LINDNER/HAGEN/NAAS-Statement: Es gehört zur deutschen Staatsräson, für das Existenzrecht Israels einzutreten.
Im Anschluss an die Sitzung des Präsidiums der Freien Demokraten gaben der FDP-Bundesvorsitzende Christian Lindner und die FDP-Spitzenkandidaten zu den Landtagswahlen in Bayern und Hessen, Martin Hagen und Dr. Stefan Naas, die folgenden Statements ab:
Christian Lindner: Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir gehen gleich natürlich auf die innenpolitische Situation nach den Landtagswahlen ein. Aber ich will Ihnen mitteilen, dass wir heute im Präsidium einen Beschluss gefasst haben, der sich mit der Unterstützung für Israel befasst. Wir wollen ein konsequentes Vorgehen gegen pro-palästinensische Terrororganisationen und wir versichern Israel unsere Solidarität. Es gehört zur deutschen Staatsräson, für das Existenzrecht Israels einzutreten. Nicht nur wegen unserer historischen Verantwortung, sondern auch, weil Israel in der Region unser Wertepartner ist, bei allen tagespolitischen Unterschieden, die es geben kann. Es ist eine Demokratie, ein Rechtsstaat mit Meinungsfreiheit. Und auch aus diesem Grund gilt Israel unsere Solidarität. Wir haben eine Reihe von Maßnahmen, die wir jetzt auch in die Bundesregierung tragen und dort beraten werden, um im Sinne eines konsequenten Vorgehens gegen pro-palästinensische Terrororganisation zu wirken und um unsere Solidarität mit dem Staat Israel und seinen Menschen zu unterstreichen.
Zäsur: Zur innenpolitischen Situation nach den Landtagswahlen in Bayern und Hessen haben wir mit Martin und Stefan zwei sehr engagierte Spitzenkandidaten gehabt. Ich habe mich selber auch dort engagiert, wie viele andere Mitglieder unserer Parteiführung. Und wir haben gesehen, dass unsere Freunde in Bayern und Hessen einen starken Wahlkampf gemacht haben mit Themen, für die wir gemeinsam öffentlich aufgetreten sind und für die wir geworben haben. Im Ergebnis stellen wir fest, dass die FDP zweimal Niederlagen hat hinnehmen müssen, sowohl in Bayern als auch in Hessen. In Hessen hat es nach einem spannenden Wahlabend jetzt den Wiedereinzug in den Landtag gegeben. Aber gleichwohl ist das Wahlergebnis für uns natürlich unbefriedigend trotz des großen Einsatzes der Spitzenkandidaten und der aus meiner Sicht überzeugenden Themensetzung.
Was wir gesehen haben, ist, dass die Frage der wirtschaftlichen Entwicklung, der Eindämmung von Migration, einer Klima- und Energiepolitik mit Augenmaß und dem Wunsch, dass der Staat nicht weiter bürokratisiert und mit Verboten in das Leben drängt, dass das die Menschen elektrisiert und mobilisiert hat. Das sind Themen der FDP, die aber nicht zur Wahl der FDP geführt haben. Wir setzen uns auch ein für die Stärkung der Wirtschaft. Wir wollen die Einwanderung ordnen und begrenzen. Wir setzen uns für Klimaschutz und Energiepolitik mit Augenmaß ein. Und ja, wir wenden uns auch gegen die Bürokratisierung des Lebens. Das sind unsere Themen, die aber bei den beiden Wahlen zur Wahl anderer Parteien geführt haben. Es handelt sich nicht um einen Rechtsruck, wie gelegentlich jetzt schon analysiert wird. Aus meiner Überzeugung jedenfalls nicht. Sondern die breite Mitte der Gesellschaft hat mit Blick auf Wirtschaftsmigration, Klimaschutz, Energie und die Frage der gesellschaftlichen Freiheiten versus Bürokratismus ein klares Votum abgegeben. Die FDP hat davon nicht profitieren können, obwohl es unsere Themen sind, weil in dieser Konstellation der Ampel die FDP offensichtlich ihre thematischen Schwerpunkte für die Menschen nicht sichtbar und glaubwürdig und motivierend hat darstellen können.
Für die Koalition in Berlin insgesamt ist der gestrige Wahlsonntag jetzt ein Arbeitsauftrag. Alle drei Koalitionspartner haben verloren, in unterschiedlicher Weise, aber alle drei haben verloren. Und deshalb ist unser Auftrag nun, unsere Regierungsarbeit kritisch zu prüfen. Und das wird die Aufgabe jetzt in den nächsten Wochen und in der Zeit bis zur Halbzeit der Legislaturperiode sein. Wo entsprechen wir als Regierungskoalition in Berlin nicht den Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger? Insbesondere bei den Fragen, die hier wahlentscheidend in Hessen und Bayern waren. Das ist der Auftrag an uns, den wir gemeinsam und mit großer Umsicht in dieser für unser Land herausfordernden Lage annehmen werden. Wir haben geopolitisch ein sehr herausforderndes Umfeld, das jetzt durch die schreckliche Situation in Israel sich noch einmal verschlechtert hat. Wir haben wirtschaftlich eine große Herausforderung, Stichwort Inflation und Rezession. Deshalb sind wir uns unserer Verantwortung in dieser Situation außerordentlich bewusst. Aber es ist auch sichtbar, dass die Regierungsarbeit jetzt miteinander kritisch reflektiert werden muss, damit wir besser den Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger entsprechen. So viel von mir und ich würde jetzt den Kollegen gerne das Wort geben.
Martin Hagen: Gestern war ein schwarzer Tag für die bayerische FDP. Wir hatten ein großes Ziel in Bayern. Wir wollten als bayerische FDP den ersten Wiedereinzug in das Maximilianeum seit 45 Jahren schaffen. Und mit diesem Ziel sind wir leider gestern gescheitert. Das ist bitter angesichts eines sehr engagiert geführten Wahlkampfes. Es ist auch bitter angesichts einer parlamentarischen Arbeit, bei der sowohl politische Mitbewerber als auch Journalisten konstatieren, dass diese Fraktion sehr sachorientiert, sehr fleißig gearbeitet hat. Das hat uns Respekt und Anerkennung eingebracht. Wir haben es aber nicht vermocht, für den Bürger abzuleiten, warum es auch in Zukunft eine liberale Fraktion im Bayerischen Landtag braucht. Wir haben es auch nicht vermocht, mit unseren sachpolitischen Positionen in diesen sehr aufgeheizten Zeiten durchzudringen, in denen es kaum um landespolitische Themen ging. Und wir haben es auch nicht vermocht, uns von dem Negativtrend abzukoppeln, den Christian Lindner beschrieben hat. Die FDP in Bayern hat kein Polster, bei dem man sagen kann: Wenn die FDP zwei Prozent nachgibt, ist man immer noch sicher im Landtag, sondern wir sind 2018 mit einem hauchdünnen Ergebnis eingezogen. Und es war klar, dass wir, wenn wir nur leicht nachgeben, nicht mehr parlamentarisch vertreten sein würden. Das ist bitter. Für uns ist es bitter, auch für mich ganz persönlich als Spitzenkandidat. Wir als FDP in Bayern wissen aber auch mit solchen Situationen umzugehen. Wir haben das in der Vergangenheit schon öfter durchgemacht und wir sind zuversichtlich, in fünf Jahren wieder das Comeback in den bayerischen Landtag zu schaffen.
Dr. Stefan Naas: Auch wir in Hessen hatten einen schwierigen, herausfordernden Wahlkampf. Wir haben natürlich unser Wahlziel nicht erreicht, Schwarz-Grün zu beenden. Die CDU hat jetzt die Wahl zwischen SPD und Grünen im Hessischen Landtag. Die CDU ist der Wahlgewinner, wir haben Einbußen hinnehmen müssen. Aber wir haben zumindest erreicht, dass wir wieder im hessischen Landtag vertreten sind. Wir haben es wieder einmal spannend gemacht. In Hessen ist es immer knapp. Gestern war es ein Krimi, aber mit einem Happy End für die FDP, denn wir sind wieder im hessischen Landtag – mit rund 1000 Stimmen über dem Durst, wie man so schön sagt. Wir haben einen sehr engagierten Wahlkampf geführt. Wir haben uns sehr bemüht, auch landespolitische Themen nach vorne zu bringen. Wir haben Wirtschaft, die Bildung in Hessen und auch die Bürokratie in den Mittelpunkt gestellt. Wir hatten konkrete Vorstellungen, wie wir mit der Migration in Hessen umgehen wollen, gerade auch in der Erstaufnahmeeinrichtung in Gießen. Wir haben auch sehr stark die Sachleistungen gegenüber dem Bargeld herausgehoben und uns an der Stelle einen Namen gemacht. Wir sind aber nicht immer mit landespolitischen Themen durchgedrungen, auch weil die Union es sehr leicht hatte, mit der bundespolitischen Stimmung zu punkten. Insofern haben wir unser Wahlziel nicht erreicht.