LINDNER-Statement: Es muss ein nächstes Entlastungspaket geben
Im Anschluss an die heutigen Beratungen von Präsidium und Bundesvorstand der Freien Demokraten gab der FDP-Bundesvorsitzende Christian Lindner folgendes Statement ab:
Wir haben uns in den Gremien der FDP natürlich mit dem Krieg in der Ukraine beschäftigt. Die Freien Demokraten haben noch einmal das ukrainische Volk unserer Solidarität versichert. Wir stehen hinter dem Kurs der Bundesregierung. Wir begrüßen, dass Deutschland und der Kreis der Demokratien Russland politisch, wirtschaftlich und finanziell isoliert. Der Druck auf Wladimir Putin muss maximal erhöht werden, um diesen Krieg schnellstmöglich zu beenden.
Wir begrüßen deshalb, dass fortwährend an Sanktionen gearbeitet wird, um noch treffsicherer zu werden und die mögliche Umgehung von Sanktionen zu unterbinden. Zugleich sind wir solidarisch mit der Ukraine. Wir sind bereit, die Ukraine weiterhin finanziell zu unterstützen und logistisch auch durch Lieferungen. Und vor allen Dingen kennen wir unsere humanitäre Verantwortung gegenüber der Geflüchteten, die in Deutschland Schutz und Versorgung erhalten müssen. Wir begrüßen, dass in Bund und Ländern entsprechende Vorbereitungen unternommen werden, um das Leid der Menschen zu lindern.
Die beschlossenen Sanktionen haben auch negative Auswirkungen auf Deutschland. Das ist ein Preis, den wir zu tragen bereit sind. Dennoch muss alles unternommen werden, um wirtschaftlichen Schaden bei uns nach Kräften zu begrenzen und sowohl den sozialen Frieden als auch die Durchhaltefähigkeit in einer solchen Situation zu erhalten.
Es hat deshalb bereits Beschlüsse zu sehr weitgehenden Entlastungen der Bürgerinnen und Bürgern und der Betriebe gegeben. Es ist ja bereits in der Koalition beschlossen, außerplanmäßig den Arbeitnehmer-Pauschbetrag und die Pendlerpauschale zu erhöhen, den steuerlichen Grundfreibetrag zu erhöhen, die EEG-Umlage ab dem 01.07. von der Stromrechnung zu nehmen und dort Bürger und Betriebe zu entlasten. Eine Einmalzahlung für Grundsicherungsempfänger ist vorgesehen. Sowohl Wohngeldbezieher als auch BAföG-Empfängerinnen und Empfänger erhalten einen Heizkostenzuschuss.
Diese Beschlüsse sind richtig, aber wir gehen darüber hinaus. Es muss ein nächstes Entlastungspaket geben. Der Staat darf die Bürgerinnen und Bürger und die Wirtschaft mit steigenden Preisen nicht allein lassen. Wir müssen in dieser Krise handlungsfähig sein und müssen schnell und spürbar zu Entlastungen kommen. Dazu wird es eine Reihe von Vorschlägen geben, die wir in einem Paket zusammenbringen.
Ein Vorschlag, den ich unterbreitet habe, ist ein Krisenrabatt Kraftstoffe. Dieser Vorschlag hat auch die Zustimmung des FDP-Bundesvorstands gefunden. Es geht darum, die Bürgerinnen und Bürger, die auf das Auto angewiesen sind, aber auch die Gewerbetreibenden, für die die gestiegenen Kraftstoffpreise eine wirtschaftliche Belastung darstellen, sehr schnell zu unterstützen.
Die alternativ diskutierten Maßnahmen, die von CDU, CSU und anderen ins Gespräch gebracht werden, haben Nachteile. Die sogenannte Spritpreisbremse bräuchte eine längere Vorbereitungszeit, weil Gesetzgebung in Deutschland und gegebenenfalls europäisches Recht verändert werden müsste. Wochen oder Monate müssten die Menschen länger warten. Die mögliche Entlastung der Spritpreisbremse der Union ist geringer als das, was mit dem Krisenrabatt möglich ist. Beispielsweise könnte der Dieselpreis nur um 14,04 Cent reduziert werden, da eine Senkung der Umsatzsteuer aufgrund der Mehrwertsteuersystemrichtlinie Europas nicht möglich ist bzw. einen einstimmigen und wohl nicht wahrscheinlichen europäischen Ratsbeschluss bräuchte.
Außerdem ist eine bürokratiearme Umsetzung des Krisenrabatts möglich, weil nicht beabsichtigt ist, dass die einzelne Tankquittung beim Staat abgerechnet wird. Der Staat soll mit den Betreibern von Tankstellen bzw. den Mineralölgesellschaften auf der Basis der Gesamtmenge von Sprit agieren. Der Krisenrabatt ist also schneller, höher, weniger bürokratisch und kann deshalb einen wichtigen Beitrag zur Entlastung befristet leisten. Der Ausnahmecharakter der jetzigen Situation bleibt für jedermann und jedefrau sichtbar, denn an der Zapfsäule bleibt der Preis, wie er ist, stehen und der Rabatt erfolgt dann, technisch gesprochen, so wie heute ein Rabatt wegen einer Karte oder einer Mitgliedschaft auf der Tank-Rechnung ausgewiesen wird.
In diesem Zusammenhang ist auch über den Bundeshaushalt zu sprechen. Ich habe darüber heute schon die Berichterstattung gesehen und kann sie bestätigen. Die Bundesregierung wird am Mittwoch den zweiten Regierungsentwurf 2022 beschließen. In diesem Entwurf für das Jahr 2022 werden wir die geplante Nettokreditaufnahme von 99,7 Milliarden Euro einhalten. 99,7 Milliarden Euro Nettokreditaufnahme wie von der Vorgängerregierung geplant, obwohl sowohl höhere Ausgaben im Zuge der Corona-Pandemie als auch umfängliche Entlastungen enthalten sind.
In diesem Zusammenhang darf ich schon jetzt sagen, dass ich dankbar für die sehr konstruktiven Haushaltsgespräche bin. Wir werden daneben in den nächsten Wochen eine Ergänzung zum Haushalt an den Bundestag leiten, der die veränderte wirtschaftspolitische Gesamtlage und mögliche Folgen aufgrund der humanitären Hilfe für Geflüchtete und notwendige weitere Entlastungsmaßnahmen abbildet. Das ist bis jetzt, da die Dinge in Bewegung gewesen sind, nicht möglich gewesen.
Letzter Punkt aus unseren Beratungen war das Infektionsschutzgesetz. Der Bundesvorstand der FDP hat das Verhandlungsergebnis zwischen Justizminister Buschmann und Gesundheitsminister Lauterbach begrüßt und würde auch eine entsprechende Gesetzgebung für ratsam halten. Die Pandemie ist nicht überwunden, aber sie hat ihren Charakter verändert. Also muss sich auch der Charakter der Bekämpfung der Pandemie verändern. Wir gehen Schritte zurück zur Normalität, die jetzt verantwortbar sind. Zugleich bleiben Handlungsmöglichkeiten gegeben, wenn vor Ort eine Überlastung des Gesundheitssystems droht.
Mit diesen Instrumenten ist es möglich, auch weiter die notwendigen Reaktionen vor Ort zu ermöglichen, damit nicht mehr erforderliche Grundrechtseingriffe zurückgenommen werden können. Es ist ein Schritt in Richtung Normalität, der aber große Aufmerksamkeit für die Lage, die Entwicklung und für Handlungsmöglichkeiten reserviert. Beides ist angemessen und deshalb fand das Verhandlungsergebnis hier Zustimmung.