um die europäischen Klimaziele zu erreichen. Der Emissionshandel ist das effektivste und effizienteste Klimaschutzinstrument, da er ein klares Treibhausgaslimit vorgibt. Bis 2035 wollen wir die Systeme ETS 1 und 2 zusammenlegen, damit sie noch effizienter werden, und verbliebene Emissionsquellen wie die Abfall- und Landwirtschaft einbeziehen. Mittelfristiges Ziel ist eine einheitliche CO2-Bepreisung. Zudem muss schnellstmöglich ein internationales Emissionshandelssystem etabliert werden.
Wir setzen uns für eine innovationsfreundliche Regulierung der Entnahme, Nutzung und Speicherung von CO2 ein. Engstirnige Debatten über die Priorität der CO2-Vermeidung vor Carbon Capture and Storage (CCS) und Carbon Capture and Utilization (CCU) verzögern nur den Markthochlauf. Der Weltklimarat hat bereits klargestellt, dass die Nutzung dieser Technologien für das Erreichen der Klimaziele unabdingbar ist. Einen zusätzlichen Anreiz schaffen wir, indem wir negative Emissionen mit kostenlosen CO2-Zertifikaten belohnen.
Die Biotechnologie ist eine Schlüsseltechnologie für viele Herausforderungen des 21. Jahrhunderts wie die Bekämpfung von Hunger und zur Anpassung an den Klimawandel. Die Genschere CRISPR/Cas9 ermöglicht die Bearbeitung von DNA-Bausteinen in höchster Präzision, die Pflanzen resilienter macht. Wir setzen uns für innovationsfreundliche Regulierung ein, um die Chancen dieser Zukunftstechnologie vollumfänglich zu nutzen. Mit einer Biotechnologie-Agenda wollen wir eine Grundlage für den Einsatz der Biotechnologie in der EU schaffen.
Welche Aspekte sind für Ihre Partei entscheidend für die Landwirtschaft von morgen? Welche Rolle spielen Neue Genomische Techniken (NGT) dabei und welche Position nimmt Ihre Partei in den aktuellen Verhandlungen um eine neue NGT-Gesetzgebung ein?
Die Freien Demokraten sehen die Landwirtschaft als einen wichtigen Innovationsmotor für Deutschland und Europa. Für uns ist es von zentraler Bedeutung, dass Landwirtschaft sowohl produktiv als auch nachhaltig ist. In diesem Kontext betrachten wir Neue Genomische Techniken (NGT) als essentiell für die Zukunft der Landwirtschaft. Diese Technologien ermöglichen es, Pflanzen so zu züchten, dass sie resistenter gegenüber klimawandelbedingten Herausforderungen wie Hitze und Trockenheit sind und gleichzeitig den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln reduzieren können.
Die FDP unterstützt daher eine innovationsfreundliche Gesetzgebung im Bereich der NGT. Wir setzen uns für die Modernisierung des EU-Gentechnikrechts ein, um sicherzustellen, dass Landwirte Zugang zu diesen wichtigen Werkzeugen erhalten. Wissenschaftliche Erkenntnisse müssen die Basis für politische Entscheidungen bilden und regulatorische Hürden, die Innovationen behindern, müssen minimiert werden. Politische Scheindebatten wie Patentierungsfragen und Kennzeichnung verdecken den Nutzen der Technologie und bauen auf veralteten gesellschaftlichen Ängsten auf.
Den aktuellen Vorschlag der europäischen Kommission zur Ermöglichung von neuen Züchtungstechniken unterstützen wir ausdrücklich. Wir sind überzeugt, dass die Öffnung für wissenschaftliche Innovationen und deren zügige Umsetzung in der Landwirtschaft entscheidend sind für die globale Ernährungssicherheit und den Umgang mit den Herausforderungen des Klimawandels.
Die zirkuläre Bioökonomie befasst sich mit der nachhaltigen Nutzung biologischer Ressourcen und einer effizienten Kreislaufwirtschaft. Welchen Stellenwert nimmt dieses Konzept in Ihrer Partei ein? Falls zutreffend: Wie will Ihre Partei konkret den Umbau der Wirtschaft zur Bioökonomie fördern?
Die zirkuläre Bioökonomie hat für uns Freie Demokraten einen hohen Stellenwert, denn sie bietet Lösungen für zentrale globale Herausforderungen wie den Klimawandel, den Schutz natürlicher Ressourcen, die Sicherung der Welternährung und den Umgang mit der Endlichkeit fossiler Rohstoffe. Die Bioökonomie kann ein innovativer Ansatz sein, Produktionsmittel effizienter und nachhaltiger zu nutzen und biologische Prozesse weiterzuentwickeln. Beispiele wie die Herstellung von Klebstoffen aus Pflanzen, Smartphone-Displays aus Zucker oder T-Shirts aus Kaffeesatz zeigen das Potential dieser Technologien.
Dabei setzen wir auf die Förderung von Forschung und Entwicklung. Wir möchten Anreize schaffen für Unternehmen, die in die Entwicklung neuer biobasierter Technologien und Prozesse investieren. Durch Investitionen in Bildung und Forschung wollen wir das erforderliche Wissen und die technologischen Kapazitäten schaffen, um die Bioökonomie voranzutreiben. Staatliche Vorgaben wie Quoten sind aus unserer Sicht der falsche Weg. Dort, wo sich zirkuläre Bioökonomie für Unternehmen rechnet, haben die Marktteilnehmer ein Eigeninteresse, die zirkuläre Bioökonomie voranzutreiben. Unser Ansatz ist es, Rahmenbedingungen zu schaffen, die den Markteintritt für nachhaltige biobasierte Produkte erleichtern und die Kreislaufwirtschaft stärken. So verbinden wir Ökologie und Ökonomie zu einem Wirtschaftsmodell, das zukunftsfähig ist und langfristig Wohlstand sichert.
Welche konkreten Maßnahmen zum Schutz der Biodiversität plant Ihre Partei? Welche Rolle nehmen a) die Landwirtschaft und b) die Konzepte Rewilding/Restoration (Maßnahmen zur Wiederherstellung natürlicher Ökosysteme) dabei ein?
Wir setzen uns für unbürokratische Kooperationen von Landwirten und Naturschutzverbänden ein. Unserer Ansicht nach kann ein ergebnisorientierter Natur- und Artenschutz nicht durch pauschale Verbote oder Bewirtschaftungsauflagen gelingen. Vielmehr liegt der Schlüssel in standortangepassten Konzepten. So bietet der eigentumsfreundliche Vertragsnaturschutz wirksame Anreize für die Bewahrung und Wiederherstellung strukturreicher Agrarlandschaften und kann das Ausräumen von Feldholzinseln, Alleen, Hecken, Waldmänteln, Strauchgürteln, Blühflächen oder auch insektenreichen Feuchtbiotopen aus der Landschaft verhindern. Wir setzen uns zudem für die Überarbeitung des GAP-Strategieplans ein und wollen in einem ersten Schritt die Ökoregelungen vereinfachen, sodass Landwirte diese mehr in Anspruch nehmen. Wir wollen das Konzept der multifunktionalen Forstwirtschaft stärken. Angesichts der extremen Wetterereignisse und des massiven Schädlingsbefalls der jüngsten Vergangenheit setzen wir uns für eine echte Waldschutzoffensive ein. Dazu wollen wir die Waldbesitzer bei einer schnellen Schadholzbergung und -vermarktung und der Schädlingsbekämpfung unterstützen. Zudem setzen wir uns für den Wiederaufbau der Wälder mit klimaresilienten und standortgerechten Baumarten ein. Weltweit müssen wir wertvolle Waldökosysteme und Moore erhalten. Dafür müssen wir internationale Anreize schaffen – zum Beispiel durch Belohnung der langfristigen Bindung von CO2 durch das Emissionshandelssystem. Denn Wälder und Moore sind Hüter von Biodiversität und wirksame Kohlenstoffspeicher. Neben Emissionsminderungen sind Aufforstungen, unter anderem auch von Mangroven, und die Wiedervernässung von Mooren zurzeit ein verfügbares und bezahlbares Mittel. Ebenso wichtig wie Wälder an Land sind die Algenwälder, Seegraswiesen und das Phytoplankton der Meere, um Kohlenstoff aus der Atmosphäre zu speichern und Sauerstoff zur Verfügung zu stellen.
Die nachhaltige Versorgung der Bevölkerung mit proteinreichen Lebensmitteln stellt eine große Herausforderung dar. Welche Perspektiven sehen Sie in alternativen Möglichkeiten, wie pflanzlichen Proteinquellen oder neuartigen Verfahren wie der Präzisionsfermentation oder Fleisch aus Zellkultur?
Wir Freie Demokraten wollen Technologieoffenheit für die nachhaltige Landwirtschaft der Zukunft. Wir betrachten alternative Proteinquellen, wie pflanzliche Proteine, Präzisionsfermentation und Zellkultur-Fleisch, als zukunftsweisende Möglichkeiten, die sowohl die Nachhaltigkeit in der Lebensmittelproduktion fördern als auch wirtschaftliches Wachstum und technologische Innovation unterstützen können. In-vitro-Fleisch und durch Mikroorganismen produzierte Milch wollen wir in der EU zulassen. Wir setzen uns dafür ein, Rahmenbedingungen zu schaffen, die Innovationen in diesen Bereichen fördern und gleichzeitig Verbraucher aufklären und deren Vertrauen in neue Lebensmitteltechnologien stärken. Durch Investitionen in Forschung und Entwicklung sowie durch die Anpassung von Regulierungen können diese neuen Technologien effektiv unterstützt und in den Markt integriert werden, um die deutsche und europäische Wirtschaft zu stärken.
Wie planen Sie die Integration von wissenschaftlichen Institutionen und aktuellen Forschungsergebnissen in die Europäische Politik? Falls zutreffend: Wie will Ihre Partei die Interaktion von Politik und Wissenschaft fördern?
Die Freien Demokraten setzen sich für eine enge Verbindung zwischen Wissenschaft und Politik auf europäischer Ebene ein. Unser Ziel ist es, die bereits hervorragenden Forschungszentren innerhalb der EU stärker zu vernetzen, um den freien Austausch von wissenschaftlichen Erkenntnissen zu fördern. Dies soll unter anderem durch die Unterstützung bilateraler und multilateraler Kooperationen erreicht werden. Die Erweiterung des Programms Erasmus+ ist ebenfalls ein zentraler Punkt unserer Agenda. Es soll nicht nur die interkulturelle Verständigung fördern, sondern auch den Zugang zu bester Bildung über nationale Grenzen hinweg erleichtern. Die FDP betont die wichtige Rolle der Wissenschaft in der demokratischen Meinungsbildung. Wir stehen für eine sachliche und faktenbasierte Politik, bei der wissenschaftliche Erkenntnisse die Grundlage bilden, jedoch den politischen Diskurs nicht ersetzen.
Welche Strategie verfolgen Sie zur Förderung von fairen Arbeitsbedingungen und nachhaltigen Karriereperspektiven für junge Wissenschaftler*innen in der EU, um deren Abwanderung ("Brain Drain") zu verhindern?
Wenn Europa weiter in der internationalen Top-Liga spielen will, müssen wir im europäischen Wissenschaftssystems bessere Perspektiven für den Wissenschaftsnachwuchs schaffen. Derzeit belastet ein zu hoher Anteil befristeter Stellen in der Wissenschaft insbesondere junge Forscherinnen und Forscher. Wir wollen beispielsweise kurzzeitige Befristungen weiter eindämmen, die Planbarkeit und Verbindlichkeit von Karrierewegen erhöhen und partnerschaftliche Initiativen für cross-sektorale Personalentwicklung in Wissenschaft, Wirtschaft und Verwaltung unterstützen.
Wir Freie Demokraten wollen es auch einfacher machen, Bildungs- und Arbeitsangebote in der gesamten EU zu nutzen. Multinationale Hochschulen in Grenzregionen und Studiengänge sowie Prädoc- und Postdoc-Programme, die den Aufenthalt an mindestens zwei europäischen Hochschulen bzw. Forschungsinstituten bedingen, wollen wir besonders unterstützen. Das gilt insbesondere für Studiengänge mit einem Doppelabschluss an mehreren Universitäten. Das EU-Rahmenprogramm für Forschung und Innovation „Horizon Europe“ wollen wir weiterentwickeln und mit klaren Schwerpunkten insbesondere in den Bereichen Bio- und Gentechnologie, Energietechnik sowie Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) ausbauen. Mit der Weiterentwicklung des European Innovation Council zu einer Europäischen Agentur für Sprunginnovationen wollen wir disruptive Innovationen fördern. Darüber hinaus wollen wir eine europäische Venture-Capital-Verordnung, die beste Bedingungen für Wagniskapital schafft. So verhindern wir, dass die besten Ideen und Köpfe aus der EU abwandern, weil vor allem die zweite Finanzierungsrunde in der EU nicht mehr gestemmt werden kann.
Welche Technologien identifiziert Ihre Partei als Schlüsseltechnologien für die Zukunft und wie möchte Ihre Partei diese fördern? Wie setzen Sie sich für Innovation aus Europäischer Forschung sowie Unternehmenskultur ein?
Wir sehen beispielsweise in Künstlicher Intelligenz, der Bio- und Gentechnologie sowie der Energietechnik große Chancen, um die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu meistern. Wir sind jedoch der Ansicht, dass nicht die Politik festlegen sollte, welche Technologien Zukunftspotential haben. Wir setzen uns deshalb für Technologieoffenheit und innovationsfreundliche Regulierung ein, damit wir alle technologischen Optionen nutzen können. Wir wollen hierzu auch das Innovationsprinzip als Teil der „Grundsätze der besseren Regulierung“ verankern, um systematisch das Potential von Neuerungen zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger zu nutzen. Voraussetzung für Innovationen ist außerdem, dass wir die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Europa stärken, eine EU-Strategie für die Fachkräftegewinnung auflegen, die Forschung weiter fördern, Gründerinnen und Gründer stärken und Bürokratie, die wertvolle Ressourcen bindet und Fortschritt hemmt, abbauen. Am Ende entscheiden der freie Markt und der Wettbewerb, welche Technologien sich durchsetzen und erfolgreich sind. Unser Ziel ist es, Deutschland und Europa als führende Innovationsstandorte zu etablieren, indem wir sicherstellen, dass die besten Ideen hier entwickelt, gefördert und schließlich realisiert werden können.