Antrag A1001: Eine liberale BAföG-Reform – echte Bildungschancen für alle

Antragsteller/-in: Sachgebiet:
Bundesvorstand der Jungen Liberalen A1 - Weltbeste Bildung für jeden

Der Bundesparteitag möge beschließen:

Für uns Freie Demokraten zählt nicht, woher jemand kommt, sondern wohin er möchte. Chancen- und Leistungsgerechtigkeit sowie Selbstbestimmung sind dabei unsere liberalen Leitmotive. Der individuelle Bildungsweg ist entscheidend für ein eigenverantwortliches und selbstbestimmtes Leben. Ein Studium darf deshalb nicht vom Geldbeutel oder Willen der Eltern abhängen. Der soziale Hintergrund darf bei der persönlichen Entwicklung und Ausbildung keine unüberwindbare Hürde darstellen. Der Staat muss insbesondere bei der Ausbildung soziale Mobilität und Durchlässigkeit gewährleisten. Denn nur so können Talent, Ehrgeiz und Anstrengung angemessen belohnt werden.

Die Ausbildungsförderung muss deshalb jungen Menschen die Chance geben, durch das Studium eine Perspektive für ihr Leben zu gewinnen. Daher ist es unerlässlich, dass junge Erwachsene ihren Bildungsweg unabhängig planen können und nicht in Nachweisbürokratie ersticken. In unserer offenen Gesellschaft und sozialen Marktwirtschaft müssen individuelle Studienverläufe und Lebenswege möglich sein. Nicht jedes akademische Stolpern oder Scheitern sollte sofort bestraft werden und junge Menschen in einen Schuldenberg stürzen. Gerade junge Erwachsene haben eine zweite Chance, ihren Lebensweg selbstbestimmt zu finden, verdient.

Wir Freie Demokraten wollen unsere Regierungsverantwortung deshalb insbesondere auch dafür nutzen, um ein elternunabhängiges BAföG auf den Weg zu bringen. Unter einem elternunabhängigen BAföG verstehen wir, dass Studierende analog zum bisherigen Kindergeld beziehungsweise Kinderfreibetrag der Eltern einen monatlichen Sockelbetrag von 200 Euro erhalten. Weitere 200 Euro sollen bei ehrenamtlichem Engagement oder Nebentätigkeiten als Zuschuss gewährt werden. Darüber hinaus soll ein monatlich anpassbares, zinsfreies und erst bei gutem Einkommen rückzahlbares Darlehen mit einkommensabhängiger Tilgungsrate die notwendige finanzielle Flexibilität sichern. Damit aus dem BAföG kein Schuldenfalle wird, verfällt die Darlehensschuld nach einer bestimmten Zeit und bleibt die maximale Höhe der Schuld begrenzt.

Zusätzlich wollen wir das BAföG deutlich flexibilisieren, um eine individuellere Studienplanung zu ermöglichen. Konkret fordern wir:

  • Erleichterung des Studienfachwechsels: Studierenden ist die Förderung für ein neues Studium nach Abbruch des Studiums oder Wechsel der Fachrichtung an Höheren Fachschulen, Akademien und Hochschulen jederzeit und ohne Angabe von Gründen zu gewähren. Im Gegenzug reduziert sich die Förderungshöchstdauer für das neue Studium um die Anzahl der abgeschlossenen Fachsemester des ersten Studiums, die das vierte Fachsemester überschreiten, zuzüglich der Fachsemester eines weiteren begonnenen Studiums. Eine Anrechnung erfolgt nicht, wenn ein unabweisbarer Grund vorliegt. Die eigenen Fähigkeiten, Talente und Neigungen zu entdecken, gehört zu den Kernherausforderungen eines jungen Menschen. Eine Ausbildungsförderung, die den Einzelnen stärken will, muss daher zulassen, dass junge Menschen Neues ausprobieren, „Fehler“ machen und sich umorientieren können. Deshalb muss ein Studienfachwechsel einfach und unkompliziert möglich sein.
  • Abschaffung der Höchstaltersgrenze: Wir fordern die Abschaffung der Höchstaltersgrenzen für den BAföG-Bezug. Dazu ist § 10 BAföG, demnach Auszubildende, die bei Beginn der Ausbildung das 30. beziehungsweise 35. Lebensjahr vollendet haben, von der Ausbildungsförderung ausschließt, ersatzlos zu streichen. Die Bedeutung lebenslangen Lernens wird in einer sich rasant wandelnden Welt zunehmen. Viele Berufe werden wegfallen, neue entstehen. Altersgrenzen für die Ausbildungsförderung sind daher nicht förderlich. Vielmehr hemmen sie die berufliche Selbstverwirklichung des Einzelnen.
  • Anhebung der Förderungshöchstdauer: Wir schlagen vor, die Förderungshöchstdauer anzuheben, sodass zusätzlich zur Regelstudienzeit zwei weitere Semester gefördert werden. Eine Anhebung der Förderungshöchstdauer senkt den Leistungsdruck für BAföG-Beziehende und gewährt mehr Flexibilität bei der Gestaltung des Studiums. Es ist keine Schande auch mal eine Klausur zu versemmeln. Doch kann dies schnell zu einer Verlängerung des Studiums um ein bis zwei Semester führen. Entfällt dadurch das BAföG, gefährdet dies schnell den Erfolg des Studiums. Dies ist auch unter dem Gesichtspunkt der Chancengerechtigkeit nicht förderlich.
  • Freisemester für Französisch und Latein sowie Sprachnachweise für Auslandssemester: Die Förderungshöchstdauer soll sich auch um ein Semester verlängern, wenn der Studiengang Sprachkenntnisse in Französisch oder Latein oder ein angestrebtes Auslandssemester Sprachkenntnisse in diesen oder anderen Sprachen voraussetzt. Für andere Fremdsprachen, außer Englisch, ist ersteres bereits der Fall. Entscheidungen, die im Alter von elf bis dreizehn Jahren bezüglich der Wahl einer zweiten Fremdsprache getroffen werden, sollten die Förderungsmöglichkeiten junger Erwachsener nicht nachteilig beeinflussen.
  • Flexibilisierung für pflegende Studierende: Studierenden, die nahe Angehörige i.S.d. § 7 Abs. 3 Pflegezeitgesetz oder ihnen anderweitig nahestehende Personen pflegen, die nach den §§ 14, 15 SGB XI mindestens Pflegegrad 2 eingeordnet sind, soll über die Förderungshöchstdauer hinaus eine angemessene Ausbildungsförderung gewährt werden. Gem. § 15 Abs. 3 Nr. 2 ist dies bislang Studierenden vorbehalten, die nahe Angehörige i.S.d. § 7 Abs. 3 PflegeZG pflegen, die mindestens in Pflegegrad 3 eingeordnet sind. Dies wird dem zeitlichen Aufwand nicht gerecht, der bereits bei Pflegestufe 2 entstehen kann. Schließlich ist die Beschränkung auf nahe Angehörige i.S.d. § 7 Abs. 3 PflegeZG nicht mehr zeitgemäß, da sie die Verantwortungsübernahme außerhalb von verwandtschaftlichen Beziehungen unberücksichtigt lässt.
  • Transparente, digitale und flexible Nachweispflichten: Das Erfordernis zur Erbringung von Leistungsnachweisen ab dem fünften Fachsemester für den Besuch einer Höheren Fachschule, Akademie oder einer Hochschule muss flexibler und transparenter werden. Studierende sollen bereits zu Studienbeginn über ein digitales Portal und/oder eine App, auf die das BAföG-Amt hinzuweisen hat, erkennen können, welche Leistungsnachweise sie bis zu welchem Fachsemester zu erbringen haben. Art und Zahl der erforderlichen Leistungsnachweise ist so zu bestimmen, dass es erstens, grundsätzlich nicht auf konkrete Leistungsnachweise ankommt, sondern auf eine hinreichende Anzahl fachbezogener Leistungsnachweise unabhängig davon, in welchem Semester sie üblicherweise erbracht werden. Zweitens ist Studierenden stets eine zweite und in der Regel auch eine dritte Chance zum Bestehen einer Prüfungsleistung zu gewähren. Hierzu ist § 48 Abs. 1 BAföG anzupassen.
  • Anhebung der Hinzuverdienst- und Vermögensgrenzen: Die Hinzuverdienstgrenze für BAföG-Empfangende soll auf 520 Euro angehoben und an die Entwicklung der Mini-Jobgrenze gekoppelt werden. Das anrechnungsfreie Vermögen des Auszubildenden soll von 8.200 Euro (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG) auf mindestens 45.000 Euro angehoben werden.
  • Digitaler BAföG-Antrag: Die Antragstellung für BAföG soll digitalisiert werden.

Begründung 

Erfolgt mündlich.