LV Baden-Württemberg
Zukunft der Migrationspolitik
1. Einleitung
Die weltweite Migration hat sich in den vergangenen zehn Jahren grundlegend verändert. Viele Menschen verlassen ihr Land – beispielsweise aufgrund eines Kriegs oder aus wirtschaftlichen Gründen – und machen sich auf den Weg nach Europa. Jeder, der unter lebensgefährlichen Bedingungen eine EU-Außengrenze erreicht, kann Schutz durch das Migrationsrecht beanspruchen, unabhängig davon, ob im Einzelfall Schutzgründe vorliegen. Die europäische Migrationspolitik fordert mehr Menschenleben, als sie rettet und die Schwächsten – und am Schutzwürdigsten – bleiben außen vor, denn sie haben kaum eine Chance, Europa zu erreichen.
Die europäische Politik reagiert bislang nur auf „Flüchtlingswellen“, anstatt proaktive und planmäßige Flüchtlingspolitik zu betreiben. Zudem lösen hohe Kosten, lange Verfahrensdauern und die zum Teil unzufriedenstellende Integration in den hiesigen Arbeitsmarkt (nur knapp 30 Prozent können aus eigener Kraft, also ohne staatliche Leistungen, für ihren Lebensunterhalt sorgen) in großen Teilen der Bevölkerung Vertrauensverlust aus, die extreme politische Vertreter sowohl links als auch rechts stärken.
Diese Politik setzt falsche Anreize für Menschen, die nicht originär vor Verfolgung etc. flüchten, sondern die Situation an den europäischen Außengrenzen dafür auszunutzen, aus wirtschaftlichen Motiven irregulär nach Europa einzureisen.
Wir wollen eine geregelte Migration. Wir wollen eine europäische Lösung und die Fluchtursachen vor Ort bekämpfen. Wir wollen, dass in Flüchtlingsunterkünften humanitäre Mindestanforderungen durchgesetzt werden. Wir wollen eine interessengeleitete Migrationspolitik.
Durch die Folgen des Klimawandels, wird (Flucht-)Migration weiter an Relevanz gewinnen, weshalb wir als Europäer und Deutsche jetzt die Migrationspolitik der Zukunft gestalten müssen. Unser Ziel ist, dass sich Menschen nicht mehr auf den lebensbedrohlichen Weg durch Wüste und Mittelmeer unter Nutzung von Schleppern machen. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen wir alle denkbaren Alternativen in Erwägung ziehen. Die Rahmenbedingungen, die bisher die Grundlage des Asylrechts bilden, sind nicht mehr geeignet, um auf heutige Migrationsbewegungen moralisch vertretbar zu reagieren. Dies wollen wir ändern. Wir wollen eine moralische, wirksame und gute Migrationspolitik.
Für uns bedeutet Migration: Auf der einen Seite Asyl und anderweitige Einreise auf dem Fluchtweg, auf der anderen Seite Arbeitseinwanderung. Zwischen diesen verschiedenen Migrationsarten wollen wir strikt trennen, wobei ein Wechsel zwischen diesen Arten möglich sein kann (sogenannter Spurwechsel). Es gilt nun, die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass in der EU eine gesteuerte Migration stattfindet. Dies verhindert temporäre Spitzen, die die Akteure vor Ort zu überfordern drohen.
Vieles, was Freie Demokraten seit langem gefordert haben, wurde von der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) am 06.11.2023 beschlossen – und inzwischen teilweise umgesetzt. Diese beschlossenen Maßnahmen sind richtig. Wir fordern die Länder dazu auf, die von ihrer Zuständigkeit umfassten Maßnahmen zügig umzusetzen und den entsprechenden Gesetzen im Bundesrat zuzustimmen.
Doch diese Maßnahmen sind nur ein Anfang. Wir fordern, dass die Wirksamkeit der Maßnahmen nach ihrer Umsetzung fortlaufend überprüft wird. Sollte die Zahl der Asylbewerber nicht deutlich zurückgehen, fordern wir die Durchsetzung weiterer Maßnahmen. Dazu kann die Änderung des Art. 16a GG, mit einem Hinweis auf europäische Regelungen hin zu einer objektiven Institutsgarantie, verbunden mit der Zusage der Erhöhung und Aufnahme von sogenannten Kontingentsflüchtlingen am australischen und kanadischen Beispiel, sowie die Reform des Genfer Abkommens über die Rechtstellung der Flüchtlinge (GFK), gehören.
Darüber hinaus fordern wir folgende Maßnahmen:
- die Differenzierung zwischen verschiedenen Arten der Migration,
- die Auslagerung des Asylverfahrens in Dritt- und Transitstaaten,
- eine einheitliche Definition für sichere Dritt- und Herkunftsstaaten,
- die Einhaltung von humanitären Mindestanforderungen in Flüchtlingsunterkünften,
- den Bürokratieabbau und die Beschleunigung von Verwaltungsverfahren,
- die solidarische Verteilung von Flüchtlingen in Europa,
- den Ausbau von Frontex zu einer europäischen Grenzschutzbehörde,
- den Abschluss von Kooperationsvereinbarungen für die Migration in den Arbeitsmarkt,
- den Abschluss von Rücknahmeabkommen mit Dritt- und Herkunftsstaaten,
- das Nehmen von Anreizen, die gefährliche Reise nach Europa auf sich zu nehmen.
- die Rücknahme des Rechtskreiswechsels.
- die Integration von Migranten.
- die (sanktionsbewährte) Erfüllung von Erwartungen der Gesellschaft an Migranten.
2. Zukünftige Asylpolitik
Die Asylpolitik ist in Art. 16a Grundgesetz, dem Asylgesetz sowie im weiteren EU- und Völkerrecht geregelt. Im Jahr 2022 erfüllten ca. 1 Prozent der Asylbewerber in Deutschland die Voraussetzungen zum Erhalt des Asylstatus.
Der Aufenthalt in der EU ist auf den Zeitraum limitiert, in dem der Asylgrund vorliegt – mit Wegfall dieses Grundes müssen die Menschen grundsätzlich in ihre Heimatländer zurückkehren. Wenn die Voraussetzungen für einen Spurwechsel vorliegen (rückwirkend stichtagsbezogen, und der Geflüchtete erfüllt die Voraussetzungen), kann ein Geflüchteter in einen Arbeitseinwanderungstitel wechseln.
Für uns Freie Demokraten ist klar, dass jeder, der die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt, einen Anspruch auf Asyl hat. Indes haben Asylbewerber keinen Anspruch, sich das Land auszusuchen, in welchem sie Schutz erhalten wollen. Als eine Möglichkeit, Menschen den Anreiz zu nehmen, den gefährlichen Weg nach Europa auf sich zu nehmen, sehen wir die Auslagerung des Asylverfahrens in Dritt- und Transitstaaten.
2.1 Auslagerung des Asylverfahrens in Dritt- und Transitstaaten
Bereits im Koalitionsvertrag vereinbarte die Bundesregierung die Prüfung, ob die Feststellung des Schutzstatus von Geflüchteten unter Achtung der GFK und der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) zukünftig auch in Dritt- und Transitstaaten erfolgen kann. Die MPK beschloss nun den gleichen Prüfauftrag an die Bundesregierung.
Hauptbestandteil dieser Prüfung ist, ob Asylverfahren in Dritt- und Transitstaaten unter rechtsstaatlichen Prinzipien durchgeführt werden können. Im Lichte der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs des Vereinigten Königreichs kann dies beispielsweise dadurch geschehen, dass Asylanträge in europäischen und deutschen Botschaften und Konsulaten oder vor europäischen Bearbeitern gestellt werden. Ebenso ist eine (Vor-)Prüfung durch das UNHCR denkbar. Zumindest könnte durch eine zügige Vorabprüfung innerhalb eines Monats die Legalität der Einreise nach Europa und Deutschland geklärt werden. Dies ermöglicht es Migrationswilligen, einen legalen und sicheren Weg nach Europa zu wählen, anstatt sich auf gefährliche Routen zu begeben.
Wir fordern daher:
- die ernsthafte Prüfung, ob das Asylverfahren in Dritt- und Transitstaaten ausgelagert werden kann und wenn ja
- die zügige Schaffung der entsprechenden rechtlichen Voraussetzungen.
2.2 Einheitliche Definition für sichere Dritt- und Herkunftsstaaten
Wir begrüßen, dass das Gesetz zur Bestimmung Georgiens und der Republik Moldau als sichere Herkunftsstaaten im Bundestag verabschiedet wurde. Dieses Beispiel zeigt, wie langsam die Debatten rund um die Bestimmung als sicherer Herkunftsstaat geführt werden. Bereits 2019 unternahm die damalige Bundesregierung einen entsprechenden Versuch der Bestimmung, der damals im Bundesrat an den Bundesländern scheiterte.
Die Liste der Staaten, die als sichere Herkunftsstaaten bestimmt werden, muss erweitert werden, um das BAMF und andere Behörden zu entlasten. Hierbei kommen beispielsweise die Maghreb-Staaten in Betracht. Jedoch geht bei der Einzelbestimmung sehr viel Zeit im parlamentarischen Betrieb verloren. Eine Lösung kann sein, dass ein Automatismus dergestalt eingeführt wird, dass als sichere Herkunftsstaaten automatisch alle Staaten bestimmt werden, deren Staatsbürger im Rahmen des Asylverfahrens eine Schutzquote von unter 5 Prozent haben.
Uns ist bewusst, dass die Bestimmung von sicheren Herkunftsstaaten Hand in Hand gehen muss mit entsprechenden Migrationsabkommen. Denn nur wenn die Rücknahme von abgelehnten Asylbewerbern gesichert ist, entfaltet das rechtliche Instrument der sicheren Drittstaaten seine Wirkung. Wir unterstützen daher ausdrücklich die Arbeit des Sonderbevollmächtigten der Bundesregierung für Migrationsabkommen, Joachim Stamp (FDP), der essenzielle Aufbauarbeit leistet an einer Stelle, an der unter der GroKo Stillstand herrschte.
Das gleiche Problem wie bei den sicheren Herkunftsstaaten ergibt sich auch bei den sicheren Drittstaaten. Insbesondere im Lichte einer gemeinsamen europäischen Asylpolitik ist eine gemeinsame Definition wichtig. Als sichere Drittstaaten sollen solche Staaten bestimmt werden, in denen die UN-Menschenrechtsabkommen, insbesondere die GFK, de facto geachtet werden und somit ein Schutzanspruch, der in der EU bestünde, tatsächlich gewährleistet wird.
Wir fordern daher:
- eine europaweite Definition von sogenannten sicheren Dritt- und Herkunftsstaaten und
- die Einführung eines Automatismus hinsichtlich der Bestimmung als sicherer Herkunftsstaat.
2.3 Humanitäre Flüchtlingsunterkünfte
Sowohl für die Asylzentren an den EU-Außengrenzen als auch in den Unterkünften in den Mitglieds-, Dritt- und Transitstaaten müssen humanitäre Mindestanforderungen eingehalten werden. Aufgrund der hohen Zahl von Asylbewerbern mit seelischen und körperlichen Verletzungen muss eine entsprechende medizinische sowie psychische Versorgung zur Verfügung stehen. Für minderjährige Asylbewerber sollen pädagogische Möglichkeiten geschaffen werden. Ferner sollen altersgerechtes Spielzeug und Bücher zur Verfügung stehen. Für den Fall von unrechtmäßiger Behandlung soll in jeder Flüchtlingsunterkunft eine Beschwerdestelle den Austausch mit EU-Menschenrechtsbeobachtern ermöglichen. Bei der Unterbringung von Asylbewerbern gilt es, möglichst kosteneffektiv zu handeln. Als eine Maßnahme, um Kosten für die Unterbringung im Inland gering zu halten, sehen wir Sammelbestellungen für (Wohn-)Container seitens der Landesregierungen.
2.4 Beschleunigung der Asylverfahren
Der Aufenthalt in Flüchtlingsunterkünften ist zwar ein unzufriedenstellender Status - daher müssen Maßnahmen ergriffen werden, um die Aufenthaltszeiten dort zu minimieren - aber derzeit stellt dies die einzige Möglichkeit dar, die Vielzahl an Menschen unterzubringen. Die Mitarbeiter der Asylagentur der Europäischen Union (EUAA) sollen deutlich verstärkt bei der Bearbeitung der Asylanträge in den Flüchtlingszentren unterstützen und dafür ausreichend Mittel erhalten. Die MPK hat beschlossen, dass die Asylverfahren für Angehörige von Staaten, für die die Anerkennungsquote weniger als fünf Prozent beträgt, innerhalb von drei Monaten abgeschlossen werden soll, in allen anderen Fällen innerhalb von sechs Monaten.
Wir fordern daher, die (personelle) Ausstattung des BAMF und der kommunalen Ausländerbehörden sowie der Verwaltungsgerichte hinreichend zu erhöhen, um das beschleunigte Verfahren durchsetzen zu können. Die Länder müssen Justiz und Kommunen mit ausreichenden Mitteln für diese Zwecke ausstatten.
2.5 Gemeinsame Außengrenzen, gemeinsame Verantwortung
Gemeinsame Außengrenzen bedeuten gemeinsame Verantwortung und erfordern deshalb eine gemeinsame Grenzschutzbehörde. Für uns Freie Demokraten ist selbstverständlich, dass Menschen in Seenot zu retten sind. Die strukturierte Seenotrettung ist indes eine hoheitliche Aufgabe und soll perspektivisch von Frontex übernommen werden. Dafür muss die Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache (Frontex) gestärkt werden, um irreguläre Einreisen zu reduzieren. Die Arbeit von Frontex muss transparenter werden - insbesondere durch einen besseren Zugang zu Berichten und Untersuchungen durch Parlamentarier. Analog zur Europäischen Kommission soll auch das EU-Parlament zwei Mitglieder in den Frontex-Verwaltungsrat entsenden können. Die Grundrechtsbeauftragte und -beobachter sollen durch das EU-Parlament anstelle des Frontex-Managements eingesetzt und mit ausreichend Ressourcen ausgestattet werden. Ferner sollen zulässige Beschwerdeverfahren durch eine vom Frontex-Management unabhängige Stelle untersucht werden. Wenn neben Frontex auch nationale Behörden an einem beanstandeten Verhalten beteiligt waren, soll Frontex eigene Untersuchungen vornehmen, um mögliches Fehlverhalten zweifelsfrei klären zu können. Perspektivisch sollen auch Verstöße von EU-Organen untersucht werden, die durch nationale Grenzbeamte begangen wurden.
Wir fordern daher:
- die Bundesregierung dazu auf, sich auf europäischer Ebene dafür einzusetzen, dass die Sicherung der EU-Außengrenzen verbessert wird,
- den Ausbau von Frontex zu einer europäischen Grenzschutzbehörde mit eigenen Handlungsbefugnissen, Personal und Haushalt und
- die Erhöhung von Transparenz der Arbeit von Frontex.
2.6 Beitritt zur europäischen Menschenrechtskonvention
Alle 47 Mitgliedstaaten des Europäischen Rats einschließlich der 27 Mitgliedstaaten der EU sind Vertragsstaaten der Europäischen Menschenrechtskonvention. Die EU selbst ist der EMRK trotz vertraglicher Verpflichtung bislang nicht beigetreten. Um Klagen gegen Institutionen der EU vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu ermöglichen, ist der Beitritt der EU zur EMRK notwendig.
Wir fordern daher die EU dazu auf, der EMRK beizutreten.
3. Zukünftige Flüchtlingspolitik
Nur ein geringer Teil der Migranten, die aus ihrem Land fliehen, erfüllen die Voraussetzungen, um einen Asylschutz zu erhalten. Allerdings können sich Flüchtlinge auf einen Flüchtlingsschutz nach GFK oder sonstigen humanitären Schutzstatus berufen, beispielsweise als sogenannter „subsidiär Schutzberechtigter“. In Deutschland erfüllen etwas mehr als die Hälfte der Antragsteller die Voraussetzungen dafür. Der Aufenthalt in der EU ist für den Zeitraum limitiert, in dem der Fluchtgrund vorliegt – mit Wegfall dieses Grundes müssen die Menschen grundsätzlich in ihre Heimatländer zurückkehren. Im Einzelfall soll die Anwendung des sogenannten Spurwechsels geprüft werden.
3.1 Die EU als Solidargemeinschaft
Die im Rahmen der GEAS-Reform geplante Regelung, Menschen mit anerkanntem Schutzstatus quotiert auf die Mitgliedstaaten zu verteilen, begrüßen wir ausdrücklich und wir fordern die Länder dazu auf, die Bundesregierung bei der Umsetzung zu unterstützen.
Die Regelung, dass Mitgliedstaaten 20.000 Euro pro nicht aufgenommenen Menschen mit anerkanntem Schutzstatus zahlen sollen, begrüßen wir in der Sache; allerdings ist der Betrag zu gering. Für die Aufnahme, Unterbringung und Integration wurden im Jahr 2021 bundesweit ca. 32.500 Euro pro Asylbewerber ausgegeben. Es bedarf eine angemessene Kompensation, um Kommunen nicht weiter zu belasten.
Besteht der Verdacht, dass Gelder der EU für die Unterbringung von Asylbewerbern und Menschen mit anerkanntem Schutzstatus und abgelehnten Asylbewerbern missbraucht werden, muss das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) eingeschaltet werden.
Um Anreize für Sekundärmigration zu nehmen, müssen Leistungen an Asylbewerber, Menschen mit anerkanntem Schutzstatus und abgelehnte Asylbewerber europaweit unter Berücksichtigung der jeweiligen KauWra/ und Rechtsprechung angeglichen werden.
Wir fordern daher:
- die solidarische Verteilung von Flüchtlingen in Europa,
- die Erhöhung der Pauschale und
- die Angleichung der Asylbewerberleistungen in Europa.
3.2 Freiwillige Rückkehrprogramme fördern
Menschen, deren Asylantrag abgelehnt wurde oder deren Aufenthaltstitel abgelaufen ist oder zurückgenommen wurde, müssen Deutschland wieder verlassen. Hierbei wird ihnen eine Frist zur freiwilligen Ausreise gewährt. Erst nach Ablauf dieser Frist wird die Abschiebung zwangsweise durchgesetzt. Programme, die die freiwillige Rückkehr fördern, sind erfolgreich: Im Jahr 2022 haben ca. 8.000 Menschen diese Förderung angenommen.
Wir fordern daher, dass Rückkehrförderprogramme beibehalten und ausgebaut werden.
3.3 Konsequente Rückführungen
Die niedrige Schutzquote liegt an der gegenwärtigen Asylpolitik. Diese schafft Anreize dafür, dass eine Vielzahl von Menschen den Flüchtlingsrouten folgen, ohne tatsächlich politisch verfolgt zu sein oder die Voraussetzungen eines anderen Schutzstatus zu erfüllen. Sobald diese Menschen eine EU-Außengrenze überschreiten, können auch sie einen Asylantrag stellen. Dieser muss von den zuständigen Behörden geprüft werden. Dies sorgt für eine Überlastung der Behörden wie dem BAMF, die über den jeweiligen Status zu entscheiden haben, aber auch für eine Überlastung der Aufnahmeeinrichtungen sowie für eine Überforderung der aufnehmenden Gesellschaft. Dadurch gehen wertvolle Ressourcen verloren, wodurch tatsächlich Schutzbedürftigen die gebotene Hilfe vorenthalten wird. Ziel muss sein, dass Menschen ohne Aussicht auf einen Schutz gar nicht erst eine EU-Außengrenze überschreiten. Menschen, die bereits in Europa sind und die unmittelbar ausreisepflichtig sind – also die Voraussetzungen für einen Flüchtlingsschutz nicht erfüllen und keinem Abschiebeverbot nach § 60a Aufenthaltsgesetz aufgrund des EU-Rechts oder internationaler Abkommen (Duldung) unterfallen - müssen Deutschland unverzüglich verlassen. Unmittelbar ausreisepflichtig sind gegenwärtig ca. 50.000 Menschen; insgesamt sind etwa 280.000 ausreisepflichtig, genießen aber den Schutz einer Duldung.
Um Rückführungen auch umsetzen zu können, begrüßen wir die von der MPK beschlossene Verlängerung des Abschiebegewahrsams auf 28 Tage. Bei der bloßen Verlängerung darf es indes nicht bleiben, es müssen auch Haft- und Gewahrsamsplätze im erforderlichen Umfang vorgehalten werden. Baden-Württemberg hält beispielsweise derzeit 51 Haft- und Gewahrsamsplätze in einer einzigen zentralen Abschiebungshafteinrichtung vor. Gleichzeitig nehmen ca. 40.000 Ausreisepflichtige Aufenthalt. Diese Kapazität ist mithin nicht ausreichend. Für den Vollzug der Abschiebungen sind nach geltendem Recht die Länder zuständig. Dies führt dazu, dass bundesweit die Gesetze zur Rückführung verschieden ausgelegt werden.
Der Ablehnung eines Schutzstatus soll die Rückführung auf dem Fuße folgen. Dies wird aktuell dadurch erschwert, dass Menschen ohne Bleibeperspektive an die Kommunen überstellt werden und als Folge der Aufenthalt eines Ausreisepflichtigen unbekannt ist.
Wir fordern daher:
- die Länder dazu auf, Haft- und Gewahrsamsplätze im erforderlichen Umfang vorzuhalten,
- die Zuständigkeit für die Durchsetzung von Rückführungen dem Bund zu übertragen und
- dass Ausreisepflichtige direkt aus der (Landes-)Erstaufnahmeeinrichtung rückgeführt werden.
3.4 Wirkungsvolle Migrations- und Rücknahmeabkommen
Rückführungen gestalten sich indes in der Praxis schwierig, da die Herkunftsstaaten die Rücknahme verweigern oder Menschen keine Papiere haben und so ihre Herkunft nicht zweifelsfrei festgestellt werden kann. Ferner stellen die Geldtransfers in die Heimat für einige Staaten eine sehr wichtige Einkommensquelle dar. Mithin mangelt es einigen Staaten an Anreizen, ihre Staatsbürger zurückzunehmen. Anreize zur Rücknahme können Migrations- und Rücknahmeabkommen schaffen. Wir unterstützen daher den Sonderbevollmächtigten für Migrationsabkommen der Bundesregierung, Joachim Stamp, bei dem Abschluss von entsprechenden Abkommen. Anreize wären dabei weniger finanzieller Natur, sondern Kooperationsvereinbarungen – wie beispielsweise die Möglichkeit der visafreien Einreise in die EU und die Festsetzung von Kontingenten für (legale) Migration in den Arbeitsmarkt. Hierdurch können qualifizierte Menschen legal in den europäischen Arbeitsmarkt immigrieren und nahezu sofort einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Dieses System ist selbstregulierend, da wir Menschen Arbeitsvisa erteilen, solange von dem entsprechenden Staat Bürger zurückgenommen werden. Eine solche Regelung hätte ferner das Potential, im erheblichen Umfang Straftaten von Ausreisepflichtigen vorzubeugen, welche überproportional häufig Straftaten begehen.
Mit wirkungsvollen Migrations- und Rücknahmeabkommen in Verbindung mit der Bestimmung als sicherer Herkunftsstaat wollen wir ein Zeichen setzen, damit sich Menschen, die erkennbar keine Aussicht auf einen Schutz haben, gar nicht erst auf dem Weg nach Europa machen.
Wir fordern daher den Abschluss wirkungsvoller Migrations- und Rücknahmeabkommen.
3.5 Erstaufnahmeländer unterstützen / Geldgeber UNHCR
Es flüchten tausende Menschen aus (Bürger-)Kriegs-Regionen aus aller Welt – zunächst kommen sie in der Regel in Flüchtlingslagern in anderen Regionen ihres Landes oder in Nachbarländern unter. Der UNHCR ist für seine wichtige Aufgaben hinsichtlich der Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen in den Erstaufnahmeländer (21 Millionen Flüchtlinge in Erstaufnahmeländern und 49 Millionen Inlandsflüchtlinge) – häufig selbst die ärmsten Staaten der Welt – drastisch unterfinanziert (ca. 64 Euro pro Jahr und Flüchtling).
Wir fordern daher, die staatlichen Geldleistungen der Geberländer zu erhöhen.
4. Zukünftige Einwanderungspolitik
Die dritte Kategorie ist die Einwanderungspolitik. Diese zeichnet sich dadurch aus, dass diese Menschen nicht Asyl oder einen sonstigen humanitären Schutzstatus ersuchen. Die Motivation ihrer Migration ist vor allem wirtschaftlicher Natur.
Wir wollen nicht nur, dass mehr Menschen in unseren Arbeitsmarkt einwandern – wir wollen auch dafür sorgen, dass diese Menschen dauerhaft hierbleiben und sich nach einer bestimmten Zeit ggf. einbürgern lassen. Im Jahr 2021 haben ca. 994.000 Menschen - darunter 250.000 deutsche Staatsbürger - Deutschland verlassen. Einige offensichtliche Gründe, wie die hohe Steuerlast, liegen dabei auf der Hand. Über weitere Gründe wissen wir indes wenig. In Unternehmen sind heutzutage sogenannte „exit interviews“ üblich. In solchen Gesprächen wird darum gebeten, zu erläutern, warum man das Unternehmen verlassen hat und konstruktive Vorschläge zu geben, wie man dieses als Unternehmen hätte verhindern können.
Unsere Wirtschaft benötigt dringend Fachkräfte und auch geringer Qualifizierte. Der europäische und insbesondere deutsche Arbeitsmarkt sind sehr attraktiv für Menschen aus der ganzen Welt. Indes gibt es eine Vielzahl an Staaten auf der Welt, die bislang attraktiver für Immigranten sind. Dies liegt auch an den langen Verfahrenszeiten, insbesondere aufgrund der langen Anerkennungsverfahren für (akademische) Abschlüsse. Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz ist ein erster wichtiger Schritt, dem weitere folgen müssen. Allem voran muss die Einwanderung in den Arbeitsmarkt weiter vereinfacht werden.
Wir wollen mit oben beschriebenen Kooperationsvereinbarungen mit Dritt- und Herkunftsstaaten neue Einwanderungsmöglichkeiten erschließen. Ferner wollen wir am Vorbild Kanadas mit einem Punktesystem reguläre Einwanderung in den Arbeitsmarkt ermöglichen. Das neu eingeführte Punktesystem wird mit Inkrafttreten ein Leuchtturm auf dem internationalen Arbeitsmarkt sein. Bisher ist das Punktesystem als Suchtitel ausgestaltet. Es ermöglicht neben der Stellensuche auch bereits eine Beschäftigung in einem qualifizierten Job oder in einer Nebenbeschäftigung. Mit ersterem soll die Anschlussfähigkeit an andere, berufserfahrungsbezogene Aufenthaltstitel sichergestellt werden. Mit zweiterem soll dem Arbeitssuchenden die Existenzsicherung ermöglicht werden. Längerfristig sollte das Punktesystem weiter ausgebaut werden und die bestehenden Aufenthaltstitel zur Arbeitseinwanderung sukzessive ersetzen - auch hier kann Kanada ein Vorbild sein.
Zeitarbeitsunternehmen dürfen nur für Akademiker mit einem Einkommen über 43.800 Euro tätig werden. Kleine und mittlere Unternehmen, die Arbeitnehmer für Jobs unterhalb dieser Einkommensgrenze suchen, haben selten die Kapazitäten und Fähigkeiten, im Ausland entsprechende Fachkräfte anzuwerben. Diese Unternehmen benötigen daher oft die Unterstützung von professionellen Dienstleistern.
Insgesamt ist das Verfahren nach dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz weiterhin zu bürokratisch. Deswegen fordern wir das BMI auf, die vereinbarte Prüfung der Bündelung aller Verfahren in einer Behörde sofort zu starten.
Wir fordern daher:
- die Einführung von „Exit-Interviews“,
- die Entbürokratisierung und Vereinfachung der Arbeitsmarktmigration,
- die Abschaffung der Einkommensgrenze für das Tätigwerden von Zeitarbeitsunternehmen und
- die Einrichtung einer Bundesagentur für Einwanderung.
5. Umgang mit bereits Aufenthaltnehmenden
5.1 Rücknahme des sogenannten Rechtskreiswechsels
Zwar begrüßen wir bei den Ukrainern die kollektive Verleihung des vorübergehenden Schutzes (mittels EU-Massenzustrom-Richtlinie, umgesetzt in § 24 Aufenthaltsgesetz) insoweit, als von einer individuellen Überprüfung nach dem Asylrecht abgesehen wird. Dies erspart wertvolle Ressourcen, da ohnehin nahezu alle Antragsteller ein Aufenthaltsrecht bekommen hätten. Indes lehnen wir die Folgen des sogenannten Rechtskreiswechsels insoweit ab, als durch diese Ungleichbehandlung im Vergleich zu Menschen aus anderen Herkunftsstaaten nun die Gemeinden die finanzielle Last tragen. Auch die finanzielle Last hinsichtlich der ukrainischen Flüchtlinge sollte vom Land getragen werden. Darüber hinaus werden Ukrainer durch den Rechtskreiswechsel mit der damit einhergehenden Bürokratie oftmals überfordert.
Wir fordern daher die Rücknahme des Rechtskreiswechsels für Ukrainer mittels Stichtagsregelung.
5.2 Leistungen anders ausgestalten
Die Sozialleistungen an Asylantragssteller und solche nach Abschluss des Verfahrens sollen – soweit möglich – in Gestalt von Sachleistungen erfolgen. Daher begrüßen wir den Beschluss der MPK hinsichtlich der Einführung von Bezahlkarten. Insbesondere muss sichergestellt werden, dass staatliche Geldleistungen nicht in die Herkunftsstaaten überwiesen werden können (sogenanntes Financial Blocking).
5.3 Erwartungen an Migranten
An Menschen, die in Deutschland aufgrund humanitärer Verpflichtung aufgenommen wurden oder in den Arbeitsmarkt eingewandert sind, darf die Gesellschaft auch Erwartungen stellen. Dazu gehört, dass sich diese Menschen in die Gesellschaft integrieren und sich bereits entstandene Parallelgesellschaften nicht weiter perpetuieren. Wer in Deutschland leben will, muss unsere Werte teilen. Dies gelingt zum Beispiel dadurch, dass die deutsche Sprache erlernt, sich an unsere sozialen Gewohnheiten angepasst, eine Erwerbstätigkeit aufgenommen und ein eigener Hausstand gegründet wird. Menschen mit Bleibeperspektive muss so schnell wie möglich ein Angebot hinsichtlich eines Sprachkurses gemacht werden. Damit ein qualitativ hochwertiger Deutschunterricht gewährleistet werden kann, ist es erforderlich, dass die Fremdsprachendozenten eine Festanstellung erhalten.
Der Zugang zum Arbeitsmarkt soll sich für Asylbewerber zukünftig schneller und leichter gestalten. Dafür fordern wir die digitale und unbürokratische Beantragung der Beschäftigungserlaubnis bei den Ausländerbehörden. Wir fordern, dass zwischen Flucht und Verfolgung und der Arbeitsmarktintegration strikt getrennt wird. Daher soll es für Asylbewerber aus sicheren Herkunftsstaaten, bei offensichtlich unbegründeten Asylanträgen und in Fällen, in denen jemand seine Identität verschleiert, bei den aktuell geltenden Regeln bleiben. Den Beschluss des Bundes-Koalitionsausschusses dahingehend begrüßen wir. Dieser muss nun zügig umgesetzt werden. Ferner fordern wir die ersatzlose Abschaffung der Vorrangprüfung im Rahmen der Prüfung der Beschäftigungserlaubnis.
Wir stellen die Erwartung, dass sich ernsthaft um eine Arbeitsstelle bemüht wird. Werden diese Erwartungen nicht erfüllt, müssen die Sozialleistungen so weit gekürzt werden, wie die Gewährleistung des menschenwürdigen Existenzminimums im Lichte der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts es gebietet.
Wir fordern daher:
- das flächendeckende und schnelle Angebot von Deutschkursen, welche auch angenommen
werden sollen, - die Festanstellung von Fremdsprachendozenten,
- das ernsthafte Bemühen, eine Erwerbstätigkeit auszuüben und das Sanktionieren bei
Enttäuschung der Erwartungen.
Begründung:
Erfolgt mündlich.