Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD)
Wie wird sich Ihre Partei dafür stark machen, dass es auch in der nächsten Legislaturperiode einen umfassenden Aktionsplan gegen die Diskriminierung von LSBTIQ* gibt? Welche Themen und Maßnahmen sollte der nächste Aktionsplan beinhalten und was soll dabei verbessert werden?
Europa braucht einen queerpolitischen Aufbruch – einen Aufbruch, wie ihn die Bundesregierung mit Beteiligung der FDP in Deutschland umsetzt. Wir Freie Demokraten treten dafür ein, dass es auch in der nächsten Wahlperiode des Europäischen Parlaments einen umfassenden Aktionsplan gegen die Diskriminierung von LSBTIQ* gibt. Auch in Deutschland engagieren wir uns mit dem Nationalen Aktionsplan "Queer leben" gegen Diskriminierungen, Beleidigungen und Gewalt. Derzeit erarbeitet das Familienministerium Details mit Initiativen der Zivilgesellschaft.
Hinsichtlich des nächsten EU-Aktionsplans ist es uns wichtig, dass er – je nach Zuständigkeit in Kooperation mit den Mitgliedstaaten -,
- die Bekämpfung von Hassgewalt und Hassrede angeht,
- einen Rechtsrahmen voranbringt, in dem bestehende gleichgeschlechtliche Ehen in allen Mitgliedstaaten der EU anerkannt werden,
- die Situation von Regenbogenfamilien in der EU verbessert,
- ein ganzheitliches Diversity Management am Arbeitsplatz als Teil der EU-Strategie aufnimmt und vorbildhaft in den EU-Institutionen und allen nachgelagerten Einrichtungen voranbringt,
- eine Richtlinie zum Schutz vor Homophobie und anderen Diskriminierungen in allen Rechtsbereichen enthält, die derzeit Schutz vor Rassismus bieten,
- die Sicherung des Demonstrationsrechts und die sachliche Aufklärung über LSBTIQ in der ganzen Union unterstützt,
- Nichtregierungsorganisationen durch die EU fördert, die sich gegen Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung und geschlechtlicher Identität einsetzen,
- bei Beitrittskandidaten konsequent LSBTIQ-Rechten in den Beitrittsprozess integriert,
- den Schutz von Geflüchteten sichert, die wegen ihrer sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität verfolgt werden,
- konkrete Maßnahmen in der gemeinsamen Außen- und Entwicklungspolitik umsetzt, insbesondere die Förderung von LSBTIQ-Projekten und Sanktionen bei Strafverschärfungen gegen LSBTIQ.
Wichtig ist uns hierbei, dass der Aktionsplan klar definierte, messbare und terminierte Ziele sowie Maßnahmen ausweist und damit über Äußerungen des guten Willens hinausgeht.
Generell sind insbesondere Strafrecht, Strafverfolgung und Gewaltprävention etwa durch Bildung und Jugendarbeit nach der Aufgabenverteilung innerhalb der EU zunächst Aufgabe der Mitgliedstaaten. Sie können hier nicht aus ihrer Verantwortung entlassen werden.
Wie wird sich Ihre Partei dafür einsetzen, dass der Schutz vor Diskriminierung für LSBTIQ* in Europa am Arbeitsplatz, im öffentlichen Raum, in staatlichen Einrichtungen und im Gesundheitssektor gestärkt wird?
Wir wollen ein Europa der Vielfalt. Alltagsdiskriminierung und erst recht eine systematische Ausgrenzung von Minderheiten haben in Europa keinen Platz. Einschränkungen, über das Leben von LSBTIQ sachlich aufzuklären, darf es nirgends in der EU geben. Sichere Demonstrationen von LSBTIQ müssen überall in der EU und ihren Beitrittskandidaten gewährleistet sein. Rechtsakte der EU, die gegen Diskriminierung aufgrund von Rassismus gelten, müssen künftig auch Homophobie und andere Diskriminierungen umfassen. Weder für Mitgliedstaaten noch für Beitrittskandidaten darf es einen Rabatt bei der Achtung der Bürgerrechte von LSBTIQ geben. Mittel der EU an die betroffenen Länder sind bei Verstößen einzufrieren. Angeblich „LSBTIQ-freie Zonen“ in Polen und der europaweite Anstieg von Übergriffen gegen LSBTIQ sind mit europäischen Werten nicht vereinbar.
Wie wird sich Ihre Partei dafür einsetzen, dass menschenrechtswidrige medizinische Behandlungen an trans*, inter* und nicht-binären Menschen in den EU-Mitgliedsstaaten beendet werden? Wie wird sich Ihre Partei für die rechtliche Anerkennung aller Geschlechter auf EU-Ebene einsetzen?
Menschenrechtsverletzungen an Lesben, Schwulen, Bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Menschen darf es in der EU nicht geben. Das Recht auf körperliche Unversehrtheit und die Notwendigkeit der Einwilligung in medizinische Maßnahmen muss in der EU gewahrt sein. Wir werden uns dafür im Rahmen der Kompetenzen der Europäischen Union entsprechend einsetzen. Das betrifft z.B. Operationen an intersexuellen Kindern. Im Personenstandsrecht muss auf EU-Ebene sichergestellt werden, dass die Einführung eines dritten oder fehlenden Geschlechtseintrages wie in Deutschland grenzüberschreitend im Rahmen der Freizügigkeit diskriminierungsfrei anerkannt wird.
Wie wollen Sie sich dafür einsetzen, dass bestehende Lücken in der Gesetzgebung gegen queerfeindliche Hassgewalt und -rede in der EU geschlossen werden?
Rechtsakte der EU, die gegen Diskriminierung aufgrund von Rassismus gelten, müssen künftig auch Homophobie und andere Diskriminierungen umfassen. Weder für Mitgliedstaaten noch für Beitrittskandidaten darf es einen Rabatt bei der Achtung der Bürgerrechte von LSBTIQ geben. Opfer von Straftaten im Internet wollen wir in die Lage versetzen, sich zu wehren, indem sie einen Auskunftsanspruch gegen Plattformen und Internetprovider erhalten. Bleibt die Täterin oder der Täter anonym und reagiert nicht auf eine Kontaktaufnahme, sollte auch eine Sperrung des Accounts in Betracht kommen.
Wie wird sich Ihre Partei dafür einsetzen, dass die EU rechtliche Lücken in der Frage der Freizügigkeit und gegenseitigen Anerkennung von Familien mit gleichgeschlechtlichen bzw. transgeschlechtlichen Eltern schließt?
Wir Freie Demokraten fordern, dass innerhalb der EU geschlossene gleichgeschlechtliche Ehen und festgestellte Elternschaften mit allen Rechten und Pflichten in den europäischen Mitgliedstaaten anerkannt werden. Gleichgeschlechtliche Eltern und Eltern von Leihmutter-Kindern müssen sich darauf verlassen können, dass ihre Familie in ganz Europa geschützt wird. Auch die in einem Mitgliedstaat durch seine Bürgerinnen und Bürger vorgenommene Änderung von Geschlechtseintrag und Namen muss als Voraussetzung für die Freizügigkeit des jeweiligen Unionsbürgers in allen anderen EU-Staaten geachtet werden. Wer Eizellspende und altruistische Leihmutterschaft in einem anderen EU-Land legal in Anspruch nimmt, darf in seinem Heimatland nicht bestraft werden. In der EU wollen wir auf einen europaweiten Schutz von LSBTIQ-Rechten hinwirken.
Wie stellen Sie sicher, dass die EU trotz der GEAS-Reform das individuelle Recht auf Asyl für LSBTIQ* wahrt, etwa durch die Umsetzung der EU-weiten Schutzbestimmungen von besonders schutzbedürftigen Personen v.a. aus Ländern, wo gleichgeschlechtliche Handlungen mit Haft-/Todesstrafe geahndet werden?
Die „Verfolgung wegen sexueller Identität“ ist ein Asylgrund in Europa. Das individuelle Recht auf Asyl für verfolgte LSBTIQ muss EU-weit gewährleistet sein. Dazu gehören sichere Verfahren und eine sichere Unterbringung von LSBTIQ-Geflüchteten. Die Rechtsberatung, die die Bundesregierung für besonders vulnerable Gruppen wie LSBTIQ eingeführt hat, kann hier ein Vorbild sein.
Wie wird sich Ihre Partei im EU-Parlament dafür einsetzen, dass die Menschenrechte von LSBTIQ* in aller Welt geschützt und LSBTIQ*-Menschenrechtsverteidiger*innen weltweit gestärkt werden?
Wir Freie Demokraten wollen in der Außen- und Entwicklungspolitik der EU entschlossen der Diskriminierung von LSBTIQ entgegentreten und setzen uns dafür ein, durch die Europäische Union LSBTIQ-Projekte weltweit zu fördern. Europa muss klar und konsequent auf Verletzungen für die Menschenrechte reagieren. Im Gegenzug sollen diejenigen, die unsere Werte teilen, auch in der Zusammenarbeit mehr Wertschätzung erfahren.
Bei Strafverschärfungen gegen LSBTIQ ist die EU-Entwicklungszusammenarbeit im Dialog mit NGOs vor Ort auf den Prüfstand zu stellen, ggf. Budgethilfe zu streichen und die Zusammenarbeit mit staatlichen Einrichtungen zu beenden.
Wir setzen uns zudem dafür ein, dass Deutschland und die EU den neu vereinbarten Sanktionsmechanismus nach dem Vorbild des US-amerikanischen „Magnitsky Act“ konsequent anwenden. So wird es möglich, gegen die Verantwortlichen von Menschenrechtsverletzungen personenbezogene Sanktionen zu verhängen.
Auf EU-Ebene sollte zudem statt der Einstimmigkeit bereits eine qualifizierte Mehrheit für die Verhängung der Sanktionen ausreichen. Wir stellen uns konsequent gegen das weltweit zu beobachtende Ziel autoritärer Staaten, Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidiger einzuschüchtern, mundtot zu machen und entgegen der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen aus politischen Gründen strafrechtlich zu verfolgen.
Wie wird sich Ihre Partei aktiv und sichtbar für Menschenrechte, Gleichberechtigung und Nichtdiskriminierung von LSBTIQ* im Parlament einsetzen? Wie plant Ihre Partei, gegen die Verletzung der Rechte von LSBTIQ* durch andere EU-Mitgliedsstaaten vorzugehen?
Weder für Mitgliedstaaten noch für Beitrittskandidaten darf es einen Rabatt bei der Achtung der Bürgerrechte von LSBTIQ geben. Mittel der EU an die betroffenen Länder sind bei Verstößen gegen europäische Verpflichtungen einzufrieren.
Wir Freie Demokraten werden im Europäischen Parlament weiterhin aktiv darauf hinarbeiten, jede Form der Diskriminierung gegenüber LSBTIQ zu bekämpfen und abzubauen, sachliche Aufklärung unionsweit zu ermöglichen und zu fördern, Menschenrechtsverletzungen an LSBTIQ zu sanktionieren und ein Europa der Vielfalt zu schaffen – mit Einsatz in den Ausschüssen, im Plenum, in der LGBT Intergroup und in unserer Öffentlichkeitsarbeit.
Zudem kandidieren auf der Bundesliste der FDP drei Kandidaten auf den ersten 10 Plätzen, die Mitglied der Liberalen Schwulen, Lesben, Bi, Trans und Queer sind. Wir arbeiten nicht nur für die Interessen von LSBTIQ, wir repräsentieren sie auch. Allein deshalb können Sie davon ausgehen, dass die Freien Demokraten bei den Rechten von LSBTIQ sehr sichtbar sein werden. Wie in der zu Ende gehenden Wahlperiode.