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Sicherung der langfristigen Energieversorgung in Deutschland
Sicherung der langfristigen Energieversorgung in Deutschland
Die FDP bekennt sich ausdrücklich zu den Zielen des Pariser Klimaabkommens. Das darin festgehaltene Ziel – dass in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts die Emission anthropogener Treibhausgase im Gleichgewicht mit deren Abbau sein soll – darf grundsätzlich technologieoffen erreicht werden. Im Pariser Klimaabkommen sind keine Technologien vorgeschrieben. Doch der bisher in Deutschland beschrittene Weg und damit der Ausblick auf die langfristige Energieversorgung ist nicht zufriedenstellend.
Die derzeitige politische Planung ist dagegen widersprüchlich, teilweise geprägt von irrealem Wunschdenken und nicht finanzierbar. Die aktuellen weltweiten Krisenherde verstärken diese energetischen und finanziellen Schwierigkeiten. Es gibt zahlreiche technische und wirtschaftliche Problembereiche. Ohne deren Lösung wird diese Energiewende Deutschlands scheitern!
Wegen der Komplexität der Energieversorgung einer Industrienation wie Deutschland ist ein staatlich lenkendes Mikromanagement nicht möglich. Die Energiepolitik muss sich auf die Rahmensetzung beschränken und einer realistischen Energiebedarfsprognose und den technischen Möglichkeiten, aber nicht rein formaljuristischen oder offensichtlich unrealistischen Annahmen folgen.
Wir sehen deutliche Probleme in der sicheren und ausreichenden Energieversorgung, einer notwendigen und sinnvollen Energiespeicherung, bezahlbarer und international wettbewerbsfähiger Energiepreise und in einer effizienten Natur- und Ressourcenschonung. Daraus ergeben sich folgende Forderungen:
- 1. Die Energiepolitik muss realistischen Energiebedarfsprognosen folgen. Die Erfüllung des Mindestbedarfs von mindestens 2.000 TWh* pro Jahr klimaneutraler Endenergie ist technologieoffen sicherzustellen. (*Ohne Speicher- und Umwandlungsverluste. Es gibt Berechnungen, die 2.500-2.700 TWh prognostizieren. Daher bitte das Wort „mindestens“ beachten.)
- 2. Die künftig zu nutzenden klimaneutralen Energiequellen sind sinnvoll zu diversifizieren (inklusive Importe) und zu vernetzen. Dazu gehören neben Windenergie, Photovoltaik und Wasserkraft die nachhaltige Bioenergie, Methanpyrolyse, die optimale Nutzung von Umgebungs- und Abwärme, die Oberflächen- und Tiefengeothermie, wenn technisch noch möglich die Reaktivierung verbliebener Kernkraftwerke (KKW), auf lange Sicht neuartige Kernspaltungsreaktoren und die Kernfusion. Für die notwendige Übergangszeit zählen auch noch fossile Energieträger in Kombination mit Carbon Capture and Storage (CCS) und Carbon Capture and Utilization (CCU) dazu. CCS und CCU sind auch für industrielle Verfahren unverzichtbar, die wie beispielsweise die Zementherstellung zwingend CO2 erzeugen.
- 3. Emissionsfrei produzierter Wasserstoff ist ein wichtiger Energieträger, der jedoch mit hohem Energieaufwand – mit mindestens dem 1,2-fachen seines eigentlichen Energiegehalts – hergestellt werden muss. Um Wirkungsgradverluste zu minimieren, muss Wasserstoff bevorzugt stofflich genutzt werden. Stoffliche Nutzung sind (a) Ersatz von Erdgas zur Heizung, (b) Ausgangsstoff von synthetischen Kraftstoffen (Flugzeuge, LKW), (c) Ausgangsstoff für die chemische Industrie, (d) Alternative in Fahrzeugen mit Brennstoffzellen-Antrieb, etc. Der Einsatz von Wasserstoff in thermischen Gaskraftwerken zur Stromerzeugung ist wegen des schlechten Gesamtwirkungsgrads zu minimieren.
- 4. Die Entwicklung von Technologien zur emissionsarmen Herstellung von Wasserstoff („grün“ bzw. „blau“) sowie eine flächendeckende Wasserstoff-Infrastruktur sind zu fördern, die bestehenden Gasnetze sind entsprechend umzurüsten und zu erhalten. Dazu zählt beispielsweise die Initiative der deutschen Gasnetz-Betreiber und die Entwicklung mobiler Brennstoffzellen. Dazu gehört auch, dass das Netz in Zukunft nicht nur für den Transport von Wasserstoff, sondern auch von synthetischem Methangas (Synthetic Natural Gas = SNG) benötigt wird.
- 5. Die benötigte Menge an Energie, insbesondere Strom, muss jederzeit zuverlässig verfügbar sein. So dürfen grundlastfähige Erzeugungsanlagen und deren Infrastruktur erst stillgelegt werden, wenn entsprechender Ersatz gesichert zur Verfügung steht. Nicht die Verknappung der Energie, sondern die bedarfsdeckende Verfügbarkeit ist das Ziel, was auch zu sinkenden Preisen führt.
- 6. Die Versorgung mit Energie ist neben der Eigenproduktion weiterhin durch Importe sicherzustellen.
- 7. Stromerzeugung und Stromnetze inklusive die notwendige Vernetzung mit dem Ausland sowie Speicher und Sektorenkopplung sind schnellstmöglich auf die zu erwartende substanzielle Steigerung des Strombedarfs auf- bzw. umzurüsten.
- 8. Stromerzeugung und Stromversorgung müssen grundsätzlich auch autark, unabhängig vom allgemeinen Netz, unter Einbeziehung privater Energiespeicher, möglich sein und vereinfacht genehmigt werden. Hierzu gehören auch Quartierslösungen, die derzeit bereits erfolgreich unter Einbeziehung kalter Nahwärme privat oder genossenschaftlich betrieben werden, sowie Energieversorgungslösungen für Unternehmen oder einzelne Gemeinden.
- 9. Zur Dämpfung der Volatilität von Windkraft und Photovoltaik sind vorrangig ausreichend groß dimensionierte Energiespeicher, insbesondere Stromspeicher, zu bauen. Die industrielle Entwicklung entsprechender Speicherkapazitäten, wie beispielsweise der Organic-SolidFlow-Batterien, ist gesetzgeberisch und regulatorisch zu erleichtern.
- 10. Bereits beim Bau von Windkraftanlagen und Photovoltaik sind Energiespeicher planerisch zu integrieren, deren physikalisches Prinzip und Kapazität durch Marktmechanismen definiert werden. Ebenso ist die Raumordnung zu berücksichtigen. Dies ist primär eine Aufgabe der Übertragungsnetzbetreiber.
- 11. Die Umsetzung der durch den Rahmen der Energieversorgung definierten Aufgaben muss marktwirtschaftlich erfüllt werden. Der Emissionshandel gewinnt weiter an Wirksamkeit, wenn er global, besonders mit den Großemittenten, verbindlich vereinbart werden kann.
- 12. Für die internationale Wettbewerbsfähigkeit und den sozialen Frieden im Land müssen die Steuern und Abgaben auf die Energiepreise, die weltweit mit am höchsten sind, sinken.
- 13. Für die Einhaltung dieser Eckpunkte und für die Nachhaltigkeits-Analysen ist dasjenige Bundesministerium verantwortlich, in dem Energiethemen überwiegend angesiedelt sind.
Begründung:
- Die Energiebedarfsprognosen der Bundesregierung sind zu niedrig. Die bereitgestellte Energiemenge muss durch den Bedarf bestimmt werden, nicht durch ein gesetzlich verknappendes Angebot. Realistische Prognosen kommen auch nach der Energiewende auf einen Endenergiebedarf von mindestens 2.000 TWh pro Jahr (siehe Anhang, ohne Speicher- und Umwandlungsverluste). Ebenfalls noch nicht befriedigend berücksichtigt ist der voraussichtlich stark steigende Strombedarf in der Informationstechnologie, allen voran für die Künstliche Intelligenz (KI) und Kryptowährungen.
- Eine einseitige Ausrichtung auf eine primär strombasierte Energiewirtschaft ist nicht zielführend, insbesondere nicht im Bereich der Wärmeversorgung. Neben Windkraft, Biomasse und Photovoltaik zählen wir neben anderen explizit die Nutzung des Wasserstoffs aus Methanpyrolyse, verstärkte Nutzung von Biomasse als Rohstoff vor allem aus organischen Abfällen, die optimale Nutzung von Umgebungswärme, die Oberflächen- und Tiefengeothermie, die Kernspaltung und die Kernfusion zu den möglichen Energieträgern dazu. Eine ausreichende Energieversorgung ist eine Basis für den Erhalt des Industriestandortes.
- Wasserstoff ist für die Entwicklung einer nicht-fossilen Energiewirtschaft ein wichtiger Energieträger, vor allem für nicht elektrifizierbare Anwendungen. Der Energieaufwand zur Herstellung grünen Wasserstoffs ist jedoch sehr hoch: Für jede kWh Wasserstoff-Energie müssen mindestens 1,2 kWh Strom aufgewendet werden. Dazu kommt ein sehr hoher Wasserbedarf, der an nur den wenigsten Standorten befriedigt werden kann. Blauer Wasserstoff wird aus fossilem Methan durch Pyrolyse gewonnen, ohne CO2 Emission und mit wesentlich geringerem Aufwand. Deshalb sind verschiedene Verfahren zur Herstellung von Wasserstoff sowie eine flächendeckende Wasserstoff-Infrastruktur, unter Beibehaltung der Gasnetze, zu fördern. Dazu zählt beispielsweise die Initiative der deutschen Gasnetz-Betreiber und die Entwicklung mobiler Brennstoffzellen. Die Weiternutzung bzw. Verarbeitung des Wasserstoffs erfordert wiederum Energie. Die vergleichsweise höchsten Wirkungsgrade liegen bei seiner direkten Nutzung als Heizgas. Des Weiteren ist die Chemie des Wasserstoffs und seine weitere Nutzung in Synthesegas seit über 100 Jahren Stand der Technik, beispielsweise zur Herstellung von Chemieprodukten, synthetischen Kraftstoffen, etc. Die Nutzung von Wasserstoff als Speichermedium für Überschussstrom mit anschließender Rückverstromung muss allerdings wegen der im Vergleich zu Stromspeichern deutlich niedrigeren Wirkungsgrade kritisch gesehen werden. Alle Maßnahmen im Zusammenhang mit Wasserstoff als Energieträger werden allerdings nicht ohne einen massiven Ausbau der Elektrizitätserzeugung möglich sein. Dies ist klar zu kommunizieren, und eine entsprechende Strategie zum Umstieg muss erarbeitet werden, um Versorgungslücken zu vermeiden.
- Die deutschen Stromnetze müssen schnellstmöglich wegen des steigenden Strombedarfs aufgerüstet werden. Dazu muss der ausreichend umfangreiche Transport der Energie bundes- und europaweit sichergestellt werden. Dies gilt auch für die Versorgung mit Gas bzw. Wasserstoff durch Pipelines und entsprechende Lagerhaltung.
- Energie-Importe müssen jederzeit möglich sein und dürfen weder regulatorisch noch gesetzgeberisch benachteiligt werden.
- Ohne ausreichend dimensionierte große Stromspeicher ist es widersinnig, immer mehr volatile Energieversorger aufzubauen, wenn der Strom gerade in Spitzenzeiten weder zu den Verbrauchern abgeleitet noch in der nötigen großen Menge gespeichert werden kann, und er andererseits in Zeiten von Dunkelflauten fehlt. Dafür mangelt es in großem Umfang vor allem an Stromspeichern, die einen hohen Wirkungsgrad und schnelle Verfügbarkeit aufweisen. Es gibt zahlreiche industrielle Ansätze, wie beispielsweise der Organic-SolidFlow-Batterien oder Batterien auf Na-NiCl Basis, jedoch noch nicht mit den erforderlichen Leistungen und Kapazitäten.
- Wir brauchen eine Gesamtspeicherkapazität, die jeweils 3 Monate des Primärenergiebedarfs des jeweiligen Sektors abdecken kann, ähnlich der derzeitigen strategischen Ölreserve für Krisenfälle. Dies soll nicht nur für Strom, sondern auch für Wärme und Verkehr eingerichtet werden. Nur dann sind alle notwendigen Bestandteile für die sinnvolle und krisensichere Nutzung volatiler und anderer Energieträger verfügbar.
- Der Betrieb von neuen Gaskraftwerken ist nicht klimaneutral, eine zukünftige Stromversorgung mit Wasserstoff ist allein wegen des enormen Bedarfs an Wasserstoff, Wasser und Energie unwirtschaftlich. Der Ausbau von Großspeichern und mittelfristige Aufrüstung von fossilen Bestandskraftwerken mit CCS/U Systemen erscheint sinnvoller.
- Der langfristig beste und effizienteste Weg zu sinkenden Energiepreisen ist ein ausreichendes und nicht knappes Angebot. Dazu dient die wirklich technologieoffene Ausweitung der Energiemengen in einer Kombination aus nationalen Anstrengungen, Nutzung heimischer Ressourcen sowie dem freien, weltweiten Handel mit den verschiedenen Energieträgern. Dabei muss eine breite Diversifizierung zur Minimierung von Abhängigkeiten angestrebt werden.
- Vom Gesetzgeber sind alle genannten Maßnahmen zu unterstützen, vor allem durch Beseitigung administrativer und regulatorischer Hürden sowie eine zielführende Rahmensetzung, aber nicht durch staatliches Mikromanagement.
- Alle Technologien der Energieversorgung sind durch mindestens zwei unabhängige, renommierte in- und ausländische Organisationen periodisch auf die nationale sowie internationale ökologische, ökonomische und soziale Nachhaltigkeit zu analysieren. Beispielhaft sind Parameter wie Ressourcenbedarf, Emissionsverhalten, Landverbrauch, Förderung der Biodiversität, Auswirkungen auf die Gesundheit zu untersuchen.
- Diese Analysen werden ein Teil des Informationspakets sein, das als Datenbasis für den demokratischen Entscheidungsprozess zur zukünftigen Energieversorgung Deutschlands dient.
- Zur weiteren detaillierten Begründung unserer Forderungen verweisen wir auf den technischen Anhang dieses Antrags. Zur Beantwortung von Fragen stehen die Verfasser dieses Antrags jederzeit zur Verfügung.
Technischer Anhang – Detaillierte Begründung
1. Problemstellung
Die Ziele des Pariser Klimaabkommens sind klar. Der Anstieg der durchschnittlichen Erdtemperatur ist auf maximal 2 Grad Celsius zu begrenzen (Art. 2), indem in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts die Emission anthropogener Treibhausgase im Gleichgewicht mit deren Abbau sein soll (Art. 4).[1] Deutschland bezeichnet dieses Ziel als Klimaneutralität, und will es bis 2045 erreichen. D.h., dass zur Energieerzeugung hauptsächlich regenerative Quellen wie Wind- und Wasserkraft, Sonnenenergie, Geothermie oder nachwachsende Rohstoffe bereitzustellen seien. Dabei sollen die globalen Ressourcen maximal geschont werden.[2]
Die Minimierung der Emission obiger Gase bedeutet eine weitgehende Dekarbonisierung der Energieerzeugung. In der Zeit bis 2045 müssen die Emissionen vordringlich von CO2 und Methan substanziell sinken. Alle bisher fossilen Energieformen, die heute noch zu ca. 80% zur Versorgung mit Strom, Wärme und Treibstoffen für den Verkehr eingesetzt werden, sollen weitgehend entfallen. Diese Umstellung auf regenerative Energien, d.h. weg von geologisch gespeicherten Energieformen hin zu einem neuen Energiekreislauf, ist ein historischer Paradigmenwechsel bzw. komplexer Kraftakt mit komplett neuer Infrastruktur. Er bedeutet in diesem für die Industrienation Deutschland essenziellem Bereich gewaltige Änderungen mit hohen Kosten.
Das Pariser Klimaabkommen schreibt keine technischen Lösungen vor. Es fordert lediglich, dass ab 2050 die anthropogenen Emissionen von Treibhausgasen im Gleichgewicht mit deren Abbau stehen müssen. So ist die Entfernung von CO2 aus den Kraftwerks- und Industrieabgasen durch CCS- und CCU-Technologien eine Option, womit fossile Energieträger zumindest für eine Übergangszeit weiterhin zur Energieversorgung einsetzbar wären.
2. Energiebedarfsprognosen
2.1 Status Quo - Energiebedarf
In Deutschland lag der Primärenergiebedarf 2019, dem letzten Jahr vor COVID-19, bei 3.600 TWh[3], dem niedrigsten Wert seit 1990, der Endenergiebedarf betrug 2019 knapp 2.400 TWh[4]. Der jährliche Strombedarf betrug knapp 500 TWh[5], die zu 48% fossil erzeugt wurden.
Der Endenergiebedarf ist seit 1990 bis heute leicht gesunken. Es ist aber nicht realistisch anzunehmen, dass der Endenergiebedarf allein durch politische Vorgaben auf 1.400 TWh/Jahr sinken wird, wie es die Bundesregierung im Energieeffizienz-Gesetz (EnEfG) fordert. Sinkender Endenergiebedarf kann nicht „herbeigebetet“ werden. Hierzu bedarf es einer realistischen Vorhersage auf Basis technischer Möglichkeiten.
Es gibt derzeit verschiedenste Energiebedarfsprognosen:
- Die Ampel-Koalition hat in ihrem Koalitionsvertrag den Bruttostrombedarf bis 2030, d.h. nach Abschalten der Kernkraftwerke und Kohlekraftwerke, auf 680 – 750 TWh pro Jahr abgeschätzt.
- Das Energie-Effizienz-Gesetz (EnEfG) vom November 2023 prognostiziert einen Endenergiebedarf von 1.460 TWh pro Jahr. Es gibt jedoch keine technische Orientierung, wie das geschehen soll, und spiegelt eher ein Wunschdenken als ein realistisches Szenario wider.
- Die vorherige Bundesregierung hat in ihrer „Energieeffizienzstrategie 2050“ eine deutlich höhere Schätzung abgegeben. Sie ging von einer Reduktion des Primärenergiebedarfs von derzeit >11.000 PJ auf ca. 7.200 PJ bzw. 2.000 TWh aus, allerdings mit überwiegend regulatorischen Maßnahmen. Andere Institutionen wie auch eigene Arbeiten kommen zu folgenden Prognosen:
- Prognos erwartet einem Endenergiebedarf für 2030 von 8.427 PJ = 2.341 TWh
- Die aktuelle Prognose des UBA für 2050 gibt 7.190 PJ als Primärenergiebedarf an, d.s. 1.997 TWh.
- Das Fraunhofer IEE prognostiziert einen Endenergiebedarf 2050 von 1.850 TWh.
- Eigene Abschätzungen[6], die einen derzeit technisch absehbaren maximalen Ersatz fossiler Brennstoffe in Industrie, Verkehr, Haushalten und Gewerbe durch Strom betrachten, kommen zu dem Ergebnis, dass der Strombedarf allein durch diese Elektrifizierung auf mindestens 1.500 TWh pro Jahr steigen wird. Hierin sind Speicher- und Umwandlungsverluste nicht eingerechnet. Dazu käme ein nicht durch Strom ersetzbarer Bedarf an klimaneutral hergestellten Brennstoffen von mindestens etwa 500 TWh/Jahr, also insgesamt mindestens 2.000 TWh pro Jahr. Entsprechend dieser Energiebedarfsprognose muss also für die Energiewende die derzeitige klimaneutrale Stromerzeugung von 270 TWh pro Jahr auf mindestens 1.500 TWh pro Jahr steigen, um die Ziele der Bundesregierung bis 2045 zu sichern. Durch Umwandlungs- und Speicherverluste wird der Bedarf aber eher deutlich höher werden. Dazu ist der voraussichtliche Bedarf von mindestens 500 TWh pro Jahr an klimaneutralen Brennstoffen zu rechnen, der nicht durch Strom abdeckbar ist. Es ist zu betonen, dass die Zahl von 2.000 TWh eine Prognose für den Mindestbedarf und mit erheblicher Unsicherheit verknüpft ist. Es gibt Studien, die mit 2.500-2.700 TWh rechnen. Eine dieser Unsicherheiten ist der vermutlich enorm steigende Strombedarf in der Informationstechnologie, allen voran für KI (Künstliche Intelligenz) und Kryptowährungen. Schon heute ist der weltweite IT-Energiebedarf so hoch wie der der gesamten Luftfahrt[7]. Der globale Energieverbrauch allein der Kryptowährungen im Jahr 2021 betrug über 75 TWh[8].
Aufgrund dieser Zahlen ist für die nächsten mindestens 20 Jahren von einem Endenergiebedarf von mindestens rund 2.000 TWh pro Jahr auszugehen. Derzeit ist allerdings nicht abzusehen, dass diese Ziele erreicht werden.
2.2 Status Quo - Netto-Stromerzeugung
Zur Netto-Stromerzeugung[9] lieferten Kohle, Öl, Erdgas und Kernenergie 2023 mit 86,8 GW installierter Leistung 240 TWh des in Deutschland erzeugten Stroms, das entspricht 47 %. Wind- und Solaranlagen sowie Biomasse haben eine installierte Leistung von 160 GW und lieferten damit 270 TWh, das entspricht 53%.
Die Abschaltung der letzten Kernkraftwerke ist Anfang 2023 erfolgt, der Ausstieg aus Kohlekraftwerken soll laut politischer Vorgaben möglichst bis 2030 erfolgen. Beide Kraftwerkstypen zusammen repräsentieren ein Energiepotential von ca. 212,5 TWh pro Jahr, das abgebaut und durch Sonne / Wind ersetzt werden soll.
Vergleicht man die o.g. Zahlen mit der heutigen Stromerzeugung, dann wird klar, wie immens groß die Lücke zwischen dem Status Quo und den Zielen bis 2045 ist. Die klimaneutrale Energieerzeugung müsste also von heute gut 270 TWh/Jahr auf mindestens 2.000 TWh/Jahr steigen.
Zur Illustration, wie weit diese Ziele derzeit entfernt sind: Man bräuchte den jährlichen Zubau (ohne Ersatzbauten) von 4.325 Windkraftanlagen mit je 10 MW Leistung bei durchschnittlich 2.000 Vollaststunden pro Jahr[10], um rein rechnerisch in 20 Jahren von 270 TWh klimaneutraler Energie pro Jahr auf 2.000 TWh/Jahr zu kommen. Die Probleme der Volatilität, der fehlender Speicher, des Landbedarfs und der Flächenkonkurrenz, der notwendigen Rohstoffe, der Kosten, des Personalbedarfs, des massiven Netzausbaus und seiner Steuerung sowie der vergleichsweisen kurzen Lebenszeit einer WKA von 20-25 Jahren bleiben bestehen. Ob diese gigantischen Ausbauziele realistisch sind, darf aus gutem Grunde bezweifelt werden.
3. Versorgungssicherheit bei fluktuierenden Energien
3.1 Grundsätzliche Herausforderungen der Wind- und Solar-Energie
Wind- und Sonnenenergien sind witterungsabhängig und nur unregelmäßig verfügbar. Im Vergleich zu den 8.760 Stunden eines Jahres betragen die Volllaststunden von Windkraftanlagen im Schnitt nur 3.500 Stunden off-shore bzw. 2.000 Stunden an Land. Solaranlagen schaffen im Jahresschnitt nicht ganz 1.000 Volllaststunden. Zu einer zeitlich abgedeckten Versorgungssicherheit klafft also eine große Lücke.
Hierzu hat die Bundesregierung erst im Februar 2024 strategische Ideen veröffentlicht. Zur Absicherung von Dunkelflauten, also Zeiten ohne Wind und Sonne, sollen 4 neue mit je 2,5 GW-Leistung ausgestattete Gaskraftwerke gebaut werden, die mit CCS ausgerüstet sein müssen und auch mit Wasserstoff funktionieren sollen. Daneben sind bislang wenig quantifizierte Maßnahmen wie Sektorenkopplung, intelligente Netzwerke (Smart Grid) inkl. kundenseitiger Flexibilitäten und der europäische Verbund (siehe Nordlink-ähnliche Leitungen) geplant.
3.2 Gaskraftwerke zur Abdeckung von Dunkelflauten
Der Bau der o.g. Gaskraftwerke ist allerdings mit Fragezeichen versehen. Zum einen entsteht durch Verbrennung fossilen Gases CO2, demzufolge sind CCS- oder CCU-Maßnahmen werden auch geplant, sind aber auch dringend notwendig. Zum anderen geht während des kompletten Weges von der Erdgas-Quelle bis zum Strom Methan durch Leckagen verloren. Diese Methanfreisetzung bei der Förderung, dem Transport und der Speicherung hinterlässt ähnlich viel Treibhausgasäquivalente wie Kohle-Kraftwerke.
Es ist außerdem nicht klar, ob diese 10 GW als Reserve ausreichend sind. Nicht ganz überraschend ließ nun die BNetzA erst vor kurzem verlauten, dass einige Kohlekraftwerke daher länger als geplant in der Reserve vorgehalten werden müssen, ein erster Anzeichen dafür, dass die Planung von der Realität eingeholt wird.
3.3 Wasserstoff
Wasserstoff ist für die Entwicklung einer nicht-fossilen Energiewirtschaft ein wichtiger Energieträger, aber keine Energiequelle. Seine stoffliche Nutzung und Weiterverarbeitung ist überall dort erforderlich, wo eine Elektrifizierung nicht möglich oder unpraktisch ist, wie beispielsweise bei Flugzeugen. Der Energieaufwand zur Herstellung grünen Wasserstoffs ist sehr hoch: Für jede kWh Wasserstoff-Energie müssen mindestens 1,2 kWh Strom aufgewendet werden[11]. Blauer Wasserstoff wird aus fossilem Methan durch Pyrolyse gewonnen, ohne CO2 Emission, und mit wesentlich geringerem Aufwand.
Die Weiternutzung bzw. Verarbeitung des Wasserstoffs erfordert wiederum Energie. Die vergleichsweise höchsten Wirkungsgrade mit >95% liegen bei seiner direkten Nutzung als Heizgas. Des Weiteren ist die Chemie des Wasserstoffs und seine weitere Nutzung in Synthesegas seit über 100 Jahren Stand der Technik, beispielsweise zur Herstellung von Chemieprodukten, synthetischen Kraftstoffen, etc. Deren Wirkungsgrade liegen bei 70% bis über 80%, je nach Verfahren[12].
Dagegen muss die Nutzung von Wasserstoff als Speichermedium für Überschussstrom mit anschließender Rückverstromung wegen der im Vergleich zu Stromspeichern deutlich niedrigeren Wirkungsgrade kritischer gesehen werden. Der Wirkungsgrad eines modernen kombinierten Gas-/Dampf-Turbinen-Kraftwerks, in dem also Wasserstoff verbrannt wird, liegt bei max. 60%[13], genauso wie bei modernsten Brennstoffzellen[14].
Deswegen ist der Betrieb der geplanten 10 GW-Gaskraftwerke mit Wasserstoff ebenfalls mit großen Fragezeichen versehen. Probleme sind die benötigten großen Mengen an Wasserstoff (bei geschätzten 3.200 Vollast-Stunden pro Jahr werden 52 TWh/Jahr, also 1,5 Mio. t Wasserstoff pro Jahr benötigt), die dazu erforderliche Elektrolyseleistung (70 TWh/Jahr) sowie die Verfügbarkeit von reinstem Wasser für die Elektrolyse (13,5 Mio. m³). Der gesamte Wirkungsgrad vom Wasser bis zum Strom des Gaskraftwerks liegt bei höchstens 48%, beim Einsatz von Wasseraufbereitungsverfahren wie Umkehrosmose noch niedriger[15]. Der Einsatz dieses Stroms mit entsprechenden Batteriespeichern wäre u.U. günstiger als der „Umweg“ über die Verbrennung in einem Gaskraftwerk, allerdings sind die Kosten der Energie-Großspeicherung per Batterie immer noch enorm.
4. Weitere emissionsarme Energieformen
4.1 Wasserkraft
Die Wasserkraft als Stromquelle wird seit Jahrhunderten genutzt. Sie ist entsprechend der natürlichen Wasservorkommen in Deutschland jedoch auf gegenwärtig 3,5% bzw. 17,5 TWh/a unserer Stromerzeugung begrenzt, und nicht wesentlich ausbaubar[16].
4.2 Biomasse
Die Nutzung von Biomasse ist bereits Stand der Technik. Der Anbau spezieller Pflanzen als Energiequelle ist jedoch aufgrund der verfügbaren Fläche und der Konkurrenz zum Nahrungsmittelanbau begrenzt. Dagegen eröffnet die nachhaltige Nutzung von Pflanzenabfällen und anderen organischen Reststoffen wie Holz und Stroh (siehe z.B. die Umrüstung des konventionellen Kraftwerks Studstrup/DK oder auch die geplante Transformation des Kraftwerks Wilhelmshaven zur Nutzung von Pellets aus anderweitig nicht weiter verwertbaren Holzabfällen) ein breites Anwendungsfeld, ob zur Erzeugung von Biogas, Strom, Wärme oder Nutzung für synthetische Kraftstoffe. Mit ca. 5 TWh hat die Biomasse einen zwar bescheidenen Anteil an der deutschen Stromerzeugung[17], hat aber laut IEA das Potential, bis 50% des gesamten weltweiten Energiebedarfs zu decken[18]. Außerdem ist Biomasse als Rohstoffquelle für die chemische Industrie zu nennen[19] wie auch als Grundstoff für synthetische Kraftstoffe. Es werden derzeit eine Reihe von Pilotanlagen gebaut, wie man z.B. der Zeitschrift „Chemietechnik“ entnehmen kann.[20]
4.3 Geothermie
Ausbaubar ist auch die Geothermie (Oberflächen- und Tiefengeothermie sowie kalte Nahwärme) als emissionsfreie Energie[21]. Sie wird in Deutschland wie auch weltweit erforscht und genutzt[22], muss allerdings nach verschiedenen Oberflächenschäden sorgfältig angewandt werden. Nach Aussagen des Bundesverbands Erdgas, Erdöl und Geoenergie kann Geothermie bis 25% des kompletten Wärmebedarfs in Deutschland decken[23].
4.4 Kernenergie
Kernenergie scheint in Deutschland seit dem Ausstieg 2023 derzeit keine Zukunft mehr zu haben. Es gibt allerdings durchaus Analysen[24], dass bei entsprechender Änderung des Atomgesetzes, dem dafür nötigen politischen Willen und überschaubaren Investitionen es technisch möglich sei, einige noch bestehende KKW zu reaktivieren. Die Kernenergie wird allerdings weltweit weiterhin als CO2-arme Energiequelle von EU-Ländern (F, GB, FIN, HG, CSR, SK, RU, BG) und vielen anderen Staaten, darunter USA, Russland, China, Indien, Pakistan, Brasilien oder die VAE, genutzt[25]. Eine neue Entwicklung, die sog. Small Modular Reactors (SMR),[26] wird von Russland, China, den USA, England und Frankreich verfolgt. Sie setzen auf bekannte modulare Technik, die aus dem Design der Kernreaktoren in U-Booten und Schiffen abgeleitet wird. Zusätzlich wird bei Neuentwicklungen auf Reaktortypen gesetzt, die den Brennstoff weitaus besser als bisher ausnutzen und auch radioaktive Altlasten mitverwerten können[27].
Es war ökonomisch und besonders in Bezug auf die Klimadiskussion nicht hilfreich, Kernkraftwerke abzuschalten, nur um dann neue Gaskraftwerke zu errichten. Eine Hinwendung zum Gas kostet Geld und braucht Zeit, ändert aber wenig an der Klimabilanz und kreiert komplexe Importabhängigkeiten zu extrem hohen Kosten. Hätte man die seit 2019 abgeschalteten Kernreaktoren[28] weiter in Betrieb gehalten, die zusammen eine installierte Leistung von > 9 GW und eine Energiemenge von > 70 TWh pro Jahr lieferten, wäre jede Diskussion um neue Gaskraftwerke zur Absicherung der wetterabhängigen Energieträger überflüssig.
Die Entsorgung und Endlagerung radioaktiver Abfälle inkl. der Kosten bleibt jedoch eine Kernaufgabe[29]. Lösungen dazu werden derzeit konkret in Finnland und der Schweiz umgesetzt.
4.5 Carbon Capture and Storage / Usage – CCS / CCU
Die Weiternutzung fossiler Energiequellen mit CO2-Abscheidung, die sog. „Carbon Capture and Storage“ oder auch „-Usage“ (CCS, CCU) Technologien, sind auch Methoden, die zur Reduktion von atmosphärischem CO2 führen und müssen deshalb hier aufgeführt werden. CCS wird weltweit angewandt, von der EU empfohlen[30] und ist Stand der Technik[31]. Das abgeschiedene CO2 wird als Rohstoff (mit Wasserstoff zur Herstellung von Chemikalien wie Methanol) und neue Projekte wie die Aufzucht von Algen (eine Tonne Bio-Algen benötigt zwei Tonnen CO2[32]) genutzt, oder in Norwegen und Großbritannien unterirdisch gelagert. Technologien zu CCS und CCU könnten sich zu einem Exportschlager „Made in Germany“ entwickeln.
4.6 Methan-Pyrolyse
Eine elegante Methode zur Produktion von Wasserstoff ist die Methan-Pyrolyse[33]. Dabei entsteht neben dem Wasserstoff fester Kohlenstoff, der stofflich verwertet oder leicht endgelagert werden kann. Die BASF betreibt bereits eine Prototyp-Anlage, der Strombedarf für die Pyrolyse beträgt nach BASF Angaben nur 20% des Bedarfs für grünen Wasserstoff, hergestellt durch Elektrolyse von Wasser[34].
4.7 Nutzung von Umgebungswärme zur Wärmegewinnung
Hierunter wird die Nutzung von Abwärme beispielsweise von Kühlwässern, Kläranlagen oder Flüssen verstanden. Durch Einsatz von leistungsstarken Wärmepumpen lässt sich damit ausreichend Wärme für sog. Quartierslösungen gewinnen und damit individuelle kleinere Heizungssysteme ersetzen.
4.8 Erweiterte Nutzung der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK)
Die KWK ist ein gängiges Verfahren, das bereits seit Jahrzehnten zur Abwärmenutzung thermischer Prozesse genutzt wird. Beispiele dafür sind fossile Kraftwerke, Müllverbrennungsanlagen oder jede Art thermischer Prozesse in der Industrie. Eine Ausweitung dieser Abwärmenutzung zur Kopplung industrieller Anlagen mit Fernwärmenetzen ist anzustreben. Es gibt eine Reihe industrieller Prozesse, die Probleme mit sog. Überschuss-Dampf haben, der mittels KWK zur Energieversorgung beitragen kann.
5. Sektorenkopplung, Energiemix, Power-to-X Verfahren
Der „richtige“ Energiemix und die Sektorenkopplung sind sehr komplexe Themen und daher nicht im Detail planbar. Als Beispiel für die Komplexität der Vorhersage des „richtigen“ Energiemix sei der Verkehrssektor angeführt. Ein ganzer Zoo an Energieträgern wird derzeit höchst kontrovers diskutiert: Strom, blauer oder grüner Wasserstoff, Erdgas, eFuels, Methanol, OME, Hydrazin und weitere Energieträger für den Einsatz in Verbrenner- oder E-Motoren mit oder ohne Brennstoffzelle in PKWs, LKWs, Schiffen, Flugzeugen, Bau- und Landwirtschaftsfahrzeugen. Für jede Fahrzeuggruppe könnte ein anderer Energieträger optimal sein. Dazu kommt die Unsicherheit, wie sich diese Energieträger und Antriebsmöglichkeiten technologisch und kostenmäßig zukünftig entwickeln werden. Was heute als gut betrachtet wird, kann morgen schon wieder hinfällig sein, weil sich Parameter ändern.
Die Sektorenkopplung, definiert „als Verbindung der Sektoren Strom, Wärme, Verkehr sowie des nicht-energetischen Verbrauch fossiler Rohstoffe (v. a. Chemie) über Energiespeicher und Energiewandler", erhöht die Komplexität einer zukünftigen Energieversorgung exponentiell. Als Verbindungselemente zwischen den Sektoren gibt es eine Vielzahl von verfügbaren Techniken, deren Zusammenwirken noch zu gestalten ist. Folgende Kopplungselemente, häufig unter dem Überbegriff „Power-to-X“ zusammengefasst, werden derzeit eingesetzt oder getestet[35]:
- Power-to-Chemicals: Einsatz von (Überschuss-) Strom in der Industrie zur gezielten Erzeugung von Grundchemikalien für chemische Produkte.
- Power-to-Gas/Liquids: Darunter verbirgt sich die klassische Elektrolyse, und dazu eventuell die Weiterverarbeitung des gewonnenen Wasserstoffs zu Methan oder weiteren eFuels (siehe auch 4.2 „Biomasse“)
- Power-to-Heat: Einsatz von überschüssigen Strommengen im Wärmemarkt durch die Verwendung von regelbaren Heizelementen in lokalen Wärmespeichern, in Fernwärmesystemen oder die Zuschaltung von Wärmepumpen.
- Power-to-Mobility: Neben dem klassischen Laden eines E-PKW, das theoretisch auch ein Rückspeisen des Batterieinhalts ins Netz ermöglichen würde, gibt es die alternative Nutzung von aus Power-to-Gas/Liquids-Prozessen erzeugtem Methan für CNG und LNG-Mobilität bzw. von Wasserstoff für Brennstoffzellen.
Für die gemeinsame Optimierung der Sektoren gibt es eine Reihe von Lösungselementen:
- Laden von (z.B. Auto-) Batterien in Zeiten des Überschusses von Sonnen- bzw. Windenergie.
- Rückspeisung aus (z. B. Auto-) Batterien zur Überbrückung von Defiziten im Elektrizitätsversorgungssystem.
- Power-to-Gas-Anlagen können nahe den Erzeugungsschwerpunkten erneuerbaren Stroms gebaut werden, der Gastransport kann unter bestimmten Umständen den Bau neuer Stromtrassen reduzieren.
- Durch die Power-to-Liquid-Techniken kann die Energie-Optimierung länderübergreifend erfolgen, da klimaneutrale Treibstoffe preisgünstiger transportiert werden können als grüner Wasserstoff. Diese können in schwer umzustellen Bereichen wie z.B. im Flugverkehr, Schifffahrt, und Schwerlasttransport eingesetzt werden.
- Anlagen zur gekoppelten Erzeugung von Kraft und Wärme (KWK) können mit erneuerbarem Gas betrieben werden, um elektrische Energie zur Deckung von positiver Restlast zu erzeugen und dabei Wärmesenken bzw. Wärmespeicher zu bedienen.
- Mit Batterie- und großen Gas- und/oder Flüssigkeitsspeichern könnten kurz- bzw. langfristige Schwankungen in Stromerzeugung bzw. -verbrauch ausgeglichen werden.
6. Ausreichend dimensionierte Energiespeicher
Die zu jeder Tages- und Nachtzeit verpflichtend zur Verfügung stehende Energiemenge ist mit volatilen Energieträgern wie Wind und Sonne bei fehlenden Energie-Großspeichern nicht zu gewährleisten. Ausreichend dimensionierte Großspeicher sind aber erforderlich, um Tage und Wochen ohne ausreichend Wind und Sonne, insbesondere in der Wintersaison[36],[37],[38], zu überbrücken sowie um ein jederzeit stabiles 50-Hz Wechselstromnetz zu garantieren. Derzeit wird seitens der Bundesregierung ein starker Fokus auf grünen Wasserstoff gelegt[39]. Die Wirkungsgrade dieser Power-to-Gas Speichertechnik sind jedoch unbefriedigend. Bei der Elektrolyse (max. 80%)[40] wie bei Rück-Umwandlung in Strom per Brennstoffzelle (60%)[41] beträgt der Gesamtwirkungsgrad auch im günstigen Fall weniger als 50%.
Die Energiespeicherung muss technologieoffen erfolgen und auch elektrische sowie andere Energiespeicher berücksichtigen[42]. Insbesondere Stromspeicher zeichnen sich durch sehr hohe Wirkungsgrade von bis über 90% aus.[43] Allerdings sind die bisher entwickelten industriellen Stromspeicher für den Ausgleich ganzer regionaler Stromnetze noch zu klein. Die derzeit größten Speicher, beispielsweise auf Basis der Organic SolidFlow Technologie oder Na-NiCl Batterien, haben eine Leistung von einigen 100 MWh bis einigen GWh.[44][45]Zur Stabilisierung eines Stromnetzes wie in Deutschland braucht man aber Stromspeicher im TWh Bereich, also mindestens einen Faktor 1.000 mehr. Hier ist weitere Entwicklungsarbeit, vor allem aber eine staatliche Förderung, erforderlich.
Mit ausreichend dimensionierten Stromspeichern könnten die fluktuierenden Stromeinspeisungen von Wind- und großen Solaranlagen im Zeitraum von Tagen bis Wochen bei ausreichend gutem Wirkungsgrad ausgeglichen werden. Die Dimensionierung von Kraftwerken zum Ausgleich bzw. zur Abdeckung von Dunkelflauten würde dann deutlich kleiner.
7. Bezahlbare und international wettbewerbsfähige Energiepreise
Strom- und Gaspreise in Deutschland zählen weltweit zu den höchsten[46]. Privathaushalte erleiden zunehmend Wohlstandsverluste, und Unternehmen verlieren zunehmend ihre Wettbewerbsfähigkeit auf den Weltmärkten (siehe aktuelle Berichterstattung).
Preisfestlegungen durch dauerhafte Subventionen oder staatliche Deckelung waren weder historisch noch werden sie zukünftig die Lösung sein, da es immer Umgehungsmöglichkeiten geben wird und langfristig die negativen Folgen derartiger Maßnahmen überwiegen[47],[48]. Kurzwirkende, zeitlich befristete Preisdämpfungseingriffe sind hier nicht Gegenstand der Betrachtung.
Der langfristig beste und effizienteste Weg für sinkende Energiepreise in Deutschland ist die wirklich technologieoffene Ausweitung der Energiemengen in einer Kombination aus nationalen Anstrengungen, Nutzung heimischer Ressourcen sowie dem freien, weltweiten Handel mit den verschiedenen Energieträgern, wobei eine breite Diversifizierung zur Minimierung von Abhängigkeiten angestrebt wird.
[1] https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX:22016A1019(01)
[2] https://www.bundesregierung.de/breg-de/schwerpunkte/klimaschutz/faq-energiewende-2067498
[3] https://www.umweltbundesamt.de/daten/umweltindikatoren/indikator-primaerenergieverbrauch (Dez 2022)
[4] https://www.umweltbundesamt.de/daten/energie/energieverbrauch-nach-energietraegern-sektoren#allgemeine-entwicklung-und-einflussfaktoren (Dez 2022)
[5] https://www.umweltbundesamt.de/daten/energie/energieverbrauch-nach-energietraegern-sektoren
[6] https://bennoganser.jimdo.com/donwloads/Energiewende-Technische_Machbarkeit_statt_politischer_Utopie
[7] https://www.spektrum.de/news/kuenstliche-intelligenz-verbraucht-fuer-den-lernprozess-unvorstellbar-viel-energie/1660246
[8] https://www.ingenieur.de/technik/fachbereiche/ittk/wieso-verbrauchen-kryptowaehrungen-so-viel-strom/
[9] https://www.bdew.de/service/publikationen/jahresbericht-energieversorgung/
[10] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/224720/umfrage/wind-volllaststunden-nach-standorten-fuer-wea/
[11] Dr. Philipp Lettenmeier, Siemens AG | Wirkungsgrad –Elektrolyse | White Paper, Januar 2019
[12] https://www.dena.de/fileadmin/dena/Dokumente/Pdf/607/9264_Power_to_X_Technologien.pdf
[13] https://energiemarie.de/umwelt/gaskraftwerk
[14] https://www.studysmarter.de/schule/chemie/physikalische-chemie/wasserstoff-brennstoffzelle/
[15] Eigene Berechnungen, basierend auf thermischem Wirkungsgrad des Gaskraftwerks, Jahresvollaststunden, benötigte Wasserstoffmenge, dazu benötigte Wassermenge, Wirkungsgrad der Elektrolyse
[16] https://www.wasserkraft-deutschland.de/wasserkraft/wasserkraft-in-zahlen.html
[17] https://www.umweltbundesamt.de/themen/klima-energie/erneuerbare-energien/erneuerbare-energien-in-zahlen#ueberblick-beitrag-erneuerbare
[18] https://www.iea.org/energy-system/renewables/bioenergy#tracking
[19] https://www.bmbf.de/bmbf/de/forschung/energiewende-und-nachhaltiges-wirtschaften/biooekonomie/industrielle-biotechnologie/nachwachsende-rohstoffe-in-der-industrie.html
[20] Was steckt hinter nachhaltigen Flugkraftstoffen (SAF)? (chemietechnik.de)
[21] de.wikipedia.org/wiki/Geothermie#Geothermie_weltweit
[22] https://energielenker.de/blog/kommunalentwicklung/kalte-nahwaerme/
[23] https://www.bveg.de/die-branche/tiefe-geothermie-in-deutschland/waermemarkt-deutschland-was-die-geothermie-kuenftig-leisten-kann/
[24] https://www.radiantenergygroup.com/reports/restart-of-germany-reactors-can-it-be-done
[25] de.wikipedia.org/wiki/Kernenergie_nach_Ländern
[26] www.iaea.org/topics/small-modular-reactors
[27] Reactor Safety Research-Project No.: 1501535 ("NuDest"): “Partitionierung radioaktiver Abfallstoffe
durch Rektifikation”; Dominik Böhm et al., TU München; 16.07.2019
[28] https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Kernreaktoren_in_Deutschland
[29]Kernenergie – verantwortliche Anwendung sowie verantwortliche Entsorgung – Dr. Benno Ganser, Mai 2021
[30] https://ec.europa.eu/info/sites/default/files/iogp_-_report_-_ccs_ccu.pdf
[31] https://zeroemissionsplatform.eu/about-ccs-ccu/css-ccu-projects/
[32]https://context.heidelbergcement.com/algenzucht-mit-co2/
[33] Methane Pyrolysis –a potential new process for hydrogen production without CO2emission; Dr. Andreas Bode, Deter Flick; Virtual Presentation 12 – 14.01.2021
[34] https://tvservice.basf.com/portal/basf/de/dt.jsp?setCursor=1_211615_499800
[35] Siehe unter anderem: https://de.wikipedia.org/wiki/Sektorenkopplung
[36] https://www.strom.ch/de/energiewissen/energiespeicher (Dez 2022)
[37] https://www.uni-marburg.de/de/fb15/forschung/populaerwissenschaftliches/2021_sundermeyer_stromspeicher-industrie.pdf (Okt 2021)
[38] https://www.euractiv.de/section/energie-und-umwelt/news/parlament-fordert-eu-konzept-fuer-energiespeicher/ (14.07.2020)
[39] https://www.bmbf.de/bmbf/de/forschung/energiewende-und-nachhaltiges-wirtschaften/nationale-wasserstoffstrategie/nationale-wasserstoffstrategie_node.html
[40] Betriebsdaten Pilot-Elektrolyse-Anlage Mainz-Hechtsheim (PEM)
[41] https://www.sfc.com/glossar/wirkungsgrad-der-brennstoffzelle/
[42] https://www.cmblu.com/de/technologie/
[43] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1302470/umfrage/wirkungsgrad-von-stromspeichern/
[44] https://www.ingenieur.de/technik/fachbereiche/energie/batterie-die-groessten-energiespeicher-der-welt/
[45] https://www.pv-magazine.de/2021/04/26/berlin-bekommt-neue-salz-batteriefabrik-fuer-39-millionen-euro/
[46] https://www.globalpetrolprices.com/ (Dez 2022)
[47] https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/ungarn-chaos-an-tankstellen-regierung-schafft-benzinpreisdeckel-wieder-ab-a-481cb8e6-ca1d-4559-b558-46b3eda97b8a (07.12.2022)
[48] https://taz.de/Energiekrise-und-Oelembargo/!5900012/ (04.12.2022)