IHK Schwaben
Mit welchen Maßnahmen wird Ihre Partei die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Europa stärken?
Wir brauchen mehr Wettbewerb, mehr freien Handel und bessere Bedingungen für private Investitionen und Gründungen. Wir wollen die Wirtschaft von mindestens 50 Prozent der Bürokratielasten befreien. Für jede neue Belastung durch EU-Regulierung müssen im Gegenzug gemäß der „One in, two out“-Regel bestehende Belastungen in doppeltem Umfang abgeschafft werden. Jedes Gesetz soll künftig einen KMU-Test durchlaufen, der die Auswirkungen auf kleine und mittlere Unternehmen (KMU) kritisch durchleuchtet. Durch einen Berichtspflichten-Check sollen doppelte Berichtspflichten zusammengeführt oder abgeschafft werden. Wir wollen Freihandelsabkommen insbesondere mit den USA, den Mercosur-Staaten und weiteren Partnern abschließen. Die FDP setzt auf Technologieoffenheit, damit Europa im Technologiewettbewerb bestehen kann und für die besten Forscherinnen und Forscher attraktiv bleibt. Für Gründerinnen und Gründer wollen wir den Zugang zu Wagniskapital verbessern.
Wie steht Ihre Partei zur Vertiefung des EU-Binnenmarktes und mit welchen Maßnahmen wollen Sie diese umsetzen?
Wir streben eine Vertiefung des Binnenmarktes an, insbesondere für Arbeit, Energie, Kapital und digitale Dienstleistungen. Wir setzen uns für den Ausbau des digitalen Binnenmarkts und den Abbau nationaler Schranken ein. Es soll einfacher werden, digitale Geschäftsmodelle zu skalieren, grenzüberschreitende Start-ups zu gründen und Mitarbeiter aus verschiedenen EU-Ländern zu beschäftigen. Mobilfunkanbieter sollten ihre Dienste im gesamten Binnenmarkt anbieten dürfen. Die Vollendung der Wirtschafts- und Währungsunion sowie die Vertiefung der Kapitalmarktunion sind wichtige Ziele. Denn die Kapitalmarktunion ist ein Booster für private Investitionen. Außerdem muss das Stromnetz zwischen den Mitgliedstaaten ausgebaut und der Europäische Energiebinnenmarkt geschaffen werden. Wir halten es auch für sinnvoll, die Bedeutung des Europäischen Binnenmarkts für verstärkte gemeinsame Beschaffung im medizinischen Bereich zu nutzen, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.
Wie steht Ihre Partei zu einem Belastungsmoratorium für die Wirtschaft, das (temporär) auf zusätzliche regulatorische Belastungen verzichtet?
Vor allem die immer weiter zunehmenden Bürokratielasten aus der EU ersticken neues Wirtschaftswachstum im Keim. Deshalb unterstützen wir ein Belastungsmoratorium für die europäische Wirtschaft. Die Bundesregierung hat bereits im Herbst 2022 ein Belastungsmoratorium beschlossen, das aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Schwächephase stärker und verbindlicher umgesetzt werden soll. Wir setzen uns dafür ein, alle politischen Vorhaben systematisch auf Belastungen zu überprüfen und das Belastungsmoratorium zu einer Belastungsgesamtrechnung weiterzuentwickeln, die gesetzlich verankert wird. Darüber hinaus fordern wir eine Regulierungspause beim Green Deal. Unternehmen brauchen zunächst ausreichend Spielraum, um die bereits festgelegten Ziele umzusetzen.
Wie steht Ihre Partei zu einer Anhebung der Schwellenwerte (akt. aus dem Jahr 2003) bis zu denen ein Unternehmen als „KMU“ gilt?
Wir Freie Demokraten wollen die KMU-Definition auf EU-Ebene an die Lebensrealität anpassen. Unternehmen mit mittelgroßer Kapitalisierung („Small Mid Caps“) und größerer Kapitalisierung („Mid Caps“) sollen zukünftig ebenfalls als europäischer Mittelstand definiert werden. Zudem muss die Mitarbeitergrenze von 250 auf 1.250 Mitarbeiter angehoben werden.
Wie steht Ihre Partei zum Abschluss neuer Handelsabkommen der EU mit Drittstaaten?
Ein wichtiger Schlüssel für eine souveräne EU, die Wirtschaftswachstum, Innovationen und Wohlstand ermöglicht, ist Freihandel weltweit. Wir Freie Demokraten stehen für fairen, regelbasierten und verantwortungsbewussten Handel, mit einer reformierten Welthandelsorganisation (WTO) als Grundlage. Unser Ziel ist eine Weltfreihandelszone der Demokratien. Wir fordern einen neuen Anlauf für ein Freihandelsabkommen mit den USA. Die EU-Kommission muss den Einsatz für einen transatlantischen Wirtschaftsraum zu einer Priorität ihrer Arbeit machen. Wir setzen uns weiterhin für einen Abschluss des Freihandelsabkommens mit den Mercosur-Staaten ein. Bei der Zusammenarbeit mit den ASEAN-Staaten muss das langfristige Ziel eine gemeinsame Freihandelszone mit der EU sein. Mit Indien wollen wir mindestens ein Abkommen über einzelne Bereiche abschließen – Ziel bleibt ein umfassendes Freihandelsabkommen. Mit Taiwan streben wir ein Freihandels- und Investitionsabkommen an.
Sollten Sozial-, Umwelt- und Klimaschutzstandards wichtiger Teil von Handelsabkommen der EU mit Drittstaaten sein?
Wir wollen Freihandelsabkommen stärker nach geostrategischen Gesichtspunkten ausrichten, ihre Inhalte auf die wesentlichen Ziele fokussieren und eine Überladung mit zusätzlichen Themen und Pflichten verhindern. Handelsabkommen sollen individuell mit unseren Partnern erarbeitet werden, statt einem „One size fits all“-Schema zu folgen. Wir setzen auf den Emissionshandel und Technologieoffenheit, um die europäischen Klimaziele zu erreichen. Der Emissionshandel ist das effektivste und effizienteste Klimaschutzinstrument, da er ein klares Treibhauslimit vorgibt. Bis 2035 wollen wir die Systeme ETS 1 und 2 zusammenlegen und verbliebene Emissionsquellen einbeziehen. Mittelfristiges Ziel ist eine einheitliche CO2-Bepreisung. Damit Klimaschutz international gelingt, wollen wir schnellstmöglich ein internationales Emissionshandelssystem etablieren. Dazu muss der gegründete Klimaclub erweitert und durch ein Abkommen über die Angleichung eines einheitlichen Emissionshandelssystems ergänzt werden.
Wie steht Ihre Partei zum Merit Order-Prinzip im Europäischen Strommarkt?
Für die Energiewende fordern wir Freie Demokraten ein neues marktwirtschaftliches Strommarktdesign, um eine klimaneutrale, sichere und kostengünstige Energieversorgung zu ermöglichen. Wir wollen, dass Langfristverträge für Kleinunternehmen zugänglicher werden. Bei der Preisbildung soll die lokale Verfügbarkeit von Strom eine Rolle spielen. Energiespeicher und Erneuerbare Energien müssen im Markt integriert werden und ohne staatliche Hilfen auskommen. Es müssen Anreize für eine flexible Bereitstellung und Nutzung von Strom geschaffen werden. Das Stromnetz zwischen den Mitgliedstaaten muss ausgebaut und der Europäische Energiebinnenmarkt geschaffen werden.
Wie steht Ihre Partei zum CO2-Grenzausgleichsmechanismus CBAM?
Ziel des CBAM muss Wettbewerbsgleichheit und Umweltschutz sein. Deshalb werden wir Freie Demokraten die Umsetzung konstruktiv-kritisch begleiten und fordern eine zügige Evaluation. Denn wir erachten einen globalen Emissionshandel gegenüber dem CBAM als vorzugswürdig. Im Rahmen der „Fit for 55“-Initiative sollen für bestimmte Waren, bei deren Herstellung besonders viel CO2 emittiert wird – wie Stahl – ein Ausgleich bei der Einfuhr gezahlt werden müssen, wenn diese unter weniger nachhaltigen Bedingungen als in der EU hergestellt wurden. Viele der EU-Handelspartner begreifen CBAM als Protektionismus und zweifeln die Kompatibilität mit den WTO-Regeln an. Zudem droht die Umsetzung sehr bürokratisch zu werden. Sollte dies bestätigt werden, kann dieses Instrument so nicht eingesetzt und muss reformiert werden.