Antragsbuch für den 74. Ordentlichen Bundesparteitag

BV Oberbayern

Recycling ist ein Freiheitskreislauf

Recycling ist ein Freiheitskreislauf

Deutschland und Europa sind von Rohstoffimporten abhängig – und das nicht nur bei Energieträgern. Umso wichtiger ist es, dass wir möglichst effizient mit diesen knappen Rohstoffen umgehen. Daher bekennen wir Freie Demokraten uns zur Abfallhierarchie, wie sie im Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) niedergeschrieben ist. Denn der beste Abfall ist der, der gar nicht entsteht oder der vermieden werden kann, indem man ihn wiederverwendet (zum Beispiel Mehrwegsysteme).

Gerade im Recycling sehen wir aber noch große Optimierungspotentiale. Die Realisierung dieser Potentiale können dabei helfen Deutschland und Europa unabhängiger und freier von Rohstoffimporten zu machen. Eine funktionierende Kreislaufwirtschaft; ein effizientes und effektives Recycling ist daher für uns ein Freiheitskreislauf.

Recycling fängt beim Produkt-Design an

Bereits beim Design von Produkten und Kunststoffverpackungen muss – ganz nach dem Gedanken des Verursacherprinzips – mitgedacht werden, wie und ob das Produkt wiederverwendet werden oder recycelt werden kann. Gerade Einweg-Kunststoffverpackungen müssen so designt sein, dass sie nach Möglichkeit vollständig recycelt werden können. Damit Recycling möglich ist, müssen Verpackungen aus wenigen Materialien oder optimal nur aus einem Material bestehen. Konkret heißt das beispielsweise, Verbundfolien in Verpackungen zu reduzieren.

Grundsätzlich sprechen wir Freie Demokraten uns für eine Konzentration auf wenige recyclingfähige Kunststoffe bei Leichtverpackungen aus. Wenn mehr als ein Kunststoff verwendet wird, soll das verwertbare Hauptmaterial 90 Prozent des Gesamtgewichts der Verpackung ausmachen.

Nicht oder schwer recycelfähige Verpackungen müssen zu höheren Lizenzgebühren bei den Dualen Systemen führen. Dies ist unserer Ansicht nach noch nicht ausreichend der Fall. Damit gäbe es aber einen finanziellen Anreiz, recyclingfähigere Verpackungen auf den Markt zu bringen.

Ab 2030 sollen Verpackungen, die weder wiederverwendet noch recycelt werden können, verboten oder höher bepreist werden. Chemisches Recycling muss gestärkt und durch den Gesetzgeber gezielt ermöglicht werden.

Nur was gesammelt wird, kann auch recycelt werden

Nach heutiger Rechtslage können die Kommunen selbst entscheiden, wie bei ihnen die Sammlung von Leichtverpackungen organisiert wird. In vielen Städten hat sich dabei ein Gelber Sack oder eine Gelbe Tonne durchgesetzt – leider jedoch nicht überall. Dabei zeigen Auswertungen des Bundesumweltamtes deutlich: Ein Holsystem ist besser als ein Bringsystem, wenn es um eine getrennte Sammlung geht.

Heute gilt aber noch: Nur was getrennt gesammelt wird, kann überhaupt recycelt werden und wird nicht thermisch verwertet (verbrannt).

Daher fordern wir ein Wertstoffgesetz, anstelle des jetzigen Verpackungsgesetzes, das die bundesweit einheitliche haushaltsnahe Erfassung von Wertstoffabfällen regelt. Idealerweise werden Wertstoffe (Kunststoffe und Leichtmetalle) in einer Wertstofftonne gesammelt, unabhängig davon, ob es sich um Verpackungsmüll oder stoffgleiche Nichtverpackungen handelt. Ein Ausgleich zwischen den Dualen Systemen und kommunalen Abfallunternehmen kann durch eine Gebietsaufteilung erfolgen.

Sollte in Zukunft durch moderne Sortieranlagen eine Mülltrennung in den Haushalten nicht mehr oder nicht mehr in der Weise wie heute noch notwendig sein, sollte diese auch nicht mehr verpflichtend sein, um so die Müllentsorgung so bürgerfreundlich wie möglich zu gestalten.

Recycling braucht einen Rezyklat-Markt

Damit Recycling sich auch marktwirtschaftlich noch besser durchsetzt, muss das „Endprodukt“ des Recyclings, recycelte Kunststoffe (Rezyklate), am Markt im Vergleich zu neuen Kunststoffen gleiche Wettbewerbsbedingungen vorfinden.

Daher fordern wir für Rezyklate, zum Beispiel von Leichtverpackungen für Lebensmittel, einheitliche Qualitätsstandards, damit diese einfacher wiederverwendet werden können. Rezyklate sollen für alle Arten von Verpackungen (so auch Lebensmittelverpackungen) verwendet werden dürfen, wenn sie die entsprechenden Standards einhalten.

Heute in die Forschung für morgen investieren

Carbonfaserverstärkte Kunststoffe (CFK) und glasfaserverstärkte Kunststoffe (GFK) werden aufgrund ihrer Leichtigkeit bei gleichzeitiger Stabilität immer häufiger verwendet und gewinnen somit an Bedeutung. Diese Stoffe lassen sich allerdings nur schwer recyceln.

Auch Müllverbrennungsanlagen nehmen sie zum Teil nicht an. Daher müssen diese Abfälle zum Teil immer noch deponiert werden. Hier muss mehr in die Materialforschung investiert werden, um dieses drohende Müllproblem der Zukunft bereits heute zu lösen und auch hier ein besseres Recycling zu ermöglichen.

Klimaschutz beim Bauen

Ca. 30 Prozent der Primärrohstoffe werden für die Baubranche verwendet. Und diese ist auch für 25 Prozent der Abfallströme weltweit verantwortlich. Gleichzeitig werden Baustoffe immer teurer, sodass sich das Baustoffrecycling wirtschaftlich lohnt. Die Einsparungen, Geschäftsmöglichkeiten und betrieblichen Verbesserungen, die sich durch die Anwendung der Prinzipien der Kreislaufwirtschaft bis 2030 ergeben, summieren sich allein in Europa auf ein Ertragspotenzial von umgerechnet 1,8 Billionen Euro jährlich.

Wir fordern daher die Abschaffung von rechtlichen Hürden, beispielsweise bei der Verwendung von Recycling-Beton. Auch die öffentliche Hand als Auftraggeber muss ihrer Vorbildfunktion gerecht werden. Als Vorbild kann die Schweiz dienen: In Zürich werden Aufträge nur vergeben, wenn RC-Beton verwendet wird. Ebenfalls müssen Pilotprojekte in diesem Bereich in Zukunft unterstützt und gefördert werden.

In der Bau(planungs)branche wird immer mehr mit Building Information Modeling (BIM) gearbeitet. Damit das volle Potential von BIM-Prozessen zum Tragen kommen kann, müssen sich sowohl die verwaltungsrechtlichen Anforderungen an Bauanträge wie auch die technische Ausstattung von Baubehörden an diesen digitalen Prozess angepasst werden.

Ein tatsächliches Problem beim Recycling von Gebäuden ist bisher, dass man nicht (mehr) weiß, welche Rohstoffe im Bau überhaupt stecken. Hierbei können nun aber die Ergebnisse von BIM-Prozessen, so zum Beispiel ein digitaler Zwilling der Gebäude, Abhilfe schaffen. Wichtig dabei ist ein vollständiges Verzeichnis der verwendeten Materialien.

Aufgrund der langen geplanten Lebensdauer von Gebäuden gibt es dabei in der Praxis noch Probleme, so zum Beispiel beim standardisierten programm- und versionsunabhängigen Auslesen der Daten. Ebenso ist die dauerhafte Aktualisierung des digitalen Zwillings mit Kosten verbunden. Dennoch ist dies der Weg für eine Kreislaufwirtschaft in der Baubranche.

Wir fordern daher, dass die verbleibenden rechtlichen Hürden abgebaut werden und Projekte wie buildingSMART, die für eine Standardisierung in den BIM Prozessen sorgen, unterstützt werden.

Wettbewerbsnachteile bei der Entsorgung ausgleichen

Wir müssen auf dem Entsorgungsmarkt für echte Marktwirtschaft sorgen. Bis jetzt haben dort private Unternehmen kommunal getragenen Abfallunternehmen gegenüber steuerliche Nachteile. Diese werden damit begründet, dass die kommunalen Abfallunternehmen für die Daseinsvorsorge zuständig sind und demnach steuerlich begünstigt werden müssen. Das hat allerdings zur Folge, dass die kommunalen Abfallunternehmen auch über den Bereich der eigentlichen Daseinsvorsorge hinaus einen Wettbewerbsvorteil haben. Dies wollen wir ändern.

Internationale Zusammenarbeit verstärken

Wir fordern ein globales Plastik-Abkommen, damit endlich einheitliche Recycling-Standards geschaffen werden. In der EU soll der Müllexport in Staaten mit schlechteren Recycling-Standards verboten werden. Zudem fordern wir eine Anpassung des Marpol-Abkommens, damit illegale Müllentsorgungen auf den Weltmeeren besser geahndet und deutlich stärker bestraft werden kann.

Begründung

Erfolgt mündlich.

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