Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft

1. Inwieweit setzt sich Ihre Partei für den Erhalt der integrierten Bahnunternehmen in Deutschland und in Europa bzw. gegen die Trennung von Netz und Betrieb ein, und wie stehen Sie zu Privatisierungsideen im Bus- und Bahnbereich?

Wir Freie Demokraten wollen Infrastruktur und Bahnbetrieb trennen und den Betrieb privatisieren, so wie das heute schon in anderen europäischen Ländern der Fall ist. Das Netz soll im Eigentum des Bundes bleiben. Durch eine organisatorische Trennung kann sich der Bund voll auf die Bereitstellung und Modernisierung der Infrastruktur konzentrieren. Auf der Schiene können Bahnunternehmen wiederum in Wettbewerb miteinander treten. Kunden profitieren hierdurch von niedrigeren Preisen, mehr Service und einem besseren Angebot im Bahnverkehr. Mit mehr Wettbewerb, mehr Digitalisierung und niedrigeren Trassenpreisen für die Nutzung der Schienenwege können mehr Personen für die Nutzung der Bahn gewonnen werden.

2. Welche konkreten Ziele für die Marktanteile des Schienenverkehrs in Europa fordert Ihre Partei und welche konkreten Maßnahmen für eine klimagerechte Verkehrs- und Mobilitätswende und einen flächendeckenden Ausbau des Bahn- und Busverkehrs wollen Sie ergreifen?

Für uns ist der Emissionshandel das effektivste und effizienteste Instrument zum Erreichen der Klimaziele, da er ein klares Treibhausgaslimit vorgibt. Bis 2035 wollen wir die Systeme ETS 1 und 2 zusammenlegen, damit sie noch effizienter werden, und verbliebene Emissionsquellen wie die Abfall- und Landwirtschaft einbeziehen. Es muss das Ziel sein, schnellstmöglich ein internationales Emissionshandelssystem zu etablieren. Unter dem Dach des Emissionshandels muss Technologieoffenheit möglich sein. Weitere Lenkungsmaßnahmen, wie eine nationale CO2-Steuer, sind nicht nötig. Statt staatlicher Preissetzung setzen wir auf die Effekte des Wettbewerbs, um kostengünstig und effizient CO2 einzusparen. Durch eine leistungsfähige Schieneninfrastruktur sowie die Steigerung des Wettbewerbs im Schienenverkehr versprechen wir uns auch eine Stärkung der Schiene mit der Folge höherer Passagierzahlen und Gütermengen.

3. Inwieweit setzt sich Ihre Partei dafür ein, dass der Schienengüterverkehr zu einer Dienstleistung von allgemeinem Interesse erklärt wird, was den EU-Mitgliedstaaten ermöglicht, diesen ökologischen Schlüsselsektor mit Beihilfen zu unterstützen?

Wir Freie Demokraten sind der Auffassung, dass dem Verkehrsträger Schiene eine bedeutende Rolle bei der Mobilität und im Güterverkehr zusteht. Unter FDP-Verkehrsminister Volker Wissing haben wir einen Paradigmenwechsel bei der Bahninfrastruktur eingeläutet. Mit der DB InfraGO AG startete das größte Infrastrukturprogramm der DB-Geschichte, welches partnerschaftlich mit allen Akteuren ins Leben gerufen wurde. Unser Schwerpunkt liegt auf dem Investitionshochlauf bei der Schiene. Dafür stehen bis 2027 rund 11,5 Milliarden Euro mehr als bisher im Haushalt des Verkehrsministerium. Weitere 20 Milliarden Euro sind bis 2029 als Eigenkapitalerhöhung bei der Deutschen Bahn AG vorgesehen. Allein in 2024 sind es 5,5 Milliarden Euro.

4. Inwieweit will Ihre Partei den Vorrang der gemeinwirtschaftlichen Verkehre und Direktvergaben als eine gleichwertige Alternative zur Ausschreibung stärken und sich dafür einsetzen, bei Betreiberwechseln den Übergang der Beschäftigten zu mindestens den bisherigen Bedingungen vorzuschreiben?

Mit dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, der Vergabeverordnung und der Unterschwellenvergabeordnung ist das Vergaberecht in Deutschland gut aufgestellt und orientiert sich an den maßgeblichen Grundprinzipien Wettbewerb, Transparenz, Gleichbehandlung, Nichtdiskriminierung und Verhältnismäßigkeit. Wir setzen uns jedoch für schnellere Investitionsentscheidungen der öffentlichen Hand unter anderem durch Vereinfachung des Vergaberechts ein. Dazu sollte das elektronische Vergabeverfahren gestärkt und die Vergabeverfahren generell länderübergreifend harmonisiert werden, zum Beispiel durch die Pflicht zur Nutzung einheitlicher Formulare und Formulierungen.

5. Was will Ihre Partei für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Verkehrssektor tun und was konkret um die Beschäftigten bei den Bussen und Bahnen in Europa vor Missbrauch von Werkverträgen sowie sogenannter Sub-Ketten und vor Nicht-Einhaltung von Fahr- und Ruhezeiten zu schützen?

Wir Freie Demokraten setzen uns klar für die Einhaltung gesetzlich festgeschriebener Arbeitsschutzregularien ein. Verstöße müssen überall in der Europäischen Union konsequent geahndet werden.

6. Inwieweit will sich Ihre Partei bei der Überarbeitung der europäischen Triebfahrzeugführerschein-Richtlinie (2007/59/EG) dafür einsetzen, im grenzüberschreitenden Eisenbahnverkehr mindestens das bestehende Sprachniveau B1 in der Sprache der Infrastruktur beizubehalten?

Der Nachweis spezieller Sprachkenntnisse bei Lokführern stellt einen Wettbewerbsnachteil gegenüber dem Straßengüterverkehr dar. Lkw-Fahrer müssen einen solchen nicht erbringen, wenn sie im grenzüberschreitenden Verkehr unterwegs sind, ohne dass es zu einer Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit kommt. Erst auf langen Distanzen gewinnt der Schienengüterverkehr an Attraktivität und wird gegenüber dem Lkw wettbewerbsfähig. Diese Hürden sollten abgebaut werden, damit ein einheitlicher europäischer Eisenbahnraum seine Stärken voll ausspielen kann.

7. Inwieweit setzt sich Ihre Partei dafür ein, den Einzelwagen-Güterverkehr und insbesondere die europaweite Einführung der Digitalen Automatischen Kupplung (DAK) – inklusive der Umschulung der Beschäftigten – zu fördern?

Die Digitale Automatische Kupplung ist ein zentrales Instrument zur Steigerung der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit insbesondere des Einzelwagenverkehrs und sollte daher bis Ende des Jahrzehnts europäischer Standard sein. Die Einführung wollen wir auch durch eine gezielte Förderung beschleunigen.

8. Wie will Ihre Partei die europäischen sektoralen Sozialen Dialoge Eisenbahn und ÖPNV stärken, damit Beschäftigtenvertreter stärker in direkte und transparente Dialoge mit der Europäischen Kommission zur europäischen Gesetzgebung einbezogen werden?

Wir Freie Demokraten sehen den entwickelten Sozialen Dialog als gutes Instrument, um Beschäftigtenvertreter stärker bei europäischer Gesetzgebung einzubeziehen. Der Dialog ist zudem ein Stabilisierungsfaktor für den wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt in Ländern, die zuletzt in die Europäische Union aufgenommen wurden. Er stärkt den Zusammenhalt neuer EU-Mitglieder im europäischen Binnenmarkt. Vorstellbar ist für uns, dass die Kommission die Sozialpartner zu der Frage, wie eine Unionsmaßnahme ausgerichtet werden soll, noch früher anhört.

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