KOK e.V. - Bundesweiter Koordinierungskreis gegen Menschenhandel

Mit welchen politischen Maßnahmen wird sich Ihre Partei für eine Stärkung zivilgesellschaftlicher Organisationen und Initiativen in Europa und gegen die in vielen Ländern zunehmende Einschränkung zivilgesellschaftlicher Handlungsspielräume einsetzen?

Für uns Freie Demokraten ist klar: Europa ist eine Wertegemeinschaft. Mit Sorge beobachten wir, wie in Teilen Europas radikale Kräfte diese Wertegemeinschaft in Frage stellen. Wir Freie Demokraten wollen ein freiheitliches, ein liberales, ein modernes und tolerantes Europa. 

Wir bekennen uns zur Universalität der Menschenrechte als Grundlage einer freien Gesellschaft. Wir fordern eine konsequente Menschenrechtspolitik der Europäischen Union, die entschieden gegen Unterdrückung und gruppenbezogene Feindlichkeit vorgeht. Wir wollen eine EU, die ihrer Vorbildrolle bei der Verteidigung von Menschenrechten und Freiheiten der Demokratie weiterhin gerecht wird. Vielerorts werden Frauenrechte wieder eingeschränkt, Pressefreiheit wird offen infrage gestellt, zivilgesellschaftliche Räume eingeschränkt. Das ist inakzeptabel und erfordert schnelle und konsequente Reaktionen, auch bei Angriffen durch Mitgliedstaaten in der EU.

Mit Blick auf die Pressefreiheit ist aus unserer Sicht eine unabhängige Medienaufsicht in der Union und den Mitgliedstaaten zentral. Gerade deshalb setzen wir uns für eine Verbesserung des vorgeschlagenen Medienfreiheitsgesetzes ein. Zivilgesellschaftliche Organisationen wie das Europäische Zentrum für Presse- und Medienfreiheit (ECPMF) sollen befähigt werden, sich europaweit für die Verteidigung der Presse- und Meinungsfreiheit sowie den Schutz von Medienschaffenden einzusetzen.

Mit welchen Maßnahmen wollen sie die Arbeits- und Lebensbedingungen aller Menschen in der EU verbessern und in Richtung einer Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse weiterentwickeln?

Wir Freie Demokraten wollen ein marktwirtschaftliches Europa, das sich durch dynamisches und nachhaltiges Wachstum auszeichnet. Dies wird nur möglich sein, wenn die Europäische Union die Herausforderungen von Digitalisierung, Entkarbonisierung und der geänderten geopolitischen Lage in Fortschritte des Wohlstands umsetzt. Das gilt für alle EU-Regionen. Zwar wird es, bedingt durch Geschichte und Wirtschaftsstruktur, stets nationale Unterschiede in der Prosperität in Europa geben. Gleichwohl muss gewährleistet sein, dass alle EU-Mitgliedstaaten am technologischen Fortschritt teilhaben können und einen vielversprechenden Platz in der weltwirtschaftlichen Arbeitsteilung finden. Dies erfordert auf nationaler Ebene öffentliche und private Investitionen in Bildung und Forschung sowie in die Energie-, Kommunikations- und Verkehrsinfrastruktur. Die EU muss dort unterstützen, wo Hindernisse für das Wachstum nur mithilfe der EU zu beseitigen sind, insbesondere im transnationalen Bereich. 

Arbeitslosigkeit und schlechte Zukunftsperspektiven sind nicht nur persönliche Schicksalsschläge, die sich auf die Lebensbedingungen der Menschen auswirken, sondern gefährden auch die politische Stabilität Europas. Neben Strukturreformen und einer Bekämpfung der Inflation setzen wir auf eine Stärkung der Europäischen Investitionsbank, die Umgestaltung der Strukturförderung im EU-Haushalt hin zu mehr Zukunftsinvestitionen und die Vertiefung des Binnenmarktes, gerade auch bzgl. der Möglichkeiten für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, sich in der gesamten Europäischen Union um Arbeit zu bemühen.

Welche Prioritäten setzt Ihre Partei in der europäischen Migrations- und Asylpolitik? Wie wollen Sie den Rückbau des individuellen Rechts auf Asyl aufhalten, Menschenrechte auch für Migrant*innen und Geflüchtete gewährleisten und Menschenrechtsverletzungen an den EU-Außengrenzen beenden?

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine sowie weitere Konflikte und Krisen in der Nachbarschaft Europas haben die Migration nach Deutschland und Europa in den letzten Jahren stark ansteigen lassen. Angesichts der hohen Flüchtlingszahlen sind die Aufnahmekapazitäten in vielen Kommunen erschöpft. Gleichzeitig nimmt die gesellschaftliche Akzeptanz für das Grundrecht auf Asyl und für den Flüchtlingsschutz in vielen europäischen Staaten, so auch in Deutschland, ab. Gerade im Interesse der tatsächlich Schutzberechtigten müssen wir in Europa irreguläre Migration begrenzen und dabei entschlossen handeln.

Es ist deswegen ein großer Erfolg, dass eine Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) endlich vereinbart werden konnte. Wichtig ist, dass rechtsstaatliche Asylverfahren künftig schon an den EU-Außengrenzen stattfinden. Wir befürworten einheitliche Aufnahmestandards, schnellere Asylverfahren, bessere und rechtstaatliche Verfahren zur Registrierung und Antragsbearbeitung, einen praktikablen Solidaritäts- und Krisenmechanismus und konsequente Rückführungen. Durch die Einrichtung Europäischer Asylzentren an den Außengrenzen, können unter Wahrung rechtlicher und humanitärer Standards Asylanträge zügiger bearbeitet und Rückführungen nicht bleiberechtigter Personen schneller durchgeführt werden. Nur so schaffen wir es, Ressourcen gezielt auf tatsächlich Schutzberechtigte zu verteilen und damit unsere humanitären Verpflichtungen zu erfüllen.

Es ist eine zivilisatorische und rechtliche Verpflichtung, Menschen nicht ertrinken zu lassen. Diese Aufgabe gehört in staatliche Hände und sollte von der EU-Grenzschutzagentur Frontex übernommen werden. Wir fordern daher einen schnelleren Ausbau von Frontex auf die vorgesehenen 10.000 Einsatzkräfte – begleitet von strukturellen Reformen und erweiterten Kontroll- und Transparenzmechanismen.

Werden Sie den Schutz der Betroffenen von Menschenhandel und den Zugang zu Unterstützung zur Priorität machen? Durch welche Maßnahmen auf europäischer Ebene kann dies aus Ihrer Sicht gelingen? Werden die geplanten Maßnahmen für alle Betroffenen, unabhängig ihrer Staatsangehörigkeit, umgesetzt?

Die Fragen 4, 6 und 8 werden gemeinsam beantwortet. 

Wir Freie Demokraten fordern eine konsequente Bekämpfung von Menschenhandel und Unterstützung der Betroffenen.

Aufgrund der oft grenzüberschreitenden Natur der einschlägigen Delikte kann eine erfolgreiche Bekämpfung des Menschenhandels nur im engen Austausch mit den europäischen Mitgliedstaaten sowie betroffenen Drittstaaten gelingen. Deswegen setzen wir uns für eine Verbesserung der Zusammenarbeit auf europäischer und internationaler Ebene ein. Ein zentraler Aspekt ist für uns die Verbesserung der Koordinierung der europäischen Strafverfolgung. Betriebe und Profiteure von Zwangsprostitution und Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung müssen europaweit unter Einbeziehung von Europol und Eurojust besser geahndet werden können. Initiativen, die insbesondere eine verbesserte Koordinierung der internationalen Strafverfolgung fördern, begrüßen wir.  Wir setzen uns auf europäischer Ebene weiterhin für den Ausbau der Anti-Menschenhandel-Koordinatorenstelle der EU ein. Wir wollen fortwährend die unabhängigen spezialisierten Beratungsstellen sowie deren Vernetzung fördern und den grenzübergreifenden Kampf gegen Menschenhandel vorantreiben.

Wie wollen Sie der Ausbeutung von Arbeitskräften (auch grenzüberschreitend) entgegenwirken? Welche Rolle spielen für Sie dabei der Schutz und die Rechte von Wanderarbeitnehmer*innen?

Die grundlegenden Menschenrechte sind durch die von Deutschland ratifizierten Menschenrechtsübereinkommen geschützt (u. a. im Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte). Sie erfahren in der Internationalen Konvention zum Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen eine Mehrfachregelung.

Mit dem zu entwickelnden Nationalen Aktionsplan gegen Arbeitsausbeutung und Zwangsarbeit (NAP) sollen bestehende Maßnahmen ausgebaut und in eine kohärente nationale Strategie integriert werden. Der NAP wird den Fokus präventiv auf die Veränderung von wirtschaftlichen, sozialen und rechtlichen Rahmenbedingungen legen, die bisher zu einem erhöhten Risiko von Arbeitsausbeutung beitragen. Am 4. September 2023 hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hier einen Aufschlag gemacht.

Wie wollen Sie die Kooperation bei der Ermittlung und Strafverfolgung in grenzüberschreitenden Fällen von Menschenhandel verbessern?

Vergleiche Antwort auf Frage 4.

Wie stehen Sie zur Etablierung eines europäischen Verweismechanismus in Fällen von Menschenhandel? Welche Prioritäten sollte dieser haben? Wie werden Sie im Rahmen dessen die Identifizierung von Betroffenen von Menschenhandel länderübergreifend strukturell sicherstellen?

Im Kampf gegen den Menschenhandel gab es zuletzt auf europäischer Ebene eine Einigung über die Richtlinie zur Bekämpfung des Menschenhandels. Vorgesehen ist, dass formelle Verweismechanismen in allen Mitgliedstaaten verbindlich werden. Das wird die frühzeitige Identifizierung von Betroffenen und die Vermittlung von Unterstützungs- und Hilfsangeboten verbessern. 

Welche Bedeutung messen Sie der Europäischen Strategie zur Bekämpfung des Menschenhandels bei?

Vergleiche Antwort auf Frage 4.

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