Bundesarchitektenkammer e.V.
Wie werden Sie die Handlungsfelder Klimaanpassung und Grüne und Blaue Infrastruktur qualifiziert in die Städte- und Förderpolitiken der EU integrieren?
Klimaangepasste Städte und Kommunen sind für uns Freie Demokraten ein wichtiges Ziel. Auf nationaler Ebene haben wir deshalb mit dem Klimaanpassungsgesetz den entsprechenden Rahmen für eine vorsorgende Klimaanpassungsstrategie gesetzt. Wir machen uns auch auf europäischer Ebene für die kontinuierliche Evaluation und Fortschreibung der Leitlinien und Unterstützung für Städte zur Anpassung an den Klimawandel stark. Uns ist eine realitätsnahe integrierte Stadtplanung und flexible Umsetzung europäischer Vorschriften wichtig, um etwa flächensparendes Bauen durch Nachverdichtung und Dachgeschossausbau nicht auszubremsen und so den Druck auf die knappe urbane Fläche zu reduzieren.
Wir Freie Demokraten sehen insbesondere den Bedarf, die europäische Forschungsförderung als wichtigen Baustein zu stärken, um geeignete Maßnahmen zur Anpassung der gebauten Umwelt und der Natur an die sich im Zuge des Klimawandels verändernden Lebensbedingungen zu entwickeln. Daher muss die Forschungsförderung ein zentraler Teil der Förderpolitik sein.
Wie planen Sie, die Rahmenbedingungen für Architektinnen und Stadtplaner zu verbessern, sodass die Nutzung erneuerbarer Energien, der Einsatz nachhaltiger Materialien sowie die Berücksichtigung der Grauen Energie in der Architektur und Stadtplanung besser integriert werden können?
Wir Freie Demokraten wollen, dass die Kreativität von Architekten und Stadtplanern nicht durch überbordene Regulierung ausgebremst wird. Wir wollen im Hinblick auf die Emissionen im Gebäudebereich hin zur Lebenszyklusbetrachtung und bei Neubauten soll künftig das Treibhauspotenzial über die gesamte Lebenszeit betrachtet werden. Der Senkung von grauen Emissionen muss mehr Gewicht beigemessen werden, denn ein Drittel der gesamten Emissionen machen der Bau und die Herstellung von Materialien und Ausrüstungen aus. Klimaschutz erreichen wir zielgenau und so günstig wie möglich mit einem sektorenübergreifenden Emissionshandel. Um Informationen zum Einsatz grauer Energie sowie zu den Lebenszykluskosten für alle niedrigschwellig zugänglich zu machen, die an Planung, Bau und Nutzung von Gebäuden beteiligt sind, wollen wir u. a. einen digitalen Gebäuderessourcenpass einführen. Wir wollen zudem den in Deutschland verpflichtenden Gebäudeenergieausweis verbessern, vereinheitlichen und digitalisieren.
Wie können Urheberrecht und geistiges Eigentum in Zeiten von KI geschützt und gleichzeitig der Zugang zu KI-basierten Planungstools für Architektur- und Stadtplanungsbüros gewährleistet werden?
Künstliche Intelligenz wird mehr und mehr Teil des Alltags. Der Einsatz digitaler Arbeitsmethoden und KI bietet unserer Ansicht nach große Chancen für die Planungs- und Baubranche. Wir Freie Demokraten treten auf europäischer Ebene dafür ein, KI innovationsfreundlich zu regulieren. Dabei wollen wir geistiges Eigentum schützen, denn geistiges Eigentum ist nicht nur Grundlage unserer Wirtschaft, sondern auch unserer demokratischen Gesellschaft. Um dieses auch im Zeitalter generativer KI wirkungsvoll zu schützen, bedarf es einer umfassenden Überarbeitung unseres Rechtsrahmens – auch, aber nicht nur, des Urheberrechts. Auch wenn einige Regelungen zum Schutz geistigen Eigentums wie die Text-Ausnahme bereits bestehen, gibt es in anderen Feldern noch rechtlichen Handlungs- beziehungsweise Klärungsbedarf. Im AI Act wurden vor diesem Hintergrund bereits neue Regeln für Anbieter von KI-Basismodellen wie GPT aufgestellt.
Wie planen Sie, ethische Rahmenbedingungen für den KI-Einsatz in der Architektur zu verankern und einen gerechten, transparenten Umgang mit KI zu gewährleisten?
Wir wollen die EU zum Hotspot für Künstliche Intelligenz machen, die den Lebenschancen der Menschen dient, statt sie zu entmündigen. Die FDP setzt sich für eine unbürokratische und praxisnahe Umsetzung der europäischen KI-Verordnung ein, die Innovationen ermöglicht und Bürgerrechte schützt. Für KI-Trainingsdaten setzen wir uns für ein Fair-Use-Prinzip nach amerikanischem Vorbild ein. Wir wollen die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen KI-Wirtschaft stärken und moderne Monetarisierungsmodelle von Rechteinhabern ermöglichen. Um ein europaweit innovationsförderndes Umfeld zu schaffen, müssen urheberrechtliche Fragen geklärt und der Einsatz von KI nicht nur in der Wirtschaft, sondern auch im Bildungswesen sowie im Kultur- und Kreativsektor angekurbelt werden.
Wie planen Sie, das Vergabeverfahren zu vereinfachen, angemessene Schwellenwerte für Planungs- und Bauleistungen festzulegen und das Kriterium der Regionalität für einen CO2-neutralen Kreislauf stärker zu berücksichtigen?
Wir Freie Demokraten wollen die EU unbürokratischer und somit auch handlungsfähiger machen. Deswegen setzen wir uns für eine Vereinfachung des Vergabeverfahrens und angemessene Schwellenwerte, auch für die EU-weite Vergabe ein. Qualitativen Kriterien sollen dabei eine stärkere Beachtung finden. Die niedrigen derzeitigen Schwellenwerte zwingen Kommunen und Städte dazu, auch bei kleinen Aufträgen europaweite Ausschreibungen vorzunehmen, ohne dass sich Unternehmen aus EU-Ländern dafür bewerben. Dies halten wir für eine unverhältnismäßige und nicht zielführende bürokratische Belastung. Daher ist eine Anhebung der Schwellenwerte aus unserer Sicht notwendig. Eine stärkere Betrachtung des Lebenszyklus der Gebäude befürworten wir grundsätzlich. Die stärkere Einbeziehung entsprechender Kriterien in die Vergabeverfahren muss jedoch vorsichtig abgewogen werden, um eine immer weitere Überfrachtung der Prozesse zu vermeiden.
Wie planen Sie, die Vergabe nach Gewerken zu stärken?
Das EU-Vergaberecht muss einfacher, unbürokratischer und digitaler werden. Zugleich setzen wir uns dafür ein, dass die aktuelle Regelung, nach der bei Leistungen nur gleichartige Leistungen zusammenzurechnen sind, erhalten bleibt. Ohne diese pragmatische Regelung werden Wettbewerbsbedingungen zu Gunsten größerer Unternehmen beeinflusst und gerade kleinere Planungs- und Ingenieurbüros wären gefährdet.
Wie planen Sie, freiberuflich Tätige, Soloselbstständige und Kleinstunternehmen zu fördern, übermäßige Bürokratie einzudämmen und Berichtspflichten zu minimieren?
Um Bürokratiekosten verbindlich und systematisch zu reduzieren, fordern wir, dass künftig für jede neue Belastung durch geplante EU-Regelungen konsequent im doppelten Umfang Belastungen abgebaut werden („One in, two out“). Wir fordern daher auch eine systematische Erfassung der Bürokratiekosten resultierend aus EU-Rechtsvorschriften. Als Vorbild könnte der deutsche Bürokratiekostenindex dienen. Wir wollen mit einem EU-Mittelstandskommissar und einem KMU-Test für EU-Gesetzgebungsverfahren faire Wettbewerbsbedingungen für kleine un mittlere Unternehmen sicherstellen. Wir fordern zudem einen systematischen Berichtspflichten-Check durch die EU-Kommission, um doppelte Berichtspflichten zu identifizieren und zusammenzuführen oder abzuschaffen. Ein einheitliches digitales Meldeportal soll Unternehmen relevante Informationen gebündelt bereitstellen und eine unkomplizierte zentrale Einreichung von Berichten ermöglichen. Darüber hinaus wollen wir die EU-Entsenderichtlinie modernisieren. Die Erfüllung der Meldepflicht gegenüber dem jeweiligen Land und den Nachweis der Sozialversicherungszugehörigkeit (A1-Bescheinigung) wollen wir auf schutzwürdige Sachverhalte begrenzen und insbesondere alle kurzen beruflichen Reisen und Entsendungen von der Richtlinie ausnehmen.
Wie setzen Sie sich dafür ein, dass Architektur- und Stadtplanungsleistungen nur von denjenigen durchgeführt werden, die über eine entsprechende berufliche Qualifikation verfügen?
Wir Freie Demokraten engagieren uns für einen europäischen Binnenmarkt und treten für eine umfassendere wechselseitige Anerkennung von Studien- und Berufsabschlüssen ein – hierzu kann die Berufsanerkennungsrichtlinie einen Beitrag leisten. Anpassungen dürfen jedoch nicht dazu führen, dass Qualitätsunterschiede in der Ausbildung an Bedeutung verlieren. Im Rahmen einer EU-weiten Harmonisierung sollen die bewährten hohen deutschen Qualitätsstandards, denen Architektur-, Stadtplanungs- und Ingenieurbüros verpflichtet sind, gestärkt werden. Hinsichtlich der Leistungen von Plannerinen und Planern halten wir das in Deutschland etablierte Kammersystem für ein herausragendes Beispiel dafür, wie Qualitätssicherung und Verbraucherschutz ohne zusätzliche staatliche Regulierung gewährleistet werden kann. Wir sprechen uns daher gegen Eingriffe der EU in die Selbstverwaltung und Selbstkontrolle der Kammern aus.