Antragsbuch für den 75. Ordentlichen Bundesparteitag

BFA Gesundheit

Qualifizierte Ersteinschätzungen zur Verbesserung und Steuerung  der Notfallversorgung von Patientinnen und Patienten

Qualifizierte Ersteinschätzungen zur Verbesserung und Steuerung  der Notfallversorgung von Patientinnen und Patienten

Wir Freie Demokraten fordern für die Verbesserung der Notfallversorgung die flächendeckende Einführung einer barrierefreien und qualifizierten Ersteinschätzung von Patientinnen und Patienten.

In diesem Zusammenhang fordern wir:

  1. 1. Die Einrichtung einer qualifizierten Ersteinschätzung bereits vor Aufsuchen einer Notaufnahme über das Telefon (-116/-117) oder mithilfe innovativer telemedizinischer Systeme.

  2. 2. Entsprechend dem Ergebnis der Ersteinschätzung die Vorstellung der Patientinnen und Patienten in einer Notaufnahme eines Krankenhauses, einer Notfallpraxis der kassenärztlichen Vereinigungen oder bei den Hausärztinnen und Hausärzten. Diese alternativen Angebote sind vorzuhalten.

  3. 3. Die 113 als bundesweite, einheitliche und niedrigschwellige Telefonnummer für die psychische Krise und bei suizidalen Absichten.

  4. 4. Die Vermittlung von speziellen Anlaufstellen für pflegerische und psychologische Notfälle über die qualifizierte Ersteinschätzung.

  5. 5. Die digitale Übermittlung des Ergebnisses der Ersteinschätzung an die Patientinnen und Patienten.

  6. 6. Die flächendeckende und barrierefreie Einführung einer qualifizierten Ersteinschätzung auch im Rettungsdienst, um hier die Ressourcen zum Transport von schwer und akut erkrankten Patientinnen und Patienten sicherzustellen.

  7. 7. Die Bewerbung des Systems der qualifizierten Ersteinschätzung durch entsprechende Bundesinstitute.


Begründung:

Im Jahr 2019 wurden in den Notaufnahmen der Krankenhäuser und in den Notfallpraxen der kassenärztlichen Vereinigungen 27,8 Millionen Notfallpatientinnen und -patienten behandelt. (Fußnote 1)

Während die Anzahl der Hilfesuchenden im Bereich der Notfallpraxen abgenommen hat, nahm die Anzahl der im Krankenhaus behandelten Notfälle zwischen 2009 und 2019 um 28% auf 19,1 Millionen zu1. Dabei wird von den Krankenhäusern zunehmend eine Fehlinanspruchnahme der Notaufnahmen beklagt2. Diese sei auf mangelnde Kenntnis des deutschen Gesundheitssystems, zunehmenden Anspruchs einer Versorgung zu Tag und Nacht oder aufgrund zu langer Wartezeiten im ambulanten Bereich zurückzuführen. (Fußnote 2)

Es existieren bereits international bewährte Leitsysteme unter Verwendung von standardisierten Algorithmen, mit deren Hilfe Patientinnen und Patienten nach Dringlichkeit des Behandlungs- und Versorgungsbedarfs eingeordnet werden können. Diese Leitsysteme sollten bereits vor Aufsuchen einer Klinik eingesetzt werden, um die personellen Ressourcen der Notaufnahme zu schonen und um die Patientinnen und Patienten zu einem verantwortungs- und rücksichtsvolleren Umgang mit dem lebensrettenden Angebot einer Notfallaufnahme zu bewegen. Dies schützt die in einer Notaufnahme arbeitenden Menschen vor Überlastung und sichert den Menschen, die in lebensbedrohlichen Situationen dort ankommen, auch die notwendige Hilfe und Konzentration. 

Fußnote 1: Vierte Stellungnahme und Empfehlung der Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung, Reform der Notfall- und Akutversorgung in Deutschland, Integrierte Notfallzentren und Integrierte Leitstellen. BMG 2023

Fußnote 2: Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen. Gutachten 2018. Bedarfsgerechte Steuerung der Gesundheitsversorgung. Seite 548f. MWV Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft 2018

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