Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute e.V. (BVK)
Wie stehen Sie zu den Regulierungsplänen insbesondere zur Einführung partieller Provisionsverbote im Rahmen der Retail Investment Strategy (RIS) und welche weiteren Regulierungen des Versicherungsvertriebes planen Sie?
Die anhaltende Debatte zu Provisionsverboten ist für uns Freie Demokraten schon lange entschieden: zugunsten des Verbrauchers und zugunsten der Wahlfreiheit. Wir sehen im Nebeneinander von provisionsbasierter Beratung und Honorarberatung die beste Lösung. Denn Verbote führen unausweichlich zu einem Rückgang des Beratungsangebotes und damit zu einer Beratungslücke bei Privatanlegern. Genau das Gegenteil müssen wir forcieren. Die Politik sollte daher die Relevanz der finanziellen Aufklärungsarbeit durch die Vermittlerbranche nachdrücklich unterstreichen, anstatt sie regelmäßig mit neuen Diskussionen zu befeuern. Partielle Provisionsverbote in der Retail Investment Strategy lehnen wir daher ebenso ab. Im Europaparlament hatten die Abgeordneten der FDP gegen ein Verbot von Rückvergütungen im Wertpapierhandel (Payment for Order Flow, PFOF) in der MiFIR gestimmt.
Den Nachhaltigkeitsbemühungen fehlen oft verbindliche Regularien. Für eine Akzeptanz bei Vermittlern und Verbrauchern bedarf es schlanker Leitlinien, die keine weiteren bürokratischen Hemmnisse aufbauen. Wie stehen Sie dazu und wie soll die praktische Durchsetzbarkeit vorangetrieben werden?
Die FDP begrüßt im Grundsatz das Streben der EU-Kommission zu mehr Nachhaltigkeit in der Wirtschaft und das Fördern der europäischen Harmonisierung von Standards für nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten. Durch mehr Transparenz und Vergleichbarkeit können die Marktmechanismen besser wirken. Jedoch darf dies nicht dazu führen, dass Investitionen in Gut und Böse eingeteilt werden. Die Taxonomie soll kein globales Steuerungsinstrument der Politik für die Wirtschaft sein. Die Taxonomie ist zu komplex geworden und sollte vereinfacht werden. Auch sich überschneidende Berichtspflichten, die aus einem regelrechten Regulierungsdickicht resultieren, belasten Unternehmen unnötig. Wir fordern deshalb einen systematischen Berichtspflichten-Check durch die EU-Kommission, um doppelte Berichtspflichten zu identifizieren und zusammenzuführen oder abzuschaffen. Kleine und mittlere Unternehmen müssen vor unverhältnismäßigen Anforderungen bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung geschützt werden.
Das Thema Open Insurance ist weiter vorangetrieben worden u.a. mit der FIDA-Verordnung Zugang zu Finanzdaten. Dies sieht u.a. ein sogenanntes „Dash-Board“ vor, damit der Kunde einen guten Überblick über seine Finanzen erhält. Wie stehen Sie dazu und wie wollen Sie dieses Thema vorantreiben?
In Open Insurance sieht die FDP einen wichtigen Schritt zur Stärkung des Wettbewerbs und der Verbraucherfreundlichkeit im Versicherungsmarkt. Durch ein Dashboard können Verbraucher einen besseren Überblick über ihre Versicherungen erhalten. Sie werden so in die Lage versetzt, individuelle Lücken im Versicherungsschutz besser zu identifizieren und sich abzusichern. Damit das Dashboard auch von möglichst vielen Verbraucherinnen und Verbrauchern genutzt wird, müssen unserer Meinung nach Datensicherheit und Datenschutz jederzeit gewährleistet sein.
Die Regulierungsflut belastet die Vermittler zunehmend. In immer kürzeren Abständen werden bestehende Regulierungen wie die IDD oder MiFID II evaluiert und neue Regelungen wie DORA, PEPP, Fragen zur Nachhaltigkeit oder RIS eingeführt. Wie stehen Sie zu dieser Problematik?
Die FDP ist für einen schlanken und effizienten Rechtsrahmen, der unternehmerische Freiheit und Eigenverantwortung stärkt. Übermäßige Regulierung kann bürokratische Hürden schaffen, Innovationen hemmen und die Kosten für Unternehmen erhöhen. Daher ist es wichtig, die Notwendigkeit neuer Regulierungen sorgfältig zu prüfen und bestehende Regulierungen regelmäßig zu evaluieren. Dabei sollten die Auswirkungen auf die Branche und die potenziellen Kosten und Nutzen für Verbraucher immer abgewogen werden. Wir fordern deshalb einen systematischen Berichtspflichten-Check durch die EU-Kommission, um doppelte Berichtspflichten zu identifizieren und zusammenzuführen oder abzuschaffen. Eine Übererfüllung von EU-Anforderungen, das sogenannte „Gold Plating“, lehnen wir ab.
Wir fordern, dass neue Regulierungen zur Verminderung von Bürokratie erst dann angegangen werden, wenn hierfür Bedarf besteht. Wie stehen Sie dazu und wo setzen Sie an, damit nicht weitere finanzielle Belastungen und bürokratische Forderungen für die Versicherungsbranche etabliert werden?
Wir wollen eine möglichst breite Bevölkerungsschicht für das Thema Investment begeistern und damit den Vermögensaufbau und die private Altersvorsorge voranbringen. Dafür ist die fundierte und qualifizierte Anlageberatung unabdingbar. Zunehmende Regulierungstendenzen dürfen den niedrigschwelligen Zugang zu qualifizierter Beratung nicht erschweren. Daher setzen wir uns dafür ein, alle politischen Vorhaben systematisch auf Belastungen zu überprüfen und das Belastungsmoratorium zu einer Belastungsgesamtrechnung weiterzuentwickeln, die gesetzlich verankert wird. Für jede neue Belastung durch EU-Regulierung müssen im Gegenzug gemäß der „One in, two out“-Regel bestehende Belastungen konsequent in doppeltem Umfang abgeschafft werden.