Deutscher Forstwirtschaftsrat e. V.
Holz ist ein wichtiger Rohstoff zur Erreichung der Klimaschutzziele (European Bauhaus, Green Economy): Wie sehen Sie in dem Zusammenhang die Bestrebungen zu einer extensiveren Bewirtschaftung und großflächigen Stilllegungen von Wäldern?
Wir sehen in großflächigen Stilllegungen von Wäldern keinen Mehrwert und wollen aktive Waldwirtschaft fördern.
16 Mio. europäische Waldbesitzer, überwiegend Eigentümer kleiner Waldflächen, leiden unter steigender Bürokratie. Wie wollen Sie bei laufenden und zukünftigen Gesetzesinitiativen (bspw. EUDR) diese Belastungen reduzieren oder ausgleichen?
Wir wollen die Europäische Union von unnötiger Bürokratie befreien. Dazu gehört auch die Selbstbeschränkung, bei neuen Rechtsakten nicht noch weitere Bürokratie zu schaffen. Viele von der EU-Kommission unter der Führung von Ursula von der Leyen (CDU) geplante Maßnahmen belasten die Forstwirtschaft enorm. Die Ansätze im Rahmen des sogenannten Green Deals setzen an der falschen Stelle an. Die EUDR etwa halten wir für ein Negativbeispiel – diese bürokratische Fessel muss von der nächsten Kommission gemeinsam mit dem EU-Parlament gelöst werden.
Wälder stellen viele Ökosystemleistungen bereit. Was wollen Sie auf der europäischen Ebene tun, um den Waldeigentümern Einkommen nicht nur aus Holz, sondern z.B. auch aus Leistungen für den Wasserhaushalt, die Biodiversität oder den Naturtourismus zu ermöglichen?
Unsere Wälder sind viel mehr als ein Rohstofflieferant. Sie sind Wasserspeicher, Erholungsorte und besonders auch Klimaschützer. Wir Freie Demokraten wollen die multifunktionale Ökosystemleistung des Waldes marktwirtschaftlich honorieren. Wälder sollen voll in den europäischen Emissionshandel integriert werden – und Waldeigentümer sollen eine Vergütung für die CO2-Senkenleistung erhalten.
Die EU hat keine direkte forstwirtschaftliche Kompetenz, jedoch wirken sich die Zuständigkeiten Umwelt, Klima, Landwirtschaft, Energie und EU-Binnenmarkt deutlich auf unsere tägliche Arbeit aus. Wie wollen Sie hierbei einen Folgenausgleich umsetzen und das Bottom-up-Prinzip für den Forstsektor wahren?
Wir Freie Demokraten stehen zum Subsidiaritätsprinzip und zum Bottom-up-Ansatz in der europäischen Forstpolitik. Entscheidungen auf europäischer Ebene müssen transparent und mit ausreichender Beteiligung von Betroffenen getroffen werden – nur dann können die vielfältigen spezifischen Bedürfnisse in der gesamten EU berücksichtigt werden. Darüber hinaus brauchen wir insbesondere auch eine ökonomische Folgenabschätzung bei geplanten Rechtsakten, deren Ergebnisse auch beachtet werden.
Uns ist es wichtig, Forschung und Innovationen zu fördern. Starre und wenig veränderliche Vorgaben passen nicht dazu – wir Freie Demokraten wollen deshalb Öffnungsklauseln für Innovationen sowie Sunset-Klauseln für europäische Rechtsakte.
Waldumbau und naturnahe Waldbewirtschaftung brauchen Fachkräfte. Welche Initiativen planen Sie, um genügend Arbeitnehmer auf dem europäischen Arbeitsmarkt für diese Aufgaben zu qualifizieren und deren Mobilität auch über die Grenzen der Mitgliedsstaaten hinweg zu fördern?
Wir Freien Demokraten setzen uns für die Förderung von Fachkräften im Bereich des Waldumbaus und der naturnahen Waldbewirtschaftung ein. Um genügend qualifizierte Arbeitskräfte für diese Aufgaben zu gewinnen und ihre Mobilität über die Grenzen der Mitgliedstaaten hinweg zu fördern, fordern wir eine EU-Strategie für die Fachkräftegewinnung. Unser Ziel ist ein weitgehend harmonisiertes Fachkräfteeinwanderungsrecht, das auch Drittstaatsangehörigen unkomplizierte Mobilität zum Zwecke der Erwerbstätigkeit ermöglicht. Wir wollen bürokratische Hürden bei der Anerkennung von im Ausland erworbenen Qualifikationen abbauen, um die Mobilität von Arbeitskräften innerhalb der EU zu erleichtern. Darüber hinaus fördern wir den Ausbau von Austausch- und Mobilitätsprogrammen, wie zum Beispiel Erasmus+, zwischen EU-Mitgliedstaaten. Dadurch möchten wir den Wissenstransfer und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit – auch im Bereich der Waldbewirtschaftung – stärken.
Allein seit 2019 gab es über 75 den Wald betreffende EU-Initiativen aus vielen verschiedenen Generaldirektionen: Wie wollen Sie die forstlichen Fachverbände und Expertengruppen einbinden, um deren Expertise frühzeitig einfließen zu lassen?
Verbände, deren Interessen von einem Rechtsakt betroffen sind, müssen sehr frühzeitig und eng eingebunden werden. Wir wollen keine Politik gegen die Bürgerinnen und Bürger machen – die EU lebt davon, Menschen mitzunehmen. Dabei ist uns die Achtung des Eigentumsgrundrechts ein besonderes Anliegen.
Durch den voranschreitenden Klimawandel verändern sich viele ausgewiesene NATURA 2000-Lebensraumtypen an ihrem Standort unaufhaltsam. Eine statische Bewahrung verbietet sich dadurch. Welche dynamischen Ansätze sind aus Ihrer Sicht erforderlich, um die Richtlinie zukunftsfit anzupassen?
Die Einführung der NATURA 2000-Gebiete hat bereits für eine sichtliche Erhöhung der Biodiversität in der gesamten EU geführt. Damit die Wirkung von EU-Recht ehrlich überprüft wird, sprechen wir Freie Demokraten uns für Sunset-Klauseln in den EU-Rechtsakten aus. Damit kann sichergestellt werden, dass nicht mehr benötigte Schutzgesetze auch tatsächlich abgeschafft oder novelliert werden.
Bekennen Sie sich zum Prinzip der multifunktionalen Forstwirtschaft auf großer Fläche gemäß der Definition von Forest Europe (SFM) oder sehen Sie in einer segregativen Ausrichtung die Zukunft der Forstwirtschaft in Europa?
Wir Freien Demokraten bekennen uns zur multifunktionalen Forstwirtschaft. Die Anerkennung der Nutzfunktion, Schutzfunktion und Erholungsfunktion ist Wesenskern des deutschen Bundeswaldgesetzes – ebenso sehen wir es in Europa.