Familienbetriebe Land und Forst e.V.

Kein europäischer Vertrag war länger in Kraft als der Vertrag von Lissabon. Zu lange? Was muss sich ändern, um die Europäische Union fit zu machen für eine rauere Welt mit Kriegen und wirtschaftlichem Konkurrenzdruck? Können neue Mitglieder frische Impulse bringen?

Wir Freie Demokraten wollen durch mutige Reformen Europas Energie für mehr Freiheit und mehr Wohlstand freisetzen. Dazu braucht es handlungsfähige EU-Institutionen, die Vollendung der Wirtschafts- und Währungsunion sowie europaweit solide Finanzen. Wir fordern eine verkleinerte Kommission mit 18 Ministern. Das Europäische Parlament wollen wir durch ein Vorschlagsrecht für den Kommissionspräsidenten sowie eine Gesetzesinitiativbefugnis stärken. Für eine schnellere Handlungsfähigkeit sollen Entscheidungen in der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik künftig mit qualifizierter Mehrheit getroffen werden. Die Verteidigungsfähigkeit der EU wollen wir auch durch einen Ausbau der gemeinsamen Rüstungsbeschaffung sowie perspektivisch durch eine Europäische Armee unter gemeinsamem Oberbefehl und unter parlamentarischer Kontrolle stärken. Um die Wirtschaft zu entfesseln, fordern wir einen „Bureaucracy Reduction Act“. Für jede neue Belastung durch EU-Regulierung müssen gemäß der „One in, two out“-Regel bestehende Belastungen konsequent in doppeltem Umfang abgeschafft werden. Wir wollen zudem eine systematische Erfassung der Bürokratiekosten aus EU-Rechtsvorschriften. In der Bundesregierung sorgen wir dafür, dass EU-Richtlinien ohne zusätzliche Bürokratie in nationales Recht umgesetzt werden. Eine Übererfüllung von EU-Anforderungen, das sogenannte „Gold Plating“, lehnen wir ab.

Der EU Green Deal war das Man-on-the-Moon-Projekt von Ursula von der Leyen für die Legislaturperiode seit 2019. Kriege, wirtschaftliche Verwerfungen und die Sorge um den Wirtschaftsstandort Europa sind seitdem zu drängenden Themen geworden. Was muss das Leitmotiv der kommenden Legislatur werden?

Der EU Green Deal von Ursula von der Leyen (CDU) will aus dem Wohlstands- und Wachstumsprojekt Europa an vielen Stellen ein Bürokratie- und Regulierungsprojekt machen. Viele der angestoßenen Vorhaben bringen zahlreiche Auflagen, Verbote und bürokratische Belastungen – vor allem auch für die Landwirte – mit sich. Wir fordern daher eine Regulierungspause beim Green Deal und zunächst eine Folgenabschätzung der geplanten Maßnahmen.  Durch die engagierte gemeinsame Arbeit der Agrarbranche mit uns Freien Demokraten sind die Pläne der EU-Kommission für eine Pflanzenschutzmittel-Verordnung (SUR) zu Recht gescheitert. 

Das Leitmotiv muss vielmehr eine Wirtschaftswende sein, die konsequent auf einen wettbewerbsfähigen europäischen Binnenmarkt setzt. Im systemischen Wettbewerb mit anderen Regionen der Welt ist unsere Wirtschaftskraft der entscheidende Faktor. Durch mehr Marktwirtschaft und Freihandel, einen Abbau von Subventions- und Verteilungsmechanismen und die Vollendung des Digital- und Energie-Binnenmarktes schaffen wir einen starken und krisenfesten Wirtschaftsraum. Wir wollen zudem, dass Europa zum Innovationschampion wird – mit Technologieoffenheit statt Verboten sowie besseren Bedingungen für private Investitionen und Gründungen. Dazu gehört auch die Zulassung neuer Züchtungsmethoden, eine vereinfachte Zulassung von Pflanzenschutzmittel bzw. deren Wirkstoffe auf EU-Ebene und ein Digitalisierungspaket der GAP.

Die Sicherung der europäischen Außengrenzen ist zu einer Herausforderung geworden. Fluchtbedingte Migrationsströme verlangen Abwägungen zwischen Grenzschutz und humanitärer Hilfe. Wie können Lösungen aussehen? Und braucht es zur Friedenssicherung für Europa eine eigene europäische Armee?

Angesichts der hohen Flüchtlingszahlen in den letzten Jahren sind die Aufnahmekapazitäten in vielen Kommunen erschöpft. Gleichzeitig nimmt die gesellschaftliche Akzeptanz in vielen europäischen Staaten, so auch in Deutschland, ab. Gerade im Interesse der tatsächlich Schutzberechtigten müssen wir in Europa irreguläre Migration begrenzen und dabei entschlossen handeln. Die EU und ihre Mitgliedstaaten müssen die grundlegende EU-Asylreform zum Erfolg führen. Irreguläre Migration soll durch schnellere Asylverfahren in Asylzentren an der EU-Außengrenze oder in Drittstaaten reduziert werden – unter Gewährleistung rechtstaatlicher und humanitärer Standards. Wir setzen uns zudem für geeignete Grenzschutzmaßnahmen an den EU-Außengrenzen ein. Es ist eine zivilisatorische und rechtliche Verpflichtung, Menschen nicht ertrinken zu lassen. Diese Aufgabe gehört in staatliche Hände und sollte von der EU-Grenzschutzagentur Frontex übernommen werden. Wir fordern daher einen schnelleren Ausbau von Frontex auf die vorgesehenen 10.000 Einsatzkräfte begleitet von strukturellen Reformen. Darüber hinaus treten wir für eine Europäischen Armee unter gemeinsamem Oberbefehl und unter parlamentarischer Kontrolle ein, die im militärischen Ernstfall zum Schutz der Menschen, der Demokratie und der Interessen Europas einsatzbereit ist.

Der Binnenmarkt ist das Herzstück der europäischen Integration. Ein wichtiges Instrument zur Sicherung des gleichen Wettbewerbs ist das Beihilferecht. Dieses behindert aber auch mitgliedsstaatliche Förderprogramme, gerade im Bereich Klimaschutz und Klimawandelanpassung. Was lässt sich ändern?

Wir Freie Demokraten wollen das aktuelle Beihilferecht überarbeiten. Wir wollen auch weiterhin einen starken Wettbewerbsschutz in Europa, aber die zunehmende Überfrachtung, etwa der Beihilfe durch andere Themen, muss zurückgedreht werden. Die FDP steht für einen effektiven Klimaschutz durch den Emissionshandel, mehr Technologieoffenheit und weniger Bürokratie.

Der EU Green Deal hat in der Breite der europäischen Wirtschaft die Produktionsstandards angehoben, auch für die Land- und Forstwirtschaft. Wie soll verhindert werden, dass es damit zu Wettbewerbsnachteilen kommt? Welche Möglichkeiten bieten Handelsabkommen und Außenwirtschaftsrecht?

Wir Freie Demokraten wollen Klima-, Arten- und Naturschutz mit marktwirtschaftlichen Instrumenten und partnerschaftlich mit der Landwirtschaft erreichen. Der Green Deal setzt an verschiedenen Stellen dem entgegengerichtet und mit falschen Instrumenten an: Es ist nicht Aufgabe der EU, Unternehmen durch Detailsteuerung zu bevormunden, Absätze zu garantieren, Ressourcen zuzuteilen und Preise künstlich festzusetzen. Im Gegenteil: Wir brauchen mehr Wettbewerb, mehr freien Handel und bessere Bedingungen für private Investitionen und Gründungen. Deutschland ist eine Exportnation. Millionen Arbeitsplätze hängen hierzulande vom Handel mit anderen Ländern ab. Wir wollen daher die Chancen des Freihandels nutzen und den Tendenzen des Protektionismus, die weltweit wachsen, entgegenwirken. Wir stehen für fairen, regelbasierten und verantwortungsbewussten Freihandel mit einer reformierten Welthandelsorganisation als Grundlage. Statt einer „One-size-fits-all“-Lösung sollten Handelsabkommen mit den Partnern individuell erarbeitet werden. Dies gilt auch für mögliche Vereinbarungen zu Umwelt- und Klimafragen.

Der EU Green Deal ist eine Herausforderung für die Land- und Forstwirtschaft. Was kommt noch auf die Betriebe zu? Kann die Weiterentwicklung der GAP für die Zeit nach 2030 Entlastungen bringen? Wie kann eine europäische Energieversorgung aussehen, die Umweltschutz und niedrige Preise verbindet?

Wir Freie Demokraten sind der Auffassung, dass die Gemeinsame Agrarpolitik der EU (GAP) ein grundsätzliches Update braucht, um auf die veränderten globalen Rahmenbedingungen reagieren zu können. Denn die jetzige Struktur der GAP ist viel zu komplex und kompliziert. Wir wollen Landwirte unabhängiger von der Agrarförderung machen. Von der Struktur mit flächengebundenen Direktzahlungen, die an fachlich nicht immer nachvollziehbare Auflagen geknüpft sind, profitieren die Landwirte immer weniger. Ein Problem ist auch der enorme Verwaltungsaufwand durch immer kleinteilige Förderung innerhalb der 2. Säule der GAP. Daher wollen wir, dass Investitionen und Innovationen gezielter gefördert werden. Davon profitieren die Landwirte direkt, indem beispielsweise Technologie gefördert wird, mit denen der integrierte Naturschutz gestärkt wird, ohne dass Erträge eingebüßt werden müssen.

Die Energieversorgung in der Europäischen Union gleicht einem Flickenteppich und ist so weder krisenfest noch effizient. Daher setzen wir uns für eine gemeinsame Energieaußenpolitik, Energiepartnerschaften mit zuverlässigen Ländern und einen schnelleren Ausbau der Energieinfrastruktur ein. Wir stehen hinter dem Ziel der Klimaneutralität bis 2050. Dieses ist durch den EU-Emissionshandel mit seinem striktem und kontinuierlich absinkenden CO2-Deckel gesichert. Wir wollen den EU-Emissionshandel (EU-ETS) schnellstmöglich auf alle Sektoren und geographisch ausweiten. Wer CO2 speichert, wie die Landwirtschaft, muss dafür Geld erhalten. So schaffen wir Anreize für Investitionen in klimafreundliche Technologien. Wir setzen für einen effektiven Klimaschutz auf Marktwirtschaft und Technologieoffenheit statt auf Verbote.

Europa verfügt über ein reiches städtebauliches und baukulturelles Erbe. Wie kann dessen Erhalt und Weiterentwicklung gesichert werden? Lassen sich klimabedingte Gebäudeanpassungen und Denkmalschutz vereinbaren?

Wir Freie Demokraten wollen klimabedingte Gebäudeanpassungen und Denkmalschutz mit praktikablen Regeln vereinbaren. Deshalb haben wir kleinteilige Regulierungen, wie die Ökodesign-Verordnung und die Ökodesign-Richtlinie, und zusätzliche ordnungsrechtliche Maßnahmen, wie die europäische Gebäudeeffizienzrichtlinie (EPBD), abgelehnt. Nur durch unseren Einsatz in der Bundesregierung gegen die von Ursula von der Leyen (CDU) angestoßenen Regulierungsvorgaben konnten individuelle Sanierungszwänge bei Bestandsimmobilien abgewendet werden.

Erhalt und Ausbau der europäischen Aufgaben kosten Geld. Wo kann die EU sparen? Wo braucht es mehr Mittel? Und woher soll das Geld kommen – über die Mitgliedsstaaten oder über eigene europäische Steuern?

Wir Freie Demokraten stehen für solide Finanzen – in Deutschland und der Europäischen Union. Mit der FDP wird es keinen Einstieg in eine Schuldenunion geben. Europa muss in der kommenden Legislaturperiode wie vereinbart mit der Tilgung der für den Corona-Solidaritätsfonds aufgenommenen Kredite beginnen. Eurobonds lehnen wir weiterhin klar ab. Der EU-Haushalt muss konsequent auf Investitionen in Zukunftsthemen ausgerichtet werden. Die Einnahmen der EU sollen wie bisher hauptsächlich aus Überweisungen von Mitgliedstaaten, bemessen an ihrer Wirtschaftskraft, stammen. EU-Steuern lehnen wir ab.

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