DJIR-SARAI/SCHÄCK-Statement: Es darf kein Einfallstor für autoritäre Staaten in die kritische Infrastruktur geben
Im Anschluss an die Sitzung des Präsidiums der Freien Demokraten gaben FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai und Präsidiumsmitglied Thore Schäck die folgenden Statements ab:
Djir-Sarai: Wir haben heute über die aktuelle politische Lage diskutiert. Unter anderem haben wir auch ein Papier zum Thema Kritische Infrastruktur verabschiedet. Mein Kollege Thore Schäck wird dieses Papier gleich präsentieren. Wir haben darüber hinaus über das Thema Bürgergeld gesprochen. Und wir haben auch über weitere Themen beraten, wie beispielsweise die Chinareise des Bundeskanzlers, aber auch bestimmte Entwicklungen in der Klimaschutzbewegung. Wir werden hier zunächst den Beschluss „Kritische Infrastruktur umfassend definieren und sichern“ vorstellen.
Thore Schäck: Guten Morgen, herzlichen Dank für die Einführung. Wir haben ein Positionspapier beschlossen mit dem Titel „Kritische Infrastruktur umfassend definieren und sichern“. Dabei geht es um Verkehrswege, es geht um Versorgungswege, aber es geht auch um Kommunikationswege. Wir haben in den letzten Monaten verschiedene Probleme mit der Infrastruktur erlebt. Wir haben eine beschädigte Pipeline gehabt, wir hatten Sabotage an der Bahninfrastruktur. Und wir haben in Hamburg eine schleichende Einflussnahme und Übernahme von zentraler Infrastruktur im Bereich des Hafens. Für uns ist ganz klar: Es darf in für uns wichtiger und zentraler Infrastruktur kein Einfallstor für autoritäre Staaten geben. Um diese kritische Infrastruktur in Zukunft besser zu schützen, haben wir heute ein Papier beschlossen, das aus insgesamt elf Punkten besteht. Ich werde jetzt auf einzelne Punkte im Detail eingehen.
Zuallererst fordern wir, dass die Schaffung einer modernen Infrastruktur als Ziel im Grundgesetz verankert wird, um dieser Infrastruktur auch die Bedeutung zu geben, die sie für uns hier in Deutschland hat.
Zweitens erwarten wir, dass das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz umgehend eine Verschärfung des Außenwirtschaftsgesetzes vorschlägt – mit dem Ziel, dass die Bundesregierung bei Deals, wie sie jetzt in Hamburg gelaufen sind, in Zukunft mehr Mitspracherecht bekommt. Es geht uns darum, dass das Bundeskabinett bei solchen Teilübernahmen in Zukunft mitstimmen muss. Es muss einstimmig beschließen und nicht nur mehrheitlich. Gerade bei der Übernahme oder Teilübernahme von kritischer Infrastruktur muss es in Zukunft eine besondere Prüfung geben. Und das gilt natürlich und insbesondere auch für Deutschlands zweitwichtigsten Hafen in Bremerhaven.
Drittens fordern wir mehr physische Redundanz und eine stärkere Dezentralisierung der Infrastruktur. Hier muss deutlich mehr Geld investiert werden, damit Sabotage an einzelnen Knotenpunkten und Flaschenhälsen, die es im Moment gibt, in Zukunft nicht mehr dazu führen kann, dass ein Teilbereich oder sogar eine gesamte zentrale kritische Infrastruktur ausfällt.
Viertens wollen wir die Forschung und Entwicklung, insbesondere im Bereich IT- und Cybersicherheit ausbauen, die Kooperation von universitären und insbesondere auch außeruniversitären Forschungseinrichtungen stärken und vermehrt Anreize für einen erfolgreichen Transfer in die Praxis schaffen.
Und fünftens: Wir wollen einen besseren Schutz kritischer Infrastruktur. Wir dürfen Unternehmen, die unter der umfangreichen Einflussnahme autoritärer Regime stehen, nicht mehr die Macht über Teile von kritischer Infrastruktur geben.
Ich hatte vorhin schon angekündigt, dass das auch die Kommunikationsinfrastruktur betrifft. Gerade wenn wir uns den Ausbau des 5G-Netzes anschauen, der für die Digitalisierung in Deutschland maßgeblich sein wird, müssen wir sehr genau abwägen: Wer erhält diese Aufträge und wer übt im Hintergrund den Einfluss auf die Unternehmen aus? Dazu gehört, dass bei solchen Aufträgen in Zukunft nicht mehr nur rein wirtschaftliche Aspekte eine Rolle spielen dürfen, sondern wir müssen auch politische Aspekte stärker berücksichtigen und dafür sorgen, dass autoritäre Regime hier in Deutschland nicht zentrale Infrastruktur steuern oder beeinflussen können. Das Ganze, wenn möglich und wo notwendig, außerdem nicht nur auf deutscher Ebene, sondern auch auf europäischer Ebene. Denn wir werden viele Punkte nicht alleine lösen können. Dabei sind wir auf die Unterstützung unserer europäischen Nachbarn angewiesen.
Djir-Sarai: Vielen Dank. Darüber hinaus haben wir im Präsidium der FDP auch über das Thema Bürgergeld gesprochen. Ich persönlich habe bisher die Debatte in der Union zu dem Thema als konstruktiv angesehen. Bisher war es so, dass es in vielen Punkten eine Unterstreichung und Unterstützung von FDP-Positionen gegeben hat. Ich bin allerdings über die letzten Äußerungen von Friedrich Merz etwas irritiert. Denn wer nun sagt: Anhebung der Regelsätze ja, aber Strukturveränderungen nein, der geht aus meiner Sicht den falschen Weg.
Selbstverständlich müssen wir – und auch das ist Zeitenwende – die sozialen Sicherungssysteme in Deutschland modernisieren. Uns als FDP geht es vor allem beim Bürgergeld darum, ganz klar das Prinzip „Fördern und Fordern“ aufrechtzuerhalten und ganz deutlich klarzumachen, dass es einen deutlichen Unterschied machen muss, ob jemand arbeitet oder nicht arbeitet: Wer arbeitet, muss mehr haben als jemand, der nicht arbeitet. In der Systematik des Bürgergeldes geht es gerade auch darum, den Weg aus der Arbeitslosigkeit heraus attraktiver zu gestalten. Es geht darum, dass es einfacher wird, aus der Arbeitslosigkeit herauszukommen und in den aktiven Arbeitsmarkt hinein – durch weniger Bürokratie, durch eine Schwerpunktsetzung auf Qualifikation und Weiterbildung. Das ist eine Reform, die aus meiner Sicht außerordentlich wichtig ist. Und es wäre gut, wenn die Union bei diesem Thema die Position der FDP unterstützen würde, beispielsweise auch bei den Sanktionen.
Es ist ja kein Geheimnis, wie der erste Entwurf des Papiers von Hubertus Heil ausgesehen hat und was wir als FDP für Änderungen bewirkt haben. Vor diesem Hintergrund ist die Unterstützung der Union immer gut. Nun allerdings die Debatte grundsätzlich und inhaltlich komplett zu ändern und zu sagen: „Mehr Geld ja, aber Strukturveränderung nein“, das ist ein Widerspruch zu dem, was wir hier gemeinsam umsetzen wollten. Hier wird das Thema Sanktionen komplett ignoriert, hier wird das Thema Zuverdienstmöglichkeiten ignoriert. Alle diese wichtige Bausteine werden ignoriert. Und auch die enormen Fortschritte beim Thema Bürokratie werden ignoriert und stattdessen zugespitzt nur auf das Thema Anhebung der Regelsätze. Das wollen wir so nicht und das können wir auch so nicht machen.