BFA Klima und Energie
Klimaresilienz stärken
Klimaresilienz stärken
Bereits im Jahr 2023 lag die globale Temperatur im Durchschnitt 1,5 Grad über dem Mittel der vorindustriellen Zeit. Das weitere Bevölkerungswachstum und der zunehmende Einsatz fossiler Brennstoffe in aufstrebenden Ländern verursachen einen andauernden Anstieg der klimaschädlichen Gase wie CO2. Alle bisherigen Vereinbarungen und Planungen im Rahmen des Pariser Klimaabkommens zur Begrenzung der Erderwärmung werden voraussichtlich nicht ausreichen, um diese Erwärmung deutlich unter 2 Grad zu halten. Der Klimawandel findet statt und ist für sehr lange Zeit nicht umkehrbar. Die Auswirkungen sind in Deutschland wie in vielen anderen Ländern deutlich spürbar: Dazu zählen die Erhöhung der Durchschnittstemperaturen in den Meeren und auf dem Land, das teilweise Abschmelzen des Inlandeises mit Anhebung des Meeresspiegels und Auswirkungen auf das Wassermanagement ganzer Regionen, die Veränderung der Artengemeinschaften in Flora und Fauna, die Beeinträchtigung landwirtschaftlicher Produktionen und die Belastung der Lebensbedingungen für Menschen durch Extremwetter, Hitze und Wassermangel.
Wir Freie Demokraten wollen alle Betroffenen und Verantwortlichen – Bürger, Unternehmen, Verbände und staatliche Stellen – durch eigenverantwortliche Maßnahmen, geeignete Anreize und das Setzen von Rahmenbedingungen mobilisieren, die notwendigen Anpassungen an den Klimawandel vorzunehmen, um unsere Lebensbedingungen, die wirtschaftlichen Voraussetzungen und die Natur soweit möglich zu erhalten.
Besondere Priorität wollen wir dabei auf die folgenden Handlungsfelder legen:
Auswirkungen des Klimawandels verstehen, Informationssysteme aufsetzen und Bürger mobilisieren.
Als Basis für die Entwicklung und Fortschreibung von Maßnahmen soll mithilfe der etablierten oder zu erweiternden Forschungsinstitute mit Fokus auf die genannten Handlungsfelder eine Analyse der vom Klimawandel ausgehenden Risiken mit Identifikation der prioritären Maßnahmenpakete nach Dringlichkeit und Ausmaß der möglichen Schäden für die Lebensgrundlagen der Menschen in Deutschland erfolgen. Diese Analyse soll den Veränderungen und den Gegebenheiten unterschiedlicher Regionen Rechnung tragen, wie zum Beispiel Voralpen bzw. Küsten. Die Ergebnisse werden für bestimmte Gefahren in Karten dargestellt und sollen für jeden Bürger und jede Institution verfügbar sein (Open Data). Bisherige Plattformen sollen wirksam ergänzt und erweitert werden (zum Beispiel DWD Naturgefahrenportal) und den Bürgern zugänglich gemacht werden. Redundante öffentliche Strukturen sind zu vermeiden. Öffentlich erhobene Geodaten sind den Bürgerinnen und Bürgern entgeltfrei online zur Verfügung zu stellen, damit sie zum Treffen eigenverantwortlicher Entscheidungen befähigt sind (zum Beispiel für den Immobilienerwerb).
Die zunehmenden Wetterextreme haben uns gezeigt, dass wir wirksame Frühwarnsysteme brauchen, die alle Bürger rechtzeitig erreichen und zwar mit Warnungen vor und Verhaltensmaßregeln für regional und zeitlich spezifizierte Schadensereignisse und Katastrophen wie Hitzewellen, Sturmfluten, Überschwemmungen, Hagel, Stürme. Dazu muss die Vorhersagegenauigkeit weiter verbessert werden, die Abläufe zur Ausgabe von Warnungen zuverlässig organisiert werden und ein Mix von Warnwegen und -mitteln bereitstehen, welcher die Verbreitung an alle betroffenen Menschen sicherstellt.
Gesundheit der Bürger schützen
Der Klimawandel bedingt Wetterextreme mit Hitze und erhöhter Sonneneinstrahlung. Als Folge ist bereits heute festzustellen, dass die Anzahl von Erkrankungen und Todesfällen durch diese Gefahren ansteigt. Wir wollen erreichen, dass die Lebensqualität sich dadurch nicht verschlechtert und Gefahren abgewendet werden. Der eigenverantwortliche Schutz der Menschen ist durch Aufklärungskampagnen zu fördern. Besonders in Städten sind geeignete Maßnahmen der Kommunen für eine Begrenzung der entstehenden Wärme durchzuführen. Dazu gehören u.a. Windschneisen, Beschattung durch Begrünung, Erhöhung der Rückstrahlung sowie niederschwellige Verfahren oder Technologien für den breiten Einsatz energiearmer Kühlung von Arbeits- und Wohnbereichen. Eine angepasste Raumplanung sowie entsprechende ortsangemessene, maßvolle Bauvorschriften und Anreize für vorzugsweise passiven Wärme- und Kälteschutz sollen diese Entwicklung beschleunigen.
Einrichtungen, in denen besonders vulnerable Gruppen konzentriert beisammen sind, müssen bzgl. deren Wärme- und Kälteschutz überprüft und angepasst werden.
Auch für Gesundheitsgefahren, wie den künftig möglichen Anstieg vektorübertragener Infektionen und von Allergien, müssen medizinische Vorsorge und geeignete Maßnahmen zum öffentlichen Gesundheitsschutz getroffen werden.
Anpassung und Ertüchtigung der Infrastruktur
Mit dem Klimawandel treten vermehrt Wetterextreme und damit Wassermangel, Überflutungen sowie längere Hitzeperioden auf. Der Meerwasserspiegel steigt und in den Bergregionen fehlt es an Schmelzwasser. Das wird eine Verstärkung und Erhöhung der Deiche an gefährdeten Flussläufen und an der Nord- und Ostsee erfordern. In gefährdeten Tälern braucht es Hochwasserschutz. Wasserstraßen müssen auf Wassermangel vorbereitet werden (zum Beispiel durch Fahrrinnenvertiefung oder Staustufen), um die Verkehrsfähigkeit zu erhalten. Es gilt, die Hitzeresistenz von Straßen- und Schienennetz sicherzustellen. Für Menschen, Natur und Landwirtschaft müssen Kapazitäten für ein umfassendes Wassermanagement (Regenwasser, Wasserver- und -entsorgung) geschaffen werden. Auch bei der Energieversorgung (Wasserkraftwerke, Kühlwasser) ist entsprechende Vorsorge zu treffen. Eine breite Palette von Akteuren bedarf hier einer koordinierten Mobilisierung, Abstimmung und auch eines Monitorings, um diese Ziele rechtzeitig sicher zu erreichen – die Zuständigkeiten reichen von staatlichen Stellen über Verbände, Unternehmen, Landwirte und Bürger. Diese Maßnahmen bedürfen eines langen Vorlaufs für Planung und Koordination für die Bauphasen sowie für die notwendige Bereitstellung finanzieller Mittel.
Resilienz in der Landwirtschaft, Erhaltung der Wälder und der Biodiversität
Die Landwirtschaft wird sich durch den Klimawandel auf eine längere Vegetationsperiode, häufigeres Extremwetter mit Dürre, Hitze und Überschwemmungen einstellen müssen. Das wird den Einsatz angepasster Nutzpflanzenarten erfordern. Zudem bedarf es ressourcenschonender Bewässerungstechniken und vorausschauender Wasserbewirtschaftung in Abstimmung mit anderen Verbrauchern und den Wasserverbänden. Wir wollen, dass die Zulassungsbeschränkungen für die erforderlichen modernen Züchtungstechnologien (zum Beispiel CRISPR) aufgehoben werden, damit erforderliche Anpassungen der Nutzpflanzen schnell und wirksam entwickelt werden können.
Der Wald ist essenziell für die CO2-Bindung, Sauerstoffproduktion, Verminderung der Bodenaufheizung (Beschattung, Verdunstung), Biodiversität und für die Forstwirtschaft. Zur Stärkung des Waldes bedarf es jetzt eines nachhaltigen Waldumbaus (ggf. auch der Wiederaufforstung) mit klimaangepassten Baumarten aufgrund der Erfahrungen aus anderen Klimazonen und der wirksamen Bekämpfung von Schadinsekten. Wir wollen die privaten und staatlichen Forstbesitzer durch Informationen (auch Monitoring) sowie Unterstützung durch Forschung und Förderprogramme bewegen, diesen Wandel effektiv und nachhaltig herbeizuführen.
Der Klimawandel bewirkt eine Änderung der Lebensbedingungen für Flora und Fauna, die zu einer Veränderung der Zusammensetzung von Artengemeinschaften und Biotopen führt und die Verbreitungsgebiete von Arten verlagert. Neue, teilweise auch invasive Arten wandern ein, darunter auch solche, die zusätzliche Gefahren für Menschen, Tiere und Pflanzen darstellen können. Eine prioritäre Aufgabe ist daher ein Monitoring der Veränderung von Biotopen, der Artenzusammensetzung und der Artenvielfalt. Mittelfristig müssen die Habitate von gefährdeten Arten geschützt und ausgebaut werden. Wir wollen durch eine an diese Erfordernisse angepassten Regional- und Flächennutzungsplanung, Renaturierung und Einbindung von Grundbesitzern durch Information und Anreize den Reichtum an Biodiversität erhalten und wieder ausbauen
Mobilisierung der verantwortlichen Akteure
Eine transparente Politik, die die Bürger einbezieht, ihre Sorgen und Ängste ernst nimmt, schafft Vertrauen und fördert die Bereitschaft, gemeinsam vernünftige Lösungen und zielgerichtete Anpassungsstrategien zu entwickeln.
Zur Aktivierung im Sinne der Klimaresilienz wollen wir die verantwortlichen Akteure in jedem wichtigen Handlungsfeld identifizieren, informieren und einbinden. Die Verantwortlichkeiten müssen den verschiedenen Ebenen der staatlichen Verwaltung klar zugewiesen und dort die entsprechenden Strukturen für Zielfestlegungen und Monitoring geschaffen werden. Wir wollen, dass die dafür nötigen Haushaltsmittel zuverlässig bereitgestellt werden.
In vielen Bereichen können auch die üblichen privaten und öffentlichen wirtschaftlichen Akteure und Verantwortlichen unter den geeigneten Rahmenbedingungen eigenverantwortlich für eine erhöhte Resilienz gegenüber den Änderungen durch den Klimawandel sorgen.
Wir wollen die erforderlichen Rahmenbedingungen und gesetzlichen Vorschriften für eine schnelle und wirksame Anpassung schaffen, zum Beispiel durch Zulassung gentechnisch veränderter klimaangepasster Pflanzen, unterstützende Regional-, Flächennutzungs- und Bauplanung, Baurecht, Wasserrecht, sowie eine Anpassung des Natur- und Artenschutzes.
Zur gezielten Information der Beteiligten und Betroffenen sollen zudem breite Informations- und Aufklärungsmaßnahmen starten, welche die Bürgerinnen und Bürger anregen, mit ihrem Verhalten eigenverantwortlich zur Klimaresilienz beizutragen. Dazu gehört das Verhalten bei Wärme und erhöhter Sonneneinstrahlung, der Schutz der eigenen Gesundheit, der Verbrauch von Ressourcen – zum Beispiel Wasser, Ressourcen aus der Natur (Holz) – eine niederschwellige Information über Warnsysteme und auch für eigene bauliche Maßnahmen (Haus, Garten).
Politische Maßnahmen wie Steuervergünstigungen, punktuelle Förderungen und unbürokratische, schlanke Verfahren können Anreize schaffen für ein umweltfreundliches, klimaangepasstes Handeln der Bürger und könnten letztlich den Übergang zu einer klimaresilienten Gesellschaft beschleunigen.
Forschung zur Klimaresilienz ausbauen und Ziele, Maßnahmen, Technologien weiter entwickeln
Es gibt bereits etliche Forschungseinrichtungen in Deutschland, welche sich Teilgebiete der Klimaresilienz zur weiteren Erkenntnisgewinnung oder zur Findung neuer Lösungen für Problemfelder vorgenommen haben. Allerdings sind auch wichtige Handlungsfelder nicht vollständig oder ausreichend mit F&E-Ansätzen adressiert: dazu gehört unter anderem die Erforschung und Entwicklung angepasster Pflanzenarten, der Erhalt der Biodiversität, medizinischer Fortschritt, Städtebau und genauere Vorhersagemodelle für Wetterextreme sowie die Kartierung von Risikogebieten. Auch mögliche Herausforderungen für den Fortbestand von Siedlungen und Industrie in Küsten- und Flussgebieten sollen weiter erforscht werden.
Wir wollen, dass eine Abdeckung der prioritären Handlungsfelder durch Forschung, Entwicklung und Innovation in Hochschulen, Forschungsinstituten und privaten Einrichtungen erreicht wird. Dazu gehört auch eine enge internationale Zusammenarbeit bzw. ein Austausch von Ergebnissen und Erkenntnissen in relevanten Forschungsfeldern. Den Innovationsprozess wollen wir mit geeigneter Förderung unterstützen.
Wir wollen, dass die Strategie der Stärkung der Klimaresilienz weiterentwickelt wird und regelmäßig in eine Aktualisierung der Umsetzungsplanung in jeder Legislaturperiode einfließt.
Begründung:
Erfolgt mündlich.