BUSCHMANN-Interview: Wer eine stabile Demokratie erhalten möchte, braucht eine starke Wirtschaft

Der designierte FDP-Generalsekretär Dr. Marco Buschmann MdB gab der „Rheinischen Post“ (Donnerstag-Ausgabe) und „rp-online.de“ das folgende Interview. Die Fragen stellten Birgit Marschall und Kerstin Münstermann:

Frage: An der FDP-Basis brodelt es. Mitglieder sind entsetzt, wie die Partei in der so genannten D-Day-Affäre verfahren ist. Wie erklären Sie ihnen, dass Christian Lindner weiterhin der richtige FDP-Chef ist?

Buschmann: Die letzten Tage haben kein gutes Licht auf die FDP geworfen. Es ist der Eindruck entstanden, die FDP sei mit der Öffentlichkeit nicht ehrlich umgegangen. Im Kern ging es darum, dass mein Vorgänger öffentlich dementiert hat, dass es ein internes Papier gegeben habe, das den Begriff „D-Day“ verwendet. Zu diesem Zeitpunkt hätte er aber darüber informiert werden müssen, dass es ein internes Arbeitspapier gegeben hat, in dem dieser Begriff enthalten ist. Fehler sind menschlich. Niemand kann die Zeit zurückdrehen. Entscheidend ist meiner Ansicht nach nun, dass Verantwortung für diese Fehler übernommen und einschneidende Konsequenzen gezogen worden sind. Das ist schnell und entschieden geschehen.

Frage: Noch einmal: Ist Christian Lindner der richtige Parteichef und Spitzenkandidat?

Buschmann: Selbstverständlich. Christian Lindner hat es als Parteivorsitzender immer wieder geschafft, der FDP auch in schwieriger Lage zum Erfolg zu verhelfen. Nach innen hat er eine hohe integrative Kraft. Er hat einen scharfen Verstand und ist ein exzellenter Redner. Andere Parteien wären froh, so einen starken Vorsitzenden zu haben.

Frage: Verkennt die FDP nicht, dass die D-Day-Affäre größer ist als die bloße Tatsache, dass ein Generalsekretär den Begriff „D-Day“ falsch dementiert hat? Der FDP wird vorgeworfen, den Ampelbruch absichtlich durch gezielte Provokation vorbereitet und herbeigeführt zu haben.

Buschmann: Wir haben verschiedene Szenarien abgewogen. Das ist ein Gebot der Professionalität und bestreitet auch niemand. Es bestreitet auch niemand, dass es in der Führung der FDP die Bereitschaft gab, die Koalition zu beenden. Das hatte auch nichts Spielerisches. Denn insbesondere die wirtschaftlichen Probleme unseres Landes sind so tiefgreifend, dass eine entschlossene Politik für mehr Wettbewerbsfähigkeit dringend nötig ist. An diesen Problemen darf sich eine Regierung nicht vorbeimogeln. Deshalb haben wir das Ergebnis unserer Überlegungen dem Bundeskanzler mitgeteilt: Lass uns gemeinsam eine echte Wirtschaftswende für unser Land einleiten oder lass uns die Koalition in einem geordneten Verfahren beenden.

Frage: Und dann?

Buschmann: SPD und Grüne wollten keine Wirtschaftswende. Stattdessen hat der Bundeskanzler zusätzliche Schulden machen wollen und am Ende mit der Entlassung Christian Lindners aus dem Kabinett die Koalition beendet. Im Übrigen haben SPD und Grüne laut Medienberichten schon lange zuvor über den Fortgang der Koalition hinter dem Rücken der FDP beraten. Der Bundeskanzler hat sogar öffentlich zugegeben, bereits im Sommer über eine Entlassung von Christian Lindner nachgedacht zu haben.

Frage: Aber es ist doch ein Unterschied, ob ich mich auf das Szenario des Ampelbruchs nur vorbereite, oder ob ich bewusst darauf hinarbeite. Durch das Papier entsteht der Eindruck, die FDP habe gezielt am Ausstieg gearbeitet.

Buschmann: Wir hatten unseren Koalitionspartnern ein Konzeptpapier für eine Wirtschaftswende vorgelegt. Viele Ökonomen und Wirtschaftsverbände haben dieses Papier ausdrücklich gelobt. Es hatte die Substanz, die wirtschaftliche Situation deutlich zu verbessern. Doch SPD und Grüne haben es quasi im Ganzen zurückgewiesen. Das war ein ernsthafter inhaltlicher Konflikt in der Koalition. In der Führung der FDP gab es die Bereitschaft, die Koalition zu beenden, wenn sie der Öffentlichkeit keine überzeugende Lösung für dieses Problem liefert. Dass der eine oder andere in der Führung schon länger daran zweifelte, ob das überhaupt möglich sein könnte, ist auch kein Geheimnis. Man soll hier auch nichts verklären: Es ist ja keine beliebte und gut arbeitende Koalition aus heiterem Himmel zerbrochen. In der Bevölkerung wollte niemand mehr die Ampel. Schon Wochen zuvor spekulierten viele Journalisten über ein Ende. Die Koalition hatte auch keine Kraft mehr für entschlossene Entscheidungen. Daher ist es gut, wenn jetzt die Wählerinnen und Wähler entscheiden können, um dem Land eine klare Richtung zu geben.

Frage: Waren Sie Lindners erste Wahl als Generalsekretär? Es gab Gerüchte, Lindner hätte auch gern Marie-Agnes Strack-Zimmermann nominiert, die ihm aber abgesagt habe.

Buschmann: Christian Lindner hat mich am vergangenen Freitag angerufen. Ich habe ihn gebeten, eine Nacht darüber schlafen zu können, und ihm am Samstag zugesagt. Er hat sich sehr gefreut und am Montag öffentlich erklärt, dass ich seine erste Wahl war. Ich habe keinen Grund, daran zu zweifeln.

Frage: Was wird Ihr Wahlkampfschwerpunkt sein?

Buschmann: Im Zentrum steht die Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes. Denn daran hängen Arbeitsplätze, Wohlstand und der Kitt der Gesellschaft. Wenn sich wirtschaftliche Sorgen und Abstiegsängste in einer Gesellschaft ausbreiten, ist das mehr als ein wirtschaftliches Problem. Das Klima wird rauer, Toleranz und Offenheit nehmen ab, die politischen Ränder werden immer stärker. Wer eine stabile Demokratie und eine offene Gesellschaft erhalten möchte, braucht auch eine starke Wirtschaft.

Frage: Stellt sich die Frage, ob diese Stärke mit dem Festhalten an der Schuldenbremse, welches die FDP propagiert, wiederzuerlangen ist. Wo soll etwa das Geld herkommen, um Deutschland massiv aufzurüsten?

Buschmann: Die Schuldenbremse ist kein Schuldenverbot. Sie ähnelt eher einem Dispo-Kreditrahmen. Der hat eine Grenze. Die liegt derzeit bei etwa 50 Milliarden Euro neuer Schulden pro Jahr. Eine solche Grenze ist auch nötig. Denn sonst steigt die Staatsverschuldung ins Uferlose. Das kennen wir aus der Zeit vor der Schuldenbremse. Denn für Politiker ist es sehr verführerisch, sich mit schuldenfinanzierten Ausgaben die Gunst bestimmter Wählergruppen erkaufen zu wollen. Für objektiv wichtige Aufgaben gab und gibt es immer Finanzierungswege. Für die Bundeswehr haben wir mit dem Sondervermögen eine Brücke gebaut…

Frage: …das aber Ende 2027 aufgebraucht sein wird und nach Experteneinschätzung auch jetzt schon nicht ausreicht, um Deutschland kriegstüchtig zu machen.

Buschmann: Wenn es um Investitionen in unsere Sicherheit geht, wird es Wege geben, sie möglich zu machen. Das Sondervermögen war ein solcher Weg.

Frage: Wäre also noch ein weiteres Bundeswehr-Sondervermögen möglich?

Buschmann: Man kann über alles reden, wenn es einen konkreten Plan und klare Konzepte gibt und man vorher wirklich alle Finanzierungsalternativen ausgeschöpft hat.

Frage: Herr Lindner hat im TV gesagt, man müsse in Deutschland mehr Milei und Musk wagen. Er spielte damit auf den ultraliberalen argentinischen Präsidenten Javier Milei und den US-Tech-Milliardär und Trump-Berater Elon Musk an. Ist das ein Flirten der FDP mit dem rechten oder dem libertären Rand?

Buschmann: Christian Lindner ging es meiner Ansicht nach um Folgendes: Der Staat hat heute mehr Geld, mehr Personal und mehr Befugnisse als je zuvor. Trotzdem arbeitet er nicht besser. Stattdessen leidet Deutschland an einem Bürokratie-Burnout. Wir müssen daher dringend darüber nachdenken, wie wir den Staat fitter statt nur immer fetter machen. Übrigens hat selbst schon Herr Habeck Anleihen bei Herrn Milei genommen. Denn der ist für seine Auftritte mit der Kettensäge bekannt und Herr Habeck sprach davon, dass man das Lieferkettengesetz mit der Kettensäge behandeln müsse. Das hätte ich sehr gut gefunden. Leider sind den Worten keine Taten gefolgt.

Frage: Der FDP bleibt als Machtoption nach der Wahl nur ein Bündnis mit der Union. Wie sicher sind Sie, dass die Union Schwarz-Gelb auch möchte?

Buschmann: Am 23. Februar steht das Land vor einer Richtungsentscheidung: Will man sich weiter durchwurschteln mit einer Großen Koalition oder Schwarz-Grün? Oder will man eine echte Wirtschaftswende? Klar ist doch: Wir müssen dringend die Wettbewerbsfähigkeit des Landes verbessern. Das ist mit SPD und Grünen nicht zu machen. Denn ihre Antwort auf die ökonomischen Probleme ist allein: mehr Schulden und mehr Subventionen. Eine echte Wirtschaftswende für mehr Wettbewerbsfähigkeit ist nur mit Schwarz-Gelb realistisch.

Frage: Sie sind großer Musikliebhaber, komponieren eigene Stücke. Welches Lied beschreibt die Situation der FDP am besten?

Buschmann: Seit meinem zwölften Lebensjahr mache ich in meiner Freizeit Musik. Für die Freien Demokraten habe ich tatsächlich auch schon mal komponiert. Jetzt gerade rückt die Musik aber stärker in den Hintergrund. Denn es geht um unser Land.

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