DER Agrarhandel e.V.

Wie sieht nach Ihrer Vorstellung ein Weg aus, Lebensmittel nachhaltiger zu produzieren, ohne gleichzeitig die Ernährungssicherheit in Europa sowie die Wettbewerbsfähigkeit und wichtige Exportmärkte europäischer Unternehmen zu gefährden?

Wir Freie Demokraten wollen das Ursprungsziel der Gemeinsamen Agrarpolitik, dass die Mitgliedstaaten der Europäischen Union weiterhin einen zukunftssichernden Beitrag zur Ernährung leisten, wieder mehr in den Vordergrund rücken. Die unter der Führung von Ursula von der Leyen (CDU) angestoßenen Vorhaben im Rahmen des EU Green Deal bringen eine Vielzahl von Auflagen, Verboten und bürokratische Belastungen, vor allem für die Landwirte, mit sich. Wir wollen daher eine Regulierungspause für den Green Deal. Es braucht zunächst eine Folgenabschätzung der geplanten Maßnahmen. Wir sehen Innovationen und technologischen Fortschritt als wesentliche Elemente, dass unsere unternehmerische Landwirtschaft auch in Zukunft sichere Nahrungsmittel erzeugen kann und die Natur dabei durch gute fachliche Praxis geschützt wird.

Sind Sie dafür, die Agrarmärkte weiter zu globalisieren und mit Handelsabkommen weitere Märkte für europäische Agrarexporte zu öffnen bzw. die europäischen Agrarmärkte für mehr Importe zu öffnen?

Deutschland ist eine Exportnation. Millionen Arbeitsplätze, auch viele davon in der Agrarbranche, hängen hierzulande vom Handel mit anderen Ländern ab. Wir Freie Demokraten wollen daher die Chancen des Freihandels nutzen und den Tendenzen des Protektionismus, die weltweit wachsen, entgegenwirken. Wir wollen einen fairen, regelbasierten und verantwortungsbewussten Freihandel auf Basis einer reformierten Welthandelsorganisation und dabei die wirtschaftliche Stärke Deutschlands und der EU nutzbringend einsetzen. Wir fordern einen neuen Anlauf für ein Freihandelsabkommen mit den USA. Auch setzen wir uns weiterhin für einen Abschluss des Freihandelsabkommens mit den Mercosur-Staaten ein. Bei der Zusammenarbeit mit den ASEAN-Staaten muss das langfristige Ziel eine gemeinsame Freihandelszone mit der EU sein.

Gibt es einen Plan B für den Fall, dass die Sorgfaltspflichten in der Lieferkette mit den Handelspartnern in Drittstaaten nicht durchzusetzen sind und sich diese lieber andere Absatzwege suchen? Wenn ja, wie sieht dieser Plan aus, um Europa nicht aus wichtigen Handelsketten auszuschließen?

Wir Freie Demokraten haben uns gegen die europäischen Lieferkettenrichtlinie, die die EU-Kommission unter der Führung von Ursula von der Leyen (CDU) auf den Weg gebracht hat, gewehrt und nur durch unseren Einsatz wurde diese von der Kommission abgeschwächt. Um Europa nicht von wichtigen Handelsketten auszuschließen und kleinere und mittlere Unternehmen nicht durch den Kaskadeneffekt zu belasten, setzen wir uns für eine praktikable Umsetzung ein. Insbesondere der deutsche Mittelstand darf nicht weiter überfordert werden, weshalb es auf eine bürokratiearme Umsetzung ankommt, um Wachstumspotenziale nicht zu konterkarieren. Hierbei müssen alle Spielräume genutzt werden, um unverhältnismäßige und praxisferne Belastungen für die Wirtschaft zu verhindern. Daher sollte das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) bis zum Inkrafttreten der EU-Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) ausgesetzt werden.

Sind Sie der Auffassung, dass es im Bereich des Einsatzes von Düngemitteln und Pflanzenschutzmitteln quantitative Reduktionsziele geben sollte? Wenn ja, wie sollen diese ordnungspolitisch umgesetzt werden und wie hoch sollte eine Reduktion Ihrer Meinung nach sein?

Wir Freie Demokraten wollen Dünge- und Pflanzenschutzmittel durch Innovationen und digitale Technologien gemeinsam mit den Landwirten reduzieren. Pauschale Verbote und Reduktionsvorgaben ohne Landwirten Alternativen aufzuzeigen und Handlungsspielräume an die Hand zu geben, gefährden die Produktion von gesunden Agrarrohstoffen. Wir wollen daher eine Regulierungspause für den Green Deal. Es braucht zunächst eine Folgenabschätzung der geplanten Maßnahmen. Durch die engagierte gemeinsame Arbeit der Agrarbranche mit uns Freien Demokraten sind die Pläne der EU-Kommission für eine Pflanzenschutzmittel-Verordnung (SUR) zu Recht gescheitert. Wir fordern vielmehr die Zulassung neuer Züchtungsmethoden, eine einfachere Zulassung von Pflanzenschutzmitteln bzw. deren Wirkstoffen auf EU-Ebene und ein Digitalisierungspaket für die GAP, damit unsere Agrarbranche nicht weiter an Wettbewerbsfähigkeit durch EU-Vorgaben einbüßen muss.

Sind Sie für den Einsatz neuer Züchtungstechniken? Plädieren Sie für eine Kennzeichnung neuer Züchtungstechniken durch die gesamte Lebensmittelkette? Welche Lösungsansätze sehen Sie, um in diesem Zusammenhang einen rechtssicheren Rahmen im internationalen Handel zu schaffen?

Wir Freie Demokraten sehen die Chancen neuer Züchtungstechniken. Wir sehen angesichts aktueller und auch aufkommender Herausforderungen wie zunehmender Ressourcenknappheit, Klimawandel und wachsender Weltbevölkerung in der Pflanzenforschung und -züchtung einen wesentlichen Baustein, die landwirtschaftliche Produktion nachhaltiger zu gestalten und besser an sich wandelnde Umweltbedingungen anzupassen. Neue Züchtungstechniken, wie das Genome Editing, liefern bereits heute vielversprechende Antworten auf veränderte Umweltbedingungen. Wir fordern, dass das EU-Gentechnikrecht schnell überarbeitet wird und neue Züchtungsmethoden in der EU zugelassen werden. Nachdem das EU-Parlament dem Vorhaben grünes Licht gegeben hat, kommt es darauf an, dass sich unter den Mitgliedstaaten eine Mehrheit dafür findet. Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) hat immer deutlich gemacht, dass es in Deutschland mit den Freien Demokraten eine Stimme in der Regierung gibt, die eine wissenschaftsbasierte und fortschrittliche Position vertritt und vorantreibt.

Mit welchen konkreten Maßnahmen sollen in der nächsten Legislatur wirkliche Bürokratieentlastungen für die Agrarhandelsbranche erreicht werden?

Vor allem die immer weiter zunehmenden Bürokratielasten ersticken neues Wirtschaftswachstum im Keim. Unter EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) wurde fortlaufend zusätzliche Bürokratie geschaffen. Mittlerweile sind 57 Prozent der bürokratischen Belastungen in Deutschland auf EU-Gesetze zurückzuführen. Unternehmen, insbesondere kleine und mittlere Betriebe, sowie Selbstständige sehen sich angesichts dieser Regulierungswut gezwungen, wertvolle Energie und Zeit für die Bewältigung immenser bürokratischer Anforderungen aufzuwenden. Wir Freie Demokraten wollen deshalb eine Trendwende für einen radikalen Bürokratieabbau einleiten. Dazu fordern wir einen „Bureaucracy Reduction Act“. Wir wollen die Wirtschaft von mindestens 50 Prozent der Bürokratielasten befreien. Für jede neue Belastung durch EU-Regulierung müssen im Gegenzug gemäß der „One in, two out“-Regel bestehende Belastungen konsequent in doppeltem Umfang abgeschafft werden. Wir fordern eine systematische Erfassung der Bürokratiekosten resultierend aus EU- Rechtsvorschriften und einen systematischen Berichtspflichten-Check durch die EU-Kommission, um doppelte Berichtspflichten zu identifizieren und zusammenzuführen oder abzuschaffen. Wir fordern außerdem ein einheitliches digitales Meldeportal, das Unternehmen relevante Informationen gebündelt bereitstellt und eine unkomplizierte zentrale Einreichung von Berichten ermöglicht.

Was sind Ihrer Ansicht nach die größten Herausforderungen im Bereich der Agrarlogistik und mit Hilfe welcher Maßnahmen wollen Sie diesen begegnen? Wird sich die deutliche Steigerung der LKW-Mautgebühren auf die Verbraucherpreise auswirken? Und wenn ja, wie hoch schätzen Sie diesen Effekt ein?

Die Infrastruktur ist das Fortschritts- und Wohlstandsfundament unseres Landes. Sie ist Grundlage für die individuelle Mobilität der Bürgerinnen und Bürger – und Voraussetzung für funktionierende Wertschöpfungs- und Logistikketten des Agrarhandels. Die Infrastruktur in Deutschland ist durch jahrelange Vernachlässigung vielerorts marode. Wir Freie Demokraten sorgen bereits mit mehr Investitionen und beschleunigter Planung für eine schnelle Modernisierung. Zudem wollen wir dem Fahrermangel entgegenwirken. Das Bundesverkehrsministerium kümmert sich um das Thema ganz konkret in mehreren Arbeitsgruppen. Der Verkehrsträger Straße wird auch weiterhin die dominante Rolle beim Güterverkehr einnehmen, weshalb eine Stärkung des Verkehrsträgers notwendig ist. Die Einführung einer CO2-Komponente in der Maut ist mit Inkrafttreten der neuen europäischen Wegekostenrichtlinie bereits ab 25. März 2024 bindend, weshalb allein das Europarecht eine Reform der Lkw-Maut notwendig gemacht hat. Die zusätzlichen Kosten haben Schätzungen zur Folge im Hinblick auf die Endverbraucherpreise geringe Auswirkungen (vgl. Gutachten der TTS TRIMODE Transport Solutions GmbH „Der Anteil von Transportkosten am Produktwert transportierter Güter“ im Auftrag des BMDV vom November 2022).

Sollte die Unternehmensbesteuerung innerhalb der EU eine weitere Harmonisierung erfahren?

Grundsätzlich setzen wir uns für eine Harmonisierung der Bemessungsgrundlage ein, d.h. ein Level-playing-field in Europa. Die Festlegung der genauen Steuersätze ist aber Ländersache.

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